§ 147. Das gegenwärtige Verfassungsrecht der evangelischen Kirche 2c. 535
Kollegium die ihm von der Kirchenregierung gemachten Vorlagen zu
erledigen, er vertritt die nicht versammelte Generalsynode bei unauf-
schiebbaren kirchenregimentlichen Anordnungen, die sonst der Mitwirkung
der Generalsynode bedürfen. Mit dem Evangelischen Oberkirchenrat
wirkt der Vorstand zusammen bei der Feststellung der von der Kirchen-
regierung der Generalsynode vorzulegenden Gesetzentwürfe, bei den
dem Evangelischen Oberkirchenrat zustehenden Vorschlägen für die Be-
setzung der Generalsuperintendenturen, bei Vertretung der evangelischen
Landeskirche in ihren vermögensrechtlichen Angelegenheiten, in besonders
wichtigen Angelegenheiten der kirchlichen Zentralinstanz. Der General=
svnodalvorstand wird durch 18 von der Generalsynode zum Synodal-
rat gewählte Mitglieder ergänzt, welcher alljährlich in Berlin mit
dem Evangelischen Oberkirchenrat zur Beratung über die Aufgaben
der Landeskirche zusammentritt.
C. Organisation der Kirchengemeinden. Die Kirchenge-
meinden haben ihre Angelegenheiten innerhalb der gesetzlichen Grenzen
selbst zu verwalten. Als Organe dieser Selbstverwaltung dienen die
Gemeindekirchenräte 1) und die Gemeindevertretungen. Der
Gemeindekirchenrat besteht aus dem Gemeindegeistlichen als Vorsitzenden
und 4—12 von der Gemeinde gewählten Altesten. In Patronats-
gemeinden hat der Patron die Befugnis, ein Gemeindemitglied
zum Altesten zu ernennen, oder wenn er die zur Wählbarkeit erforder-
lichen Eigenschaften besitzt, selbst in den Gemeindekirchenrat einzu-
treten. Die ordentlichen Sitzungen des Gemeindekirchenrats finden all-
monatlich statt. Der Wirkungskreis besteht in der Unterstützung der
pfarramtlichen Tätigkeit zum religiösen und sittlichen Aufbau der
Gemeinde, in der Förderung der christlichen Gemeindetätigkeiten, Ver-
tretung der Gemeinde in ihren inneren und äußeren Angelegenheiten,
insbesondere hat er eine Mitwirkung bei der Kirchenzucht, für die
Erhaltung der äußeren gottesdienstlichen Ordnung zu sorgen und die
Heiligkeit des Sonntags zu befördern, die religiöse Erziehung der
Jugend zu beachten und die Interessen der Kirchengemeinde in bezug
auf die Schule zu vertreten, ihm liegt die Leitung der kirchlichen Ein-
richtungen für Arme usw. ob. Er hat die niederen Kirchenbeamten
zu ernennen und vertritt die Gemeinde in vermögensrechtlicher Beziehung
in streitigen wie nicht streitigen Rechtssachen und verwaltet das Kirchen-
vermögen. Zu jeder die Gemeinde verpflichtenden Willenserklärung
des Gemeindekirchenrats (z. B. Prozeßvollmacht, Kündigung usw.)
bedarf es der Unterschrift des Vorsitzenden oder seines Stellvertreters
und zweier Altesten, sowie der Beidrückung des Kirchensiegels. Für
1) Das Vertretungsorgan einer evangelischen Kirchengemeinde, der Ge-
meindekirchenrat, ist eine öffentliche Behörde. Auflassungen im Namen der
Kirchengemeinde können nur von sämtlichen Mitgliedern des Gemeindekirchenrats, also
in Kollektivvertretung abgegeben werden. Es kann jedoch in der Form des § 92
Abs. 2 der Kirchengemeinde= und Syn.-Ordn. einer oder mehreren Personen Auf-
lassungsvollmacht erteilt werden. In diesem Falle bedarf es eines Nachweises der
Legitimation der Unterzeichner dieser Vollmachtsurkunde nicht. Bgl. Ke. vom
1. Lbtober 1906 Rechtspr. der OLG. Bd. 5 S. 428, Bd. 7 S. 367 und Bd. 10