Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

§ 94. Gesetz betreffend Schutzwaldungen und Waldgenossenschaften. 349 
erachtet werden sollen. Hat sich die erforderliche Mehrheit für den 
Antrag erklärt, so hat der Kommissar das Statut zu entwerfen, die 
den Servitutberechtigten für die erforderliche Einschränkung ihrer 
Berechtigungen etwa zu gewährenden Entschädigungen gutachtlich fest- 
zustellen und diese Feststellung sowie den Statutenentwurf durch Offen- 
legung oder durch Zufertigung zur Kenntnis der Beteiligten zu bringen. 
Letztere werden hierauf von dem Kommissar zur neuerlichen Verhand- 
lung unter der Verwarnung vorgeladen, daß die Nichterscheinenden. 
als dem entworfenen Statute zustimmend erachtet werden würden. 
Hatte sich in dem ersten Termine die Mehrheit der Beteiligten gegen 
den Antrag erklärt, so wird derselbe von dem Waldschutzgerichte durch- 
Bescheid zurückgewiesen. Dasselbe gilt, wenn in dem zweiten Termine 
der Statutenentwurf nicht die erforderliche Mehrheit gefunden hat. Im. 
anderen Falle hat das Waldschutzgericht auf Grund der von dem 
Kommissar eingereichten Verhandlungen durch Endurteil zu entscheiden, 
ob ein Bedürfnis zur Vereinigung der beteiligten Eigentümer zu 
einer Waldgenossenschaft vorhanden ist, ob das Statut die Zustimmung 
der gesetzlich erforderlichen Mehrheit gefunden hat, sowie ob dasselbe 
den gesetzlichen Vorschriften entspricht und ein öffentliches Interesse 
nicht verletzt. Zugleich entscheidet das Waldschutzgericht über die 
Widersprüche gegen die vorgeschlagenen Beschränkungen der Servitut- 
berechtigten, bezw. über die Höhe der zu gewährenden Entschädigungen. 
Die Berufung geht an den Bezirksausschuß, bezw. die Deputation. 
für das Heimatwesen, die Revision an das Oberverwaltungsgericht. 
Ist auf Begründung der Waldgenossenschaft erkannt, und haben die- 
bezüglichen Entscheidungen die Rechtskraft erlangt, so erteilt das 
Waldschutzgericht dem Statute die Bestätigung, welches dadurch die- 
Kraft einer vollstreckbaren gerichtlichen Urkunde erhält. Die den 
Beteiligten auferlegten Beschränkungen und Lasten sind auf Ersuchen. 
des Vorsitzenden des Waldschutzgerichts im Grundbuche einzutragen. 
Die Waldgenossenschaft kann unter ihrem Namen Rechte erwerben und- 
Verbindlichkeiten eingehen, Eigentum und andere dingliche Rechte an 
Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden. Für- 
die Verbindlichkeiten der Waldgenossenschaft haftet das Vermögen 
derselben. Die hierdurch nicht gedeckten Schuldbeträge sind im Wege 
der Umlage aufzubringen. Die Waldgenossenschaften sind der Aussicht 
des Staats unterworfen, welche von dem zuständigen Waldschutzgerichte 
geübt wird. Anderungen des Statuts erfolgen in demselben Verfahren, 
wie die ursprüngliche Festsetzung. Die Auflösung einer Waldgenossen- 
schaft ist nur zulässig, wenn die zur Bildung der Genossenschaft erforder- 
liche Mehrheit derselben zustimmt. Der bezügliche Beschluß bedarf 
der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. 
Über das bereits vielfach erwähnte Waldschutzgericht mag 
zusammenfassend über Stellung, Organisation, Zuständigkeit desselben 
noch folgendes bemerkt werden. 
Über die Errichtung und Erhaltung von Schutzwaldungen, sowie 
über die Bildung von Waldgenossenschaften hat das Waldschutzgericht 
zu entscheiden. In den Landkreisen, in welchen die neue Kreisordnung
	        
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