464 5. Buch. Die materielle Staatsverwaltung.
Wenn auch die Festsetzung der Fluchtlinien durch den Gemeinde-
vorstand zu erfolgen hat, so ist diese bedingt von dem vorherigen
Einverständnis der Gemeinde bzw. deren Vertretung einerseits und
der Zustimmung der Ortspolizeibehörde anderseits. Beide Voraus-
setzungen müssen bis zum Abschlusse des Verfahrens, also bis zu
förmlichen Feststellung und Auslegung des Plans (8 8) vorhanden
sein. Rechtzeitige Zurücknahme des anfänglichen Einverständnißes
seitens der Polizeibeihörde macht die Fluchtlinienfestsetzung hinfälig.
Die Zustimmung der Polizeibehörde zu dem Fluchtlinienplan fir
neue Straßen erübrigt nicht die Abnahme der demnächst hergestellten
öffentlichen Straße.
Die Zustimmung der Ortspolizeibehörde darf nur versagt werden,
wenn die von derselben wahrzunehmenden polizeilichen Rücksichten die
Versagung fordern. Derartige polizeiliche Rücksichten werden im § 3
des Gesetzes des näheren bezeichnet. Es sind dies Förderung des
Verkehrs, der Feuersicherheit, der öffentlichen Gesundheit, auch soll die
Polizei darauf halten, daß eine Verunstaltung der Straßen und Plätze
nicht eintritt. Sprechen die erwähnten polizeilichen Rücksichten für die
Festsetzung von Fluchtlinien, so kann die Ortspolizeibehörde sogar die
Festsetzung verlangen. Versagt die Ortspolizeibehörde die Zustimmung
oder lehnt der Gemeindevorstand die von der Ortspolizeibehörde ver-
langte Festsetzung der Fluchtlinien ab, so beschließt au Ansuchen der
Kreisausschuß darüber, ob die Polizeibehörde ihre Zustimmung mit
Recht versagt hat, oder ob ein Bedürfnis zur Festsetzung vorliegt.
An Stelle des Kreisausschusses tritt in Stadtkreisen und den einem
Landkreise angehörigen Städten von mehr als 10 000 Einwohnern
der Bezirksausschuß, in Berlin der Minister für öffentliche Arbeiten (5).
Die Festsetzung der Straßenfluchtlinie kann nicht bloß für einzelne
Straßen, sondern auch für einzelne Straßenteile, d. h. auch für einen
Straßenabschnitt oder auch für eine Seite der Straße, selbst für ein
einzelnes Grundstück als Straßenteil erfolgen. Soll die Festsetzung
der Fluchtlinien für größere Grundstücke bewirkt werden, so sieht das
Gesetz in § 2 die Aufstellung von Bebauungsplänen vor. Jede
Festsetzung von Fluchtlinien muß eine genaue Bezeichnung der davon
betroffenen Grundstücke und Grundstücksteile und eine Bestimmung der
Höhenlage, sowie der beabsichtigten Entwässerung der betreffenden
Straßen und Plätze enthalten. Die Fluchtlinienpläne, die mit der Or-
lichkeit nicht übereinstimmen, sind rechtlich unwirksam (VG. E. Bd. 28
S. 375; Bd. 33 S. 430 in v. Kamptz Bd. 4 S. 521 und Erg.
Bd. 1 S. 461). Betrifft der Plan der beabsichtigten Festsetzungen eine
Festung oder fallen in denselben öffentliche Flüsse, Chausseen, Eisen-
bahnen oder Bahnhöfe, auch fiskalische Grundstücke, so hat die Orts-
polizeibehörde dafür zu sorgen, daß den beteiligten Behörden recht-
zeitig zur Wahrung ihrer Interessen Gelegenheit gegeben wird (6 6..
Damit dieser Einspruch rechtzeitig erfolgen kann, wird die Ortspolizei-
behörde vor Erteilung ihrer Zustimmung die danach nötigen Fest-
stellungen zu treffen haben (ME. vom 15. Dezember 1882, Mßl.
1883 S. 18; ME. vom 23. Dezember 1896; ME. 1897 S. 15).