530 5. Buch. Die materielle Staatsverwaltung.
1873 die Kirchengemeinde= und Synodalordnung, ferner
die Generalsynodalordnung vom 20. Januar 1876 erlassen
worden. Diese Kirchengesetze sind unter gleichzeitiger Feststellung der
staatlichen Aufsichtsrechte durch die preußischen Landesgesetze vom 25. Maie
1874 bezw. 3. Juni 1876 staatlich sanktioniert worden. Diese staat-
liche Genehmigung der vorgedachten Kirchengesetze war erforderlich,
weil in Hinblick auf die Vertretung nach außen die Vermögensver-
waltung, das Patronat, das Staatsinteresse berührt wurden.
In Schleswig-Holstein, Lauenburg und dem Bezirk des Konsistoriums
zu Wiesbaden ist die Verfassung der evangelischen Landeskirche auf
gleichen Grundlagen geordnet durch die Kirchengemeinde= und Synodal-
ordnungen vom 4. November 1876 (GS. S. 415), ebenso für die
evangelisch-reformierte Kirche der Provinz Hannover, für Kassel, für
Wiesbaden und Jadegebiet.
147. Das gegenwärtige Verfassungsrecht der evan-
s chen Kins. in Prense. 5
A. Das landesherrliche Kirchenregiment. An der Spitze
der evangelischen, preußischen unierten Landeskirche steht der Landes-
herr als summus episcopus; ihm gebührt grundsätzlich die persön-
liche Handhabung des gesamten Kirchenregiments (Gesetzgebung und
Verwaltung unbeschadet der Gemeinderechte). Kirchliche Behörden
können daher nur in seinem Namen und in seinem Auftrage ihre Be-
fugnisse ausüben. Als Organe des landesherrlichen Kirchenregiments
fungieren für die neun älteren Provinzen als kirchenregimentliche Zentral-
behörden der Evangelische Oberkirchenrat, für die neuen
Provinzen der Minister der geistlichen Angelegenheiten.
Unter dem Epvangelischen Oberkirchenrat stehen neun Provinzialkonsistorien
mit ihren Sitzen in Berlin, Königsberg, Danzig, Stettin, Posen,
Breslau, Magdeburg, Koblenz und Münster. Unter dem Minister der
geistlichen Angelegenheiten stehen das Landeskonsistorium zu Hannover für
die lutherische und das Konsistorium zu Aurich für die reformierte Kirche
Hannovers, das Konsistorium zu Kiel für Schleswig-Holstein und Lauen-
burg, das Konsistorium zu Kassel für den Regierungsbezirk Kassel, das
Konsistorium zu Frankfurt a. M. für das Frankfurter Stadt= und Land-
gebiet und das Konsistorium zu Wiesbaden für den übrigen Teil des
Regierungsbezirks Wiesbadens. Auf diese Konsistorien solgen regel-
mäßig als unterste Stufe des Kirchenregiments die Superintendenten.
Nur für die lutherische Kirche Hannovers findet eine weitere Gliederung
der Kirchenregimentsbehörden statt, indem noch die alten hannoverschen
Provinzialkonsistorien zu Hannover und Aurich bestehen. Die ver-
einzelt erhaltenen Mediatkonfistorien sind überall den landesherrlichen
Konsistorien unterstellt.
Im einzelnen gestaltet sich die Verfassung, die Organisation
und der Ceschästskreis der kirchenregimentlichen Behörden in den
neun älteren Provinzen Preußens folgendermaßen:
a) in oberster Stelle als Zentralbehörde der „Evangelische Ober-
kirchenrat“, eine aus weltlichen und geistlichen Mitgliedern (teils Juristen,