Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

524 5. Buch. Die materielle Staatsverwaltung. 
Augsburgische Konfessionsverwandte anerkannt wurden, zur Folge. Beide 
Konfessionen standen unter der Verwaltung des landesherrlichen Kirchen- 
regiments. Die landesherrliche Kirchengewalt erstreckte sich jedoch nicht 
auf Glauben und Lehre, da diese als der unsichtbaren Kirche angehörig 
nach den beiderseitigen Bekenntnisschriften festgestellt waren, sondern 
nur auf die Aufrechterhaltung des äußeren Friedens und der Ordnung. 
Insbesondere in Kurbrandenburg hat sich die Verfassungsbildung der 
evangelischen und katholischen Kirche nach diesen Grundsätzen vollzogen; 
es herrschte gerade hier das reinste Territorialsystem, deren Hauptver- 
treter Justus Henning Böhmer und Christian Thomasius waren. Auch 
das preuß. ALR., welches eine vollständige Kodifikation des Kirchen- 
staatsrechts in Teil II Titel 11 „Von den Rechten und Pflichten der 
Kirchen und geistlichen Gesellschaften“ enthält, vertritt noch völlig den 
Standpunkt des Territorialsystems, so daß es für die drei damals be- 
stehenden großen Religionsgesellschaften (katholische, lutherische und 
reformierte Kirche) gleichmäßig Vorschriften erteilt und einige allgemeine 
Grundsätze aufstellt. 
141. Einfluß des Reichsdeputationshauptschlusses (1808) 
auf die Stellung der katholischen Kirche in den deutschen 
erritorien. 
Die katholische Kirche hatte im Anfange des 19. Jahrhunderts durch 
den Reichsdeputationshauptschluß vom 25. Februar 1803 viel von ihrer 
früheren äußeren Macht in Deutschland verloren. Zur Entschädigung 
der deutschen Fürsten für das durch den Frieden von Lüneville (1801) 
an Frankreich abgetretene linke Rheinufer säkularisierte der vorerwähnte 
Reichsschluß alle reichsunmittelbaren Güter der katholischen Kirche (aus- 
genommen die Besitzungen des deutschen und Johanniterordens, sowie 
das Stift Regensburg) und gestattete den Landesherren, auch alles 
mittelbare, in ihren Territorien gelegene Kirchenvermögen einzu- 
ziehen gegen Dotation der beibehaltenen oder neu zu gründenden kirch- 
lichen Institute. Durch diese Neuordnung der kirchlichen Verhältnisse 
in den einzelnen Territorien Deutschlands war es auch notwendig ge- 
worden, das Verhältnis der katholischen Kirche zu den Territorialstaaten 
des deutschen Bundes neu zu regeln. Es geschah dies im Wege der 
Konkordate und Bullen. Die Bullen setzen insbesondere die Organi- 
sation und Ausstattung der neu abgegrenzten Bistümer fest und 
treffen auch Anordnungen über die Besetzung der bischöflichen Stühle 
und Kanonikate. Für Preußen wurden die heutigen Diözesangrenzen 
und Einrichtungen durch verschiedene Bullen festgelegt und zwar für 
Alt-Preußen durch die berühmte Zirkumskriptionsbulle de salute 
animarum vom 16. Juni 1821, staatlich sanktioniert durch die 
königliche Kabinettsorder vom 23. August 1821, für Hannover durch 
Zirkumskriptionsbulle Impensa Romanorum vom 26. März 1824, 
staatlicherseits genehmigt durch Gesetz vom 20. Mai 1824, für die 
Oberrheinische Kirchenprovinz (Baden, Württemberg, beide Hessen, 
Nassau, Hohenzollern, Frankfurt) durch zwei Zirkumskriptionsbullen 
Provida sollersque vom 16. August 1821 und Ad Dominici gregis 
 
	        
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