490 5. Buch. Die materielle Staatsverwaltung.
28. Dezember 1895 in PVBl. 17 S. 243). Nur in dringenden
Fällen kann der Bezirksausschuß die Enteignung auch noch vor Er-
ledigung des Rechtsweges vollziehen, vorausgesetzt, daß die vorläufig
fesigesetzte Entschädigungssumme hinterlegt wird. Gegen diese An-
ordnung findet binnen 3 Tagen Rekurs an den Minister der öffent-
lichen Arbeiten statt. Mit der Zustellung des Enteignungsbeschlusses
an Eigentümer und Unternehmer geht das Eigentum des enteigneten
Grundstücks auf den Unternehmer über (§ 44); einer Auflassung be-
darf es nicht. Das enteignete Grundstück wird von allen darauf
lastenden privatrechtlichen Verpflichtungen frei, soweit der Unternehmer
dieselben nicht vertragsmäßig übernommen hat. Die Entschädigung
tritt rücksichtlich aller Eigentums-, Nutzungs= und sonstigen Real-
ansprüche, insbesondere der Reallasten, Hypotheken, Grundschulden und
Rentenschulden (AG. z. BGB. Art. 35) an die Stelle des enteigneten
Gegenstandes (§ 45).
4. Gerichtliches Verteilungsverfahren. Zwecks Aus-
einandersetzung zwischen dem enteigneten Grundeigentümer und den
Inhabern von Reallasten, Hypotheken, Grundschulden und Rentenschulden
an dem enteigneten Grundstück ist ein doppeltes Verfahren zulässig.
Einmal auf Antrag des Eigentümers gemäß § 49 des Enteignungs-
gesetzes vor der Auseinandersetzungsbehörde, zum anderen ein solches
auch auf Antrag der Realberechtigten vor dem Verteilungsgerichte.
Die dadurch entstehende Konkurrenz zwischen beiden Verfahrensarten
ist zugunsten des Vermittlungsverfahrens durch Art. 37 AG. z. Zw.
Verst. G. geregelt. Wird auf Antrag des Eigentümers das Vermittlungs-
verfahren eingeleitet, so hat die Auseinandersetzungsbehörde die in
Art. 37 vorgeschriebene Mitteilung an das für das Verteilungs-
verfahren zuständige Gericht zu machen. Durch die Mitteilung wird
nach Abs. 2 das Gericht verpflichtet, solange das Vermittlungsverfahren
bei der Auseinandersetzungsbehörde anhängig ist, Anträge auf Er-
öffnung des Verteilungsverfahrens abzulehnen. Kommt es zum ge-
richtlichen Verteilungsverfahren, so finden die Vorschriften der Art. 35
bis 41 preußischen AG. z. Zw. Verst. Ges. Anwendung. Vgl. das
wfer über diese Vorschriften in meinem Kommentar z. Zw. Verst.
Ges. Berlin 1904. S. 353—360.
Elftes Kapitel.
Bergrecht.
8§9 129. Geschichtliches. Allgemeines.
Während nach römischem Recht der Grundeigentümer das ausschließ-
liche Gewinnungsrecht der in seinem Boden lagernden Mineralien be-
saß, kämpften im Mittelalter drei Auffassungen miteinander:
a) der Grundeigentümer hat das Recht alleinigen Bergbaues unter-
halb seines Bodens, so der Sachsenspiegel;
db) der Bergbau steht als Regal nur dem Könige und den speziell
Privilegierten zu, so festgestellt in der constitutio de regalibus von