554 5. Buch. Die materielle Staatsverwaltung.
mögensangelegenheiten durch einen Kirchenvorstand und 1 eine Gemeinde-
vertretung zu besorgen sind. Dies gilt auch für Missionspfarrgemeinden,
und findet auch auf solche anderen Kirchengemeinden (Filial-, Kapellen-
u#sw. Gemeinden) Anwendung, für welche besonders bestimmte kirchliche
Vermögensstücke vorhanden sind, oder deren Gemeindegliedern besondere
Leistungen zur Bestreitung der kirchlichen Bedürfnisse dieser Gemeinden
obliegen. Durch diese Übertragung der sämtlichen parochialen Güter-
massen auf kollegialisch formierte Organe, die von den Gemeindemit-
gliedern gewählt, von den Kirchenoberen und vorgesetzten Staats-
behörden kontrolliert werden, hat sich allerdings der Staat, indem er
den landrechtlichen Grundsatz des Eigentums der Gemeinden am Kirchen-
vermögen festhielt und zeitgemäß gestaltete, in Gegensatz zu der Auf-
fassung der katholischen Kirche gestellt, welche ihrerseits den Stand-
punkt vertritt, daß dies Eigentum der Kirche als solcher gehöre und
daher der ausschließlichen Verfügung des Papstes unterstehe. Zunächst
legt das Gesetz den Begriff des kirchlichen Vermögens in dem hierher
gehörigen Sinne fest. Zu diesem gehören das für Kultusbedürfnisse
einschließlich des Kirchen= und Pfarrbaufonds, Besoldungsfonds für
Geistliche und andere Kirchendiener bestimmte Vermögen, das sonstige
kirchlichen, wohltätigen oder Schulzwecken gewidmete Vermögen, das
zu diesen Zwecken aus Sammlungen und Kollekten herstammende
Vermögen, endlich auch die zu denselben Zwecken errichteten und unter
die Verwaltung der kirchlichen Organe gestellten Stiftungen. Nicht
unter den Begriff des kirchlichen Vermögens fallen Begräbnisplätze
oder solche Vermögensstücke, welche kirchlichen Zwecken bestimmt und
unter dauernde Verwaltung des Staates oder der bürgerlichen Ge-
meinden und Kommunalverbände gestellt find (8 2).
Das Besteuerungsrecht der katholischen Kirchengemein-
den und Gesamtverbände (Ges. v. 14. Juli 1905 GS. S. 281).
Die katholischen Kirchengemeinden, ebenso wie die Gesamtverbände
sind berechtigt, zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse Steuern zu erheben.
Von dieser Befugnis ist nur Gebrauch zu machen, soweit die sonstigen
verfügbaren Einnahmen zur Befriedigung der Bedürfnisse nicht aus-
reichen, insbesondere soweit die erforderlichen Geldmittel und Leistungen
nicht nach bestehendem Rechte aus dem Kirchenvermögen entnommen
werden können oder vom Patron oder von sonst speziell Verpflichteten
gewährt werden. Die Steuerbeschlüsse der Kirchengemeinden bedürfen
der Genehmigung der bischöflichen und der staatlichen Aufsichtsbehörde
(6 1). Die Steuerpflicht wird durch den Wohnsitz aller Katholiken
der Kirchengemeinde begründet. Eine Befreiung von der Kirchensteuer
tritt ein für den Patron oder einen sonst speziell Verpflichteten, sofern
sie nach bestehendem Rechte für einzelne kirchliche Bedürfnisse nach
besonderen Grundsätzen beizutragen haben. Befreit sind ferner die,
welche gesetzliche Befreiungen von der Staatseinkommensteuer oder den
1) Der Vorstand einer katholischen Kirchengemeinde in Preußen ist eine Behörde
im Sinne des § 196 StGB. Als Verletzter im Sinne des § 61 St#. ist der
Vorstand als solcher anzusehen. RuE. Urt. vom 6. November 1906 im „Recht"“
XI. Jahrg. Nr. 14 S. 910.