Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

5 128. Straßenanlegungsgesetz. 2. Inhalt des Gesetzes. 471 
der Errichtung eines Gebäudes an der neuen Straße gleichgestellt 
werden. Für den Begriff „Gebäude“ im Sinne des § 15 ist er- 
forderlich, daß ein durch Wände teilweise umschlossener und gewöhnlich 
bedachter Raum über der Erde vorhanden ist. Es fallen daher auch 
minderwertige Baulichkeiten, wie Kontorhäuschen, Schuppen, Wächter- 
buden darunter. Dies kann durch Ortsstatut eingeschränkt werden. 
Als an der Straße errichtet sind in der Regel diejenigen Ge- 
bäude zu erachten, welche in der Fluchtlinie errichtet sind, auch wenn 
sie nach der Straße keine Offnungen haben und mit ihr nicht in wirt- 
schaftlicher Beziehung stehen (OVG. E. Bd. 52 S. 37). 
In der Anlegung begriffen ist eine Straße jedenfalls, sobald 
Fluchtlinien für sie festgesetzt sind, jedoch auch schon dann, wenn die 
Gemeindebehörden die Anlegung beschließen und dies zur Kenntnis der 
Anlieger bringen (OVG. Bd. 36 S. 62; Bd. 38 S. 39 S. 141 in 
v. Kamptz Erg. Bd. 1 S. 98). 
Der Zeitpunkt des Beginns der Anlegung richtet sich nach dem zur 
Zeit der Entstehung der Beitragspflicht geltenden Statut (OVG. E. 
Bd. 39 S. 52). Fällt die Errichtung des Gebäudes mit der Anlegung 
der Straße zusammen, so entsteht die Beitragspflicht des Anliegers 
erst, wenn der Ausbau der Straße oder des Straßenteils beendet ist 
und die Möglichkeit der Berechnung der Kosten vorliegt (OVG. E. 
Bd. 33 S. 125, Bd. 36 S. 61 in v. Kamptz Erg. Bd. 1 S. 98, 101). 
Die Unkenntnis des Bauenden von seiner Verpflichtung hat keine Be- 
freiung von dem Beitrage zur Folge (OVG. E. Bd. 38 S. 145; 
v. Kamptz, Erg. Bd. 1 S. 112). Auch die Eigentümer von Grund- 
stücken, die bereits bei der Anlegung teilweise bebaut waren, können 
zu den Straßenbaukosten herangezogen werden, sobald sie neue Gebäude 
an der Straße errichten, gleichviel ob sie den vorhandenen Gebäuden 
ein weiteres hinzufügen oder an Stelle eines abgebrochenen oder durch 
Naturereignisse zerstörten Gebäudes ein neues aufführen (OVG. Bd. 13 
S. 170 ff.). Für die Eigentümer unbebauter (oder schon früher be- 
bauter) Grundstücke entsteht die Beitragspflicht erft, wenn sie zur Be- 
bauung (oder Neubebauung), wozu allerdings die Fundamentierung des 
Baues schon genügt, auch wenn der Weiterbau demnächst aufgegeben 
wird, schreiten (OVG. E. Bd. 12 S. 126, Bd. 13 S. 161 in 
v. Kamptz Bd. 2 S. 28, 30 u. OVG. E. Bd. 25 S. 80). 
Nach vorstehendem beginnt die Verpflichtung zur Zahlung der An- 
liegerbeiträge erst in dem Zeitpunkt, wo der Eigentümer mit der Er- 
richtung des Baues beginnt. Der Anspruch der Gemeinde auf die 
Anliegerbeiträge ist entstanden, sobald einerseits der Ausbau der 
Straße beendet und die Möglichkeit vorhanden ist, die Kosten zu be- 
rechnen, und anderseits Gebäude an der Straße errichtet werden. Es 
ist unzulässig, wenn in einigen Ortsstatuten sich die Bestimmung findet, 
daß die Zahlung bereits „gegen Erteilung der Bauerlaubnis“ verlangt 
werden kann. 
An sich ist nur der Eigentümer des Grundstücks beitragspflichtig. 
Baut ein anderer wie dieser, so wird er trotzdem auch als beitrags- 
pflichtig angesehen, wenn er ausdrücklich die Erlaubnis zu dem Bau 
 
	        
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