Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

398 5. Buch. Die materielle Staatsverwaltung. 
auch bei fremden Schiffen, welche auf einer Reise nach einer 
deutschen Küste begriffen sind (Kom. Ber. S. 14; Sten. Ber. S. 325). 
Die Regelung eines Aufgebotsverfahrens in Bergungssachen und 
des Rechts auf herrenlose geborgene Gegenstände erfolgt im 4. Ab- 
schnitt des Gesetzes (8§ 26—35). Im Aufgebotsverfahren werden 
alle unbekannten Berechtigten aufgefordert, bis zu einem bestimmten 
Termine bei dem Strandamte ihre Ansprüche anzuzeigen, widrigenfalls 
dieselben bei der Verfügung über die geborgenen Gegenstände un- 
berücksichtigt bleiben würden. Der Termin ist auf 4 Wochen bis 
9 Monate zu bestimmen. Das Aufgebot wird durch Aushang (An- 
schlag) an der Amtsstelle, sowie nach Ermessen des Strandamts durch 
eine oder mehrere Anzeigen in öffentlichen und an anderen geeigneten 
Stellen (Börsen pp.) bekannt gemacht. Ist ein Anspruch nicht geltend 
gemacht, so werden nach Ablauf des Termins die fraglichen Sachen 
den Empfangsberechtigten (nach § 35 dem Landesfiskus bezw. den 
Bergern) gegen Erlegung der Bergungskosten einschließlich des Berge- 
lohns nach erfolgter zollamtlicher Abfertigung ausgeliefert. Durch die 
Auslieferung der Gegenstände verliert der bisherige Eigentümer dieser 
nicht das Eigentum daran. Die Empfänger erhalten nur Ersitzungs- 
besitz (Motive S. 30). Macht daher der Eigentümer seine Ansprüche 
erst nach Ablauf der Anmeldungsfrist geltend, so ist der Empfänger 
zur Herausgabe der Sache bezw. des Wertes derselben unter Abzug 
der Bergungskosten, einschl. des Bergelohns und der sonstigen Auslagen 
verpflichtet. Der Herausgabeanspruch des Eigentümers stellt sich rechtlich 
als Eigentumsklage gegen den dritten, wenn auch redlichen Besitzer 
(rei vindicatio) dar. « 
Ist der Fiskus dritter Besitzer, so zessiert das Vindikationsrecht ihm 
gegenüber bezüglich der von ihm erworbenen Sachen sowohl nach 
gemeinem Recht (I. 2 C. de quadr. praescr. 7, 87 S ult. I. de usuc 
2, 6), als auch nach preußischem Recht (§ 42 ALR. I 15), Be- 
stimmungen, welche ihrer öffentlichrechtlichen Natur wegen auch durch 
das Inkrafttreten des BGB. (Art 89, AG. z. BGB.) nicht als 
aufgehoben anzusehen sind. 
Werden innerhalb der Aufgebotsfrist Ansprüche angemeldet, so 
fordert das Strandamt den Landesfiskus, bezw. die Berger (§ 35) 
auf, binnen einer bestimmten Frist zu erklären, ob sie die Ansprüche 
anerkennen wollen oder nicht, widrigenfalls die Ansprüche für anerkannt 
erachtet werden würden. Wird von dem Aufgeforderten keine Er- 
klärung innerhalb der gesetzten Frist abgegeben, so hat das Strand- 
amt, wenn es den Anspruch für nachgewiesen erachtet, die Auslieferung 
der Gegenstände an den, welcher den Anspruch angezeigt hat, sofort 
zu bewirken, andernfalls erst nach Ablauf des Aufgebotstermins, sofern 
auch bis dahin weitere Ansprüche nicht angemeldet werden. Wenn 
dagegen ein Widerspruch von einem der Aufgeforderten innerhalb der 
Erklärungsfrist erfolgt, so hat das Strandamt die Beteiligten auf den 
Klageweg vor die ordentlichen Gerichte unter Setzung einer ange- 
messenen Ausschlußfrist zu verweisen. Dasselbe Verfahren greift 
Platz, auch wenn keiner der nach § 35 Berechtigten einen Widerspruch
	        
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