Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

§ 137. Schutzbestimmungen für die Arbeiter im Bergbaubetriebe. 519 
dem ständigen Arbeiterausschuß oder, wo ein solcher nicht besteht, von 
ihnen gewählten Vertrauensmann das Verfahren bei Feststellung der 
ungenügenden oder vorschriftswidrigen Beladung und des bei der Lohn- 
berechnung anzurechnenden Teiles der Beladung überwachen lassen. 
Durch die Überwachung darf eine Störung des Betriebes nicht herbei- 
geführt werden; bei Streitigkeiten trifft auf Beschwerde des Vertrauens- 
manns die Bergbehörde die entsprechenden Anordnungen. Der Ver- 
trauensmann bleibt im Arbeitsverhältnisse des Bergwerks. Mit der 
Beendigung desselben erlischt sein Amt. Der Bergwerksbesitzer ist 
ferner verpflichtet, den Lohn des Vertrauensmanns auf Antrag des 
ständigen Arbeiterausschusses oder der Mehrzahl der beteiligten Arbeiter 
vorschußweise zu zahlen. — Er ist berechtigt, den vorschußweise ge- 
zahlten Lohn den beteiligten Arbeitern bei der Lohnzahlung in Abzug 
zu bringen. Ferner wird gesetzlich angeordnet, daß die im Laufe eines 
Kalendermonats gegen einen Arbeiter wegen ungenügender oder vor- 
schriftswidriger Beladung von Fördergefäßen verhängten Geldstrafen 
in ihrem Gesamtbetrage fünf Mark nicht übersteigen dürsen. Alle Straf- 
gelder müssen zum Besten der Arbeiter des Bergwerks verwendet 
werden. Wenn für das Bergwerk ein ständiger Arbeiterausschuß vor- 
geschrieben ist, müssen die Strafgelder einer Unterstützungskasse zugunsten 
der Arbeiter überwiesen werden, an deren Verwaltung der ständige 
Arbeiterausschuß mit der Maßgabe beteiligt sein muß, daß den von 
den Arbeitern gewählten Mitgliedern mindestens die Hälfte der Stimmen 
zusteht. Die Grundsätze für die Verwendung und Verwaltung müssen 
nach Anhörung der volljährigen Arbeiter oder des ständigen Arbeiter- 
ausschusses in der Arbeitsordnung oder in besonderen Satzungen fest- 
gelegt werden. Eine Ubersicht der Einnahmen und Ausgaben und des 
Vermögens dieser Kasse ist alljährlich in einer vom Oberbergamt vor- 
geschriebenen Form aufzustellen und diesem, nachdem sie zwei Wochen 
durch Aushang zur Kenntnis der Belegschaft gebracht ist, einzureichen. 
Zur Wahrnehmung der Interessen der Arbeiter ist vorgeschrieben, 
daß auf denjenigen Bergwerken, auf welchen in der Regel mindestens 
100 Arbeiter beschäftigt werden, ein ständiger Arbeiterausschuß vor- 
handen sein muß. Ihm liegt es ob, darauf hinzuwirken, daß das gute 
Einvernehmen innerhalb der Belegschaft und zwischen der Belegschaft 
und dem Arbeitgeber erhalten bleibt oder wiederhergestellt wird. Außer- 
dem hat er Anträge, Wünsche und Beschwerden der Belegschaft, die 
sich auf die Betriebs= und Arbeitsverhältnisse des Bergwerkes beziehen, 
zur Kenntnis des Bergwerksbesitzers zu bringen und sich darüber zu 
äußern. Ein Arbeiterausschuß, der seine Zuständigkeit überschreitet, 
kann nach fruchtloser Verwarnung aufgelöst werden. Die Auflösung 
erfolgt durch das Oberbergamt. 
Als ständige Arbeiterausschüsse im Sinne des Gesetzes gelten nur: 
die Vorstände der Bergwerkskrankenkassen, die aus der Mitte der Arbeiter 
gewählten und zu ständigen Arbeiterausschüssen bestellten Knappschafts- 
altesten von Knappschaftsvereinen und Knappschaftskrankenkassen, die be- 
reits vor dem 1. Januar 1892 errichteten ständigen Arbeiterausschüsse, 
deren Mitglieder in ihrer Mehrzahl von den Arbeitern aus ihrer Mitte
	        
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