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worerwähnten dinglich Berechtigten werden auch Nebenberechtigte
benannt. Der Regel nach werden die Ansprüche dieser, da der objek-
tive Wert eines Grundstücks durch die Teilung seiner Nutzung unter
mehrere an sich nicht höher werden kann, bereits in der gemäß § 8
für den Eigentümer festgestellten Entschädigung Deckung finden. In-
folgedessen darf der Unternehmer beim Vorhandensein derartiger An-
sprüche die Entschädigungssumme nicht an den Eigentümer auszahlen,
sondern muß das Geld hinterlegen (§§ 25, 36 Abs. 1). Liegt der
Fall so, daß der dritte ein selbständiges besonderes Interesse an der
Sache hat, z. B. weil er die Sache infolge seines Berufes als Lager-
halter pp. anders nutzen kann, wie der Eigentümer als Landwirt, so
darf er seinen eventl. höheren Wert an der Sache liquidieren. In
diesem Falle ist außer der Eigentümerentschädigung noch eine besondere
Entschädigungssumme für den dritten zu berechnen und unmittelbar
an ihn auszuzahlen (§§ 25, 36 Abs. 1).
3. Der Schadenersatz erstreckt sich nicht nur auf den Marktpreis
der enteigneten Sache, sondern umfaßt das volle Interesse des
Enteigneten. Dies geht bereits aus § 1 des Gesetzes hervor, wo von
der vollständigen Entschädigung des Enteigneten gesprochen
wird. Hierauf nimmt § 8 Bezug. Außerdem hebt aber § 8 noch
besonders hervor, daß die Entschädigung in dem vollen Werte des
abzutretenden Grundstücks, einschließlich der enteigneten Zubehörungen
und Früchte besteht.
Wie das Reichsgericht mit Recht (E. in Zivils. Bd. 32 S. 300f.)
betont hat, ist behuss Ermittelung des vollen Wertes eines enteigneten
Grundstücks, auf dessen Ersatz der Eigentümer nach § 8 des Ent-
eignungsgesetzes Anspruch hat, zunächst der objektive, das heißt der dem
Grundstücke an und für sich beiwohnende, durch seine Benutzungsfähig-
keit bedingte Wert (der gemeine Wert des § 112 ALR. I 2) festzu-
stellen, und es wird in diesem reichlich zu bemessenden Werte der Eigen-
tümer in der Regel die ihm gebührende „vollständige Entschädigung“
finden, aber es gibt auch Fälle, wo dem Eigentümer Nachteile, die
durch den gemeinen Wert des Grundstücks nicht gedeckt werden, aus
der Entziehung seines Eigentums erwachsen. Dem Anspruch des Ent-
eigneten auf „volle Entschädigung“ wird vollständig nur Rechnung ge-
tragen werden, wenn der Eigentümer auch den Wert ersetzt erhält,
welchen das enteignete Grundstück für ihn hatte. Affektionswert
kommt hierbei jedoch nicht in Betracht, sondern es sind bei Vemessung
des „vollen Wertes“ im Sinne des § 8 alle vermögensrechtlichen Vor-
teile zu berücksichtigen, die dem Eigentümer aus dem Besitze und der
Benutzung des Grundstückes erwachsen und durch die Enteignung
entzogen werden. Der Vermögensstand des Eigentümers soll nach der
Enteignung kein schlechterer sein, als er vorher war. Dieser Satz be-
dingt mit Notwendigkeit, daß bei Ermittelung des vollen Wertes des
enteigneten Grundstückes neben dem Werte, den dasselbe nach seiner
Brauchbarkeit für jeden Besitzer (Käufer) haben würde, das besondere
vermögensrechtliche Interesse zu berücksichtigen ist, wolches der Besitz
und die Benutzung desselben für den bisherigen Eigentümer hatte. Nach