Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

§ 104. Deichwesen. 377 
Abänderung durch § 96 Abs. 1 ZG., daß Deiche, oder ähnliche Er- 
höhungen der Erdoberfläche, welche die Ausbreitung der zeitweise aus 
ihren Ufern tretenden Gewässer beschränken, in der ganzen Breite, 
welche das Wasser bei der höchsten Uberschwemmung einnimmt (Inun- 
dationsgebiet), nicht anders als mit ausdrücklicher Genehmigung des 
Bezirksausschusses neu angelegt, verlegt, erhöht, sowie ganz oder teil- 
weise zerstört werden dürfen. Wer diesem Verbote zuwider handelt, 
soll polizeilich nicht nur mit einer Geldbuße bis zu 150 M. bestraft, 
sondern auch, wenn es erforderlich ist, zur Wiederherstellung des 
früheren Zustandes angehalten werden. Zuständig für die letztgedachte 
Maßnahme ist der Regierungspräsident als Landespolizeibehörde. Vor 
Erteilung der Genehmigung hat der Bezirksausschuß nach seinem Er- 
messen die Beteiligten zu hören (§ 2 u. § 96 Abs. 1 ZG.). Ist 
ein schon vorhandener, zum Schutz der Ländereien mehrerer Besitzer 
dienender Deich ganz oder teilweise verfallen oder durch Naturgewalt 
zerstört, so kann der Bezirksausschuß fordern, daß derselbe nach seiner 
Anweisung bis zu derjenigen Höhe und Stärke wieder hergestellt 
werde, welche er früher gehabt hat. Ist es ungewiß oder streitig, 
wer zur Unterhaltung oder Wiederherstellung des Deichs verpflichtet 
ist, so setzt der Bezirksausschuß durch Beschluß fest, wer die Baulast 
interimistisch zu tragen hat, und wie die Beiträge zu verteilen sind. 
Gegen den Beschluß ist die Beschwerde an den Minister für Landwirt- 
schaft zulässig (§ 4 u. § 96 Abs. 1 ZG.). 
Deichverbände. Ist es zur Abwendung gemeiner Gefahr oder 
zur erheblichen Beförderung der Landeskultur erforderlich, Deiche und 
dazu gehörige Sicherungs= oder Meliorationswerke anzulegen, zu er- 
weitern oder zu erhalten, so sollen die Besitzer sämtlicher der Über- 
schwemmung ausgesetzten Grundstücke zur gemeinsamen Anlegung und 
Unterhaltung der Werke unter landesherrlicher Genehmigung zu Deich- 
verbänden vereinigt werden. Zuvor sind jedoch alle Beteiligten nötigen- 
falls nach Erlassung eines öffentlichen Aufgebots mit ihren Anträgen 
zu hören (§ 11). Für jeden Deichverband ist ein landesherrlich zu 
vollziehendes Statut abzufassen, in welchem Umfang des Sezietäts- 
zweckes, Deichpflicht, Art und Verteilung der erforderlichen Leistungen 
und Beiträge, die von den Grundbesitzern zu übernehmenden Be- 
schränkungen des Eigentums, Oberaufsicht der Staatsbehörden, Organi- 
sation, sowie Befugnisse und Pflichten der Deichverwaltungsbehörden, 
Recht der Deichgenossen zur Teilnahme bei der Verwaltung der Deich- 
angelegenheiten, Folgen der Ausdeichung (§ 15) anzugeben ist. (Vgl. 
auch AE. vom 14. November 1853, betr. die allgemeinen Bestimmungen 
für künftig zu erlassende Deichstatute GS. S. 935). Die Deichpflicht 
muß von allen einzelnen nach dem im Statute zu bestimmenden Maß- 
stabe gleichmäßig getragen werden. Die einem Deichverbande zu leistende 
Deichpflicht ruht unablöslich auf den Grundstücken, ist den öffentlichen 
Lasten gleich zu achten und hat in Kollisionsfällen vor denselben den 
Vorzug (§ 18). Leistungen zur Erfüllung der Deichpflicht bedürfen 
der Eintragung in das Grundbuch nicht (vgl. Art. 11 AG. z. GBO. 
vom 26. September 1899 GS. S. 307). Bei der Zwangsversteigerung
	        
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