372 5. Buch. Die materielle Staatsverwaltung.
fand diese Genossenschaftsbildung durch das Gesetz vom 1. April 1879
(GS. S. 297), welches die Bildung von Wassergenossenschaften nicht
bloß für die Zwecke der Bodenverbesserung, sondern namentlich auch
die Wasserversorgung zu Wirtschafts= und Betriebszwecken und im
Interesse der Schiffahrt beförderte. Danach können Genossenschaften
gebildet werden zur Benutzung oder Unterhaltung von Gewässern zur
Ent= und Bewässerung von Grundstücken, zum Schutze der Ufer, zur
Anlegung, Benutzung oder Unterhaltung von Wasserläufen oder Sammel-
becken, zur Herstellung und Verbesserung von Wasserstraßen (Flößereien)
und anderen Schiffahrtsanlagen (§ 1). Die Deichgenossenschaften
nehmen eine Sonderstellung ein und sallen nicht unter dies Gesetz
(§ 2). Die Begründung der Genossenschaften entsteht entweder durch
Vertrag, sogenannte freie Genossenschaften, oder durch Beschluß der
staatlichen Behörde, öffentliche Genossenschaften (§& 4). Jede Genossen-
schaft muß ihren Sitz im Inlande haben, ferner ein Statut besitzen
und einen Vorstand haben, welcher dieselbe in allen ihren Angelegen-
heiten vertritt. Die Genossenschaft hat juristische Persönlichkeit, kann
unter ihrem Namen Rechte erwerben, Verbindlichkeiten eingehen, Eigen-
tum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben, vor
Gericht klagen und verklagt werden. Ihr ordentlicher Gerichtsstand
ist bei dem Gerichte, in dessen Bezirk sie ihren Sitz hat (§§ 7—10).
Geschieht die Begründung einer freien Genossenschaft durch Vertrag, so
muß derselbe gerichtlich oder notariell geschlossen sein. Ihre Verfassung
ist derjenigen der übrigen wirtschaftlichen Genossenschaften entsprechend
gestaltet. Die Grundlage der Verfassung bildet ein Statut, welches
den im § 12 des Gesetzes näher bezeichneten Inhalt haben muß.
(Vgl. das Normalstatut für Ent= und Bewässerungsgenossenschaften
nebst Anweisung vom 15. Oktober 1902 MBl. S. 205). Ihre
Existenz erlangt die Genossenschaft erst mit der Eintragung in das
Register. Für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft haftet deren
Vermögen. Genügt dasselbe zur Befriedigung der Gläubiger nicht,
so ist die Genossenschaft den Gläubigern verpflichtet, die Erfüllung der
Verbindlichkeiten durch Beiträge zu bewirken, welche von dem Vor-
stande, bezw. von den Liquidatoren nach dem im Statut festgesetzten
Teilnahmeverhältnis auf die Genossen umzulegen und erforder-
lichenfalls durch Klage im ordentlichen Rechtswege beizutreiben, im
Falle der Nichtbeitreibbarkeit auf die anderen Genossen umzulegen
sind (§ 24). Die Auflösung der freien Genossenschaft geschieht durch
Ablauf der im Genossenschaftsstatut bestimmten Zeit, durch einen
Beschluß (einfache Mehrheit) der Genossenschaft und durch Eröffnung
des Konkurses (§ 31). Im Gegensatz zu den freien Genossenschaften
stehen die öffentlichen unter der Aufsicht der Staatsbehörde. Die Be-
gründung erfordert den Nachweis eines öffentlichen oder gemeinwirt-
schaftlichen Nutzens (§ 45). Das Stimmverhältnis der Genossen wird
im Statut geregelt. Bezüglich der Genossenschaftsbeiträge genießen
sie die Vorrechte der kommunalen Verbände. Die Beiträge genießen
Vorzugsrechte im Konkurse und können im Verwaltungszwangsver-
fahren beigetrieben werden. Zur Veräußerung von Immobilien und