Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

g 80. Pfanbbriefanstalten. 337 
punkt mehr auf die Mastviehaufzucht), und diesen vielfach die nötigen 
Vorbedingungen für die Einrichtung zur Aufzucht fehlen, so sollen die 
Landwirtschaftskammern in stärkerem Maße, wie bisher, helfend ein- 
greifen und dahin wirken, daß in größerem Umfange für den Klein- 
besitz Genossenschaftsweiden geschaffen werden. Hierdurch würde 
es möglich sein, die Aufzucht zu verbessern und stark zu vermehren. 
Um ferner der Landflucht und der Leutenot auf dem Lande zu steuern, 
hat die preußische Staatsregierung die Bildung von Genossenschaften, 
um die Ansiedlung von Arbeitern auf kleinen Stellen auf dem Lande 
zu ermöglichen, in Anregung gebracht. Eine Handhabe hierzu biete 
die von der Generalkommission erklärte Entscheidung, daß die Be- 
leihung einer Ansiedlung bis zu / des vollen Wertes seitens der 
Rentenbank zulässig sei. Auch zur Verwirklichung dieses Gedankens 
find die Landwirtschaftskammern von der Regierung ersucht worden. 
  
Vierter Titel. 
Besondere Fürsorgetätigkeit des Staates. 
8 89. Pfanbdbriefanstalten. 
Mit der Befreiung des ländlichen Grundbesitzes von den ihm an- 
haftenden Beschränkungen datiert eine neue Epoche der Landwirtschaft. 
Der Selbsttätigkeit und Tüchtigkeit des einzelnen Landwirts war freier 
und weiter Spielraum gegeben. Zur erfolgreichen Wirksamkeit dieser 
ungehinderten Selbsttätigkeit bedurfte es jedoch der Beschaffung des 
für Meliorationen der Landwirtschaft nötigen Kapitals. Zur Be- 
schaffung dessen bezw. des damit verbundenen Kredits wurden private, 
wie öffentlichrechtliche Verbände der vereinigten Grundbesitzer eines 
größeren Bezirks ins Leben gerufen. Auch staatliche Hilfe wurde ge- 
währt, letztere in Gestalt der bereits erwähnten Rentenbanken, welche 946 
besonders in Hannover und Hessen-Nassau zu wahren landwirtschaftlichen 
Kreditanstalten entwickelten. Große Bedeutung haben die von den 
Verbänden der Grundbesitzer (Ritterschaften, Landschaften) errichteten 
Pfandbriefanstalten erlangt. Fast in allen Provinzen Preußens 
schlossen sich die größeren Grundbesitzer zu einem Verbande zusammen, 
um nach Maßgabe der statutarischen Bedingungen den dem Verbande 
angehörenden Grundbesitzern bis zu einer bestimmten Wertgrenze ihres 
Grundbesitzes Kredite durch Gewährung von Darlehen zu eröffnen. Die 
Tilgung der an sich unkündbaren Darlehen geschieht allmählich. Die 
Mittel werden durch Ausgabe verzinslicher, auf den Inhaber lautender 
Pfandbriefe beschafft, für welche der Verband (die Landschaft usw.) 
gemeinsame Bürgschaft übernimmt. Infolge dieser weitgehenden Unter- 
lagen, welche der Verband als solcher den Pfandbriefinhabern gewährt, 
ist er in der Lage, seinen Darlehnsschuldnern sehr günstige Zins- und Ab- 
zahlungsbedingungen zu setzen. Die Verwaltung der Darlehnskasse 
wird unter Aufsicht eines Königlichen Kurators durch die von den Mit- 
gliedern des Verbandes gewählte Direktion geführt. Auf Grund des 
Gesetzes, betr. die Zwangsvollstreckung aus Forderungen landschaft- 
Altuenn, Handöuch der. Verfaffutng II. 22
	        
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