Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

§ 147. Das gegenwärtige Verfassungsrecht der evangelischen Kirche 2c. 533 
Königlicher Kommissar wohnt den Verhandlungen der Provinzialsynode 
bei, welcher jederzeit das Wort ergreifen und Anträge stellen kann. 
Das gleiche Recht steht dem Generalsuperintendenten der Provinz zu. 
Der Wirkungskreis dieser Synode besteht vornehmlich in der Beschluß- 
fassung über die von der Kirchenregierung gemachten Vorlagen, ihre 
eigenen oder von den Kreissynoden an sie gelangten Anträge, über kirch- 
liche Ausgaben, Kirchenkollekten zu beschließen, kirchliche Mißstände der 
Provinz zu erörtern. Die Zustimmung der Provinzialsynode ist erforder- 
lich zu Kirchengesetzen, deren Geltung sich auf die Provinz beschränken 
soll und zur Einführung neuer, regelmäßig wiederkehrender Provinzial- 
kirchenkollektken. Die Synode wählt den Vorstand der Provinzial- 
synode und die Abgeordneten zur Generalsynode; sie entsendet ferner 
zwei bis drei Abgeordnete aus ihrer Mitte zu den theologischen 
Kandidatenprüfungen als Mitglieder der Prüfungskommission mit vollem 
Stimmrecht (§ 65). Der Vorstand der Provinzialsynode wird 
für eine laufende Sitzungsperiode gewählt und bleibt bis zur Bildung 
des neuen Vorstandes in Tätigkeit (§ 66). Der Vorstand besteht aus 
einem Vorsitzenden (Präses) und mehreren (nicht über sechs) Bei- 
sitzern, geistlichen und weltlichen in gleicher Zahl (Assessoren). Für 
sämtliche Beisitzer werden Stellvertreter gewählt. Die Wahl des Präses 
unterliegt der Bestätigung des Evangelischen Oberkirchenrats. Dem 
Provinzialsynodalvorstand liegt ob: die zur Ausführung der Synodal- 
beschlüsse erforderlichen Maßnahmen, Vorbereitung der Geschäfte für 
die nächste Synodalversammlung, Abstattung von Gutachten an das 
Konsistorium, er hat teilzunehmen an wichtigen Geschäften des Kon- 
sistoriums, die Mitwirkung muß eintreten bei Vorschlägen über die 
Besetzung kirchenregimentlicher Amter, bei Entscheidungen über Ein- 
wendung der Gemeinde gegen die Lehre eines zum Pfarramt 
Drsgnren. bei Entscheidungen gegen einen Geistlichen wegen Irr- 
ehre 68). 
Ülber die Vertretung der Kreis= und wGpoimjialspnodalverhände ist 
durch Gesetz vom 18. Juni 1895 (GS. S. 271) bestimmt, daß der 
Kreissynodalvorstand, das Konsistorium und der Provinzialsynodal- 
vorstand, ersterer den Kreissynodalverband, letztere den Provinzial- 
spvnodalverband in vermögensrechtlichen Angelegenheiten vertreten. Die 
Befugnis zur Aufnahme von Anleihen ist darin nicht einbegriffen. 
Die Beschlüsse der kirchlichen Organe bedürfen zu ihrer Gültigkeit in 
den Fällen des Art. 24 des Gesetzes vom 3. Juni 1876, z. B. bei 
der Veräußerung von Gegenständen, welche einen geschichtlichen, wissen- 
schaftlichen oder Kunstwert haben, bei dauernden Anleihen, Gebühren- 
taxen, bei Errichtung neuer Kirchengebäude, Begräbnisplätze, Samm- 
lungen außerhalb der Kirchengebäude, der Genehmigung der staatlichen 
Aussichtsbehörde, d. i. des Kultusministers bezw. des Oberpräsidenten 
(Verordn. vom 9. September 1876 GS. S. 395) und außerdem der 
kirchlichen Aufsichtsbehörde beim Erwerbe, der Veräußerung oder ding- 
lichen Belastung von Grundeigentum, sofern der Erwerb nicht durch 
Zwangsversteigerung nötig wird, bei Verwendung des kirchlichen Ver- 
mögens zu anderen als den bestimmungsmäßigen Zwecken, bei neuen 
  
 
	        
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