Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

Anhang (zu Kapitel 5). Schiffahrtswesen. 405 
Handlungen, die im Auslande begangen sind; der Schiffer hat in 
diesem Falle für die Feststellung des Tatbestandes und die Uberlieferung 
des Täters an die zuständige Behörde Sorge zu tragen (88§ 100, 102, 
103). Handelt es sich bei der Straftat um eine Übertretung, so 
erfolgt die Untersuchung und Entscheidung durch das Seemannsamt, 
gegen dessen Bescheid der Beschuldigte auf gerichtliche Entscheidung 
antragen kann (8 101). 
Im 6. Abschnitt des Gesetzes werden noch „allgemeine Be- 
stimmungen“ getroffen. Jedes Seemannsamt ist verpflichtet, die 
Ausgleichung der zwischen Schiffer und Schiffsmann bestehenden 
Streitigkeiten zu versuchen (§ 104). Das Seemannsamt hat im 
Inlande den nach der Anmusterung über den Antritt oder die Fort- 
setzung des Dienstes entstandenen Streit zwischen Schiffer und Schiffs- 
mann unter Vorbehalt des Rechtsweges zu entscheiden. Die Ent- 
scheidung des Seemannsamtes ist vorläufig vollstreckbar (§ 106). 
Von großer Wichtigkeit für die Sicherung der deutschen Schiffahrt 
in ausländischen Gewässern sind die Schiffahrtsverträge, 
welche auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit beruhen und mit vielen 
ausländischen Staaten abgeschlossen und zum Teil auch in die Handels- 
verträge eingeschlossen sind. In ähnlicher Weise ist auch durch inter- 
nationale Abkommen die Küsten schiffahrt von Reichs wegen geordnet. 
Das Recht zur Küstenfrachtfahrt, wobei als Küstenmeer nur ein 
Küstenstreifen von drei Seemeilen Breite, bei Meerbusen bis zu einer 
Offnungsbreite von zehn Seemeilen in Betracht kommt (ogl. Perels 
Seerecht S. 293), ist durch RG. vom 22. Mai 1881 (RGl. S. 97), 
soweit Güterbeförderung aus einem deutschen Seehafen in einen 
anderen in Frage steht, deutschen Schiffen ausschließlich vorbehalten. 
Sie kann nur durch kaiserliche Verordnung unter Zustimmung des 
Bundesrats oder durch Staatsvertrag ausländischen Schiffen eingeräumt 
werden, was allerdings vielfach geschehen ist (ogl. die Bekanntm. im 
REBl. 1881 S. 275, 276; 1883 S. 249; 1885 S. 31, 213; 
1888 S. 249, 273; 1892 S. 6, 106; 1893 S. 20, 84; 1894 
S. 163, 472, 506; 1897 S. 182). 
Innerhalb des Reichsgebiets selbst sollen die Kauffahrtei- 
schiffe aller deutschen Bundesstaaten sowohl in allen Seehäfen, als 
auf allen natürlichen und künstlichen Wasserstraßen der Einzelstaaten 
gleichmäßig zugelassen und behandelt werden. Sodann 
dürfen Abgaben, welche in den Seehäfen von den Seeschiffen oder 
deren Ladung für die Benutzung von Schiffahrtsanstalten erhoben 
werden, die zur Unterhaltung und gewöhnlichen Herstellung dieser 
Anstalten erforderlichen Kosten nicht übersteigen (Art. 54 Abs. 3 NV.). 
Durch diese reichsgesetzliche Schranke soll der Seehandelsverkehr nicht 
durch kostspielige Schiffahrtsanstalten im fiskalischen Interesse mit allzu 
hohen Abgaben belastet werden. 
Demselben Zwecke dient im Interesse des Binnenschiffahrts= und 
Flößereibetriebes die weitere reichsgesetzliche Vorschrift, daß auf allen 
natürlichen Wasserstraßen Abgaben nur für die Benutzung besonderer 
Anstalten, die zur Erleichterung des Verkehrs bestimmt sind, erhoben
	        
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