§ 6. Die Staatsbürger. 31
Wahl gebildet werden (§ 21). Durch RG. vom 11. Dezember 1899
(REl. S. 699) ist das früher bestehende Verbot für Vereine, mit
gleichartigen Vereinen in Verbindung zu treten, aufgehoben.
Den Vorstehern von Vereinen, welche eine Einwirkung auf öffentliche
Angelegenheiten bezwecken, wird in § 2 der Verordn. die Verpflichtung
auferlegt, Statuten des Vereins und das Verzeichnis der Mitglieder
binnen 3 Tagen nach Stiftung des Vereins und jede Anderung der
Statuten und Vereinsmitglieder binnen drei Tagen, nachdem sie ein-
getreten ist, der Ortspolizeibehörde zur Kenntnisnahme einzureichen,
derselben auch auf Erfordern jede darauf bezügliche Auskunft zu
erteilen. Die Ortspolizeibehörde erteilt über die Einreichung der
Statuten, Verzeichnisse und Abänderung eine Bescheinigung.
Wegen der Zuwiderhandlungen gegen die im vorstehenden für die
Versammlungen und Vereine gegebenen Vorschriften sind gegen die
Unternehmer, Leiter, Ordner, Redner, Teilnehmer bei Versammlungen,
ferner gegen die Vorsteher der Vereine, Mitglieder derselben Geld-
bezw. Haftstrafen in den §§ 12 ff. der zit. Verordn. vorgesehen, gleich-
zeitig muß bei politischen Vereinen wegen wiederholter Verfehlungen gegen
die gesetzlichen Bestimmungen vom Gericht auf Schließung des Vereins
erkannt werden (§ 16). Eine Auskunftspflicht gegenüber der Polizei
besteht auch für die Vereine, die nicht unter § 2 des Vereinsgesetzes fallen,
allerdings nur um der gesetzlich bestimmten polizeilichen Uberwachungs-
pflicht zu genügen. OVG. E. Bd. 9 S. 389 und Bd. 26. 401.
Was die Rechtsfähigkeit der Vereine anlangt, so ist dieselbe jetzt
reichsgesetzlich durch das BGB. geregelt. Das Nähere hierüber vgl. in
meinem Handbuch des deutschen Vereinsrechts. Berlin 1905.
9. Die Unverletzlichkeit des Briefgeheimnisses (krt.
33 Vl.). Die bei strafgerichtlichen Untersuchungen und in Kriegs-
fällen notwendigen Beschränkungen sind durch die Gesetzgebung fest-
zustellen. Diese Feststellung ist erfolgt, abgesehen von Art. 6, durch
Ges. vom 12. Februar 1850; St PO. §§ 94— 111; RPostges. vom
28. Oktober 1871 § 5 (Rl. S. 347) R. § 121. StE#B.
§§ 299, 354, 355; Briefe sind im Wege der Zwangsvollstreckung mit
Rüsicht auf § 5 RPostges. nicht pfändbar.
10. Ausnahmezustand.
Die meisten der vorstehend erwähnten Grundrechte (persönliche
Freiheit, Unverletzlichkeit der Wohnung, gesetzlicher Richter, Recht der
freien Meinungsäußerung, Vereins= und Versammlungsrecht, Ver-
wendung der bewaffneten Macht) können für den Fall eines Krieges
oder Aufruhrs bei dringender Gefahr für die öffentliche Sicherheit
zeitweise und distriktsweise außer Kraft gesetzt werden (Art. 111 Vl..).
Das Nähere regelt das Ges. über den Belagerungszustand vom 4. Juni
1851 (GS. S. 451). Die Erklärung des Kriegs= (Belagerungs-)
Zustandes hat zur Voraussetzung, daß im Falle eines Krieges Gebiete
vom Feinde bedroht oder schon teilweise besetzt sind, oder daß im
Falle eines Aufruhrs dringende Gefahr für die öffentliche Sicherheit
besteht (§§ 1, 2). Nach § 3 ist die Erklärung des Kriegs-#(Be-
lagerungszustandes) durch Trommelschlag oder Trompetenschall zu ver-