§ 87. Die Aufhebung (Ende) des Familienfideikommisses. 335
angeordnet ist, ausgestorben sind. Ist nur der Mannesstamm
berufen, mit dem Aussterben dieses, ist auch die weibliche Deszendenz
subsidiär berücksichtigt, mit dem Aussterben dieser. In jedem der beiden
Fälle, wird das Fideikommiß, soweit der Stifter nicht für diesen Fall
Anordnung getroffen hat, wozu er berechtigt ist (88 142, 62, 28,
189 f. II 4 AL#), #) freies Allod, über das der letzte Besitzer sowohl
unter Lebenden, als von Todes wegen frei verfügen darf (88 139,
148, 198 II 4 ALR.). Das Fideikommiß geht unter durch Unter-
gang des Objekts, bei Geldfideikommiß durch völligen Verlust des
Kapitals, bei Gutsfideikommiß bei Versteigerung auf Grund einge-
leiteter Zwangsversteigerung (§ 110 II 4 AL), ferner infolge Ent-
eignung des ganzen Grundstücks (§§ 1, 17, 45, 47 des Enteignungs-
gesetzes). Die sich bei der notwendigen Versteigerung ergebende Kaufgelder-
restsumme und die im Falle der Enteignung zu zahlende Entschädigungs-
summe erfordert gemäß § 15 Ziff. 5 des Gesetzes vom 15. Februar
1840 einen Familienschluß unter Zuziehung zweier Anwärter, ob und
wie der etwaige Kaufgelderrest bezw. die Entschädigungssumme als
Fideikommißfonds zu konstituieren oder anderweit zu verwenden ist.
Durch Familienschluß kann das Fideikommiß jederzeit aufge-
hoben werden (§ 1 des preuß. Ges. vom 15. Februar 1840). Der
Familienschluß ist durch den Fideikommißrichter aufzunehmen und be-
darf seiner Bestätigung (§ 46 II 4 ALR. und § 2 des Ges. vom
15. Februar 1840), wobei, wie bei jedem Familienschluß, zu prüfen
ist das gesetzmäßige Zustandekommen (Zuziehung und Zustimmung sämt-
licher stimmberechtigter Familienmitglieder) und die materiellrechtliche
Zulässigkeit. Nach Aufhebung des Familienfideikommisses hat der
Fideikommißrichter dafür zu sorgen, daß die Fideikommißeigenschaft im
Grundbuch gelöscht wird (Art. 18 preuß. AG. z. GB0O.).
Der im preußischen ALR. vorgesehene Fall des Verlustes der Fidei-
kommißeigenschaft durch Ersitzung ist dadurch obsolet geworden, daß die
Fideikommißeigenschaft jetzt eingetragen sein muß, und daher weder
von einer ordentlichen noch außerordentlichen Ersitzung gesprochen werden
kann, da eine bona fides des Ersitzenden ausgeschlossen ist.
Dritter Titel.
8 88. Interefsenvertretung der Landwirtschaft.
Zum Zwecke der korporativen Organisation des landwirtschaftlichen
Berufsstandes können durch königliche Verordnung nach Anhörung des
Provinziallandtages Landwirtschaftskammern errichtet werden.
Sie erstrecken sich in der Regel über das Gebiet einer Provinz und
sind berufen, die Gesamtinteressen der Land= und Forstwirtschaft ihres
Bezirks wahrzunehmen. Die Landwirtschaftskammer hat die rechtliche
Stellung einer Korporation und setzt sich zusammen aus selbständigen
Landwirten, welche durch die Kreistage auf 6 Jahre gewählt werden.
1) Auch Anordnungen anderer Art kann der Stifter für diesen Fall treffen,
3. B. daß das Fideikommiß als Allod zu einem Wertsanschlag bestimmten Personen
zufallen soll (Bolze 14 Nr. 526).