§ 152. Das äußere Schulrecht. 571
Religionsunterricht genießen sollen, denn „solange die Eltern über den
ihren Kindern zu erteilenden Religionsunterricht einig sind, hat kein
dritter ein Recht, ihnen darin zu widersprechen“ (§& 78 II 2 ALR.).
Evangelische Eltern sind daher wohl besugt, ihre Kinder in katholische
Volksschulen zu schicken und am katholischen Religionsunterrichte teil-
nehmen zu lassen, wie umgekehrt katholische Eltern ihre Kinder in
evangelische Volksschulen senden und evangelisch unterrichten lassen
dürfen. Die Eltern können im Einverständnisse miteinander ihre
Kinder auch in einem anderen Glaubensbekenntnis als in dem des
Vaters und der Mutter erziehen, und zwar nicht bloß in Mischehen,
sondern auch dann, wenn beide Elternteile demselben Glaubensbekenntnis
angehören. (Johow, Jahrb. Bd. 28 S. A. 15)
Da der Wille des Vaters für die Frage, in welchem Glaubens-
bekenntnis das Kind erzogen werden soll, schlechthin maßgebend ist (Johow,
Jahrb. Bd. 22 S. A 231), so wird der Vater auch als berechtigt
angesehen, das Kind in einem Glaubensbekenntnis unterrichten zu lassen,
dem weder er noch die Mutter angehört, und zwar ohne Rücksicht
auf deren Willen, mithin auch nach ihrem Tode. (Vgl. Rescript vom
30. Juli 1804 in Nabes Samml. Bd. 8 S. 128; Bornemann,
System. 2. Ausg. Bd. 5 S. 281 zu 1; Koch, ALR. 8. Aufl. Anm.
13a zu § 82, Anm. 3 zu § 754 1I 2; Thudichum, Kirchenr. Bd. 1
§ 13 S. 621; Schmidt, Konfession der Kinder S. 135 2, 169; Kahl,
Konfession der Kinder S. 9“, 13°2 und Johow, Jahrb. Bd. 28 S.
A. 15). Die fortdauernde Geltung der vorstehend angeführten land-
rechtlichen Bestimmungen ist durch Art. 134 EG. z. BGB. unberührt
geblieben. Das im BGB. den Eltern und dem Vormunde zugewiesene
Exziehungsrecht findet eine Schranke in den Vorschristen der Landes-
gesetze, welche die religiöse Erziehung der Kinder regeln. Nur insoweit
die Landesgesetze keine solche Bestimmungen enthalten, kann die Ent-
scheidung desjenigen in Betracht kommen, welchem das BGB. die all-
gemeinen Erziehungsrechte zugesprochen hat. (KG. Beschluß vom 16. Juni
1902 in Johow, Jahrb. Bd. 25 S. A. 21.) Ist der Vater verstorben,
ohne die Kinder das ganze letzte Jahr vor seinem Tode in dem „Glaubens-
bekenntnisse des anderen Ehegatten unterrichten zu lassen“, so steht der
Mutter das Wahlrecht nicht zu, sondern es muß der Unterricht in dem
Glaubensbekenntnisse des Vaters fortgesetzt werden. Für solche (evangelische
oder katholische) Kinder ist also der evangelische bezw. der katholische Reli-
gionsunterricht, je nach dem Glaubensbekenntnisse des Vaters, ein obli-
gatorischer Unterrichtsgegenstand, dessen schuldhafte Versäumung wie die
jedes anderen obligatorischen Unterrichtsgegenstandes die Schulversäum-
nisstrafen nach sich zieht. (Vgl. KG. Urteil vom 29. April 1901 in
Johow, Jahrb. Bd. 22 S. C. 71 ff.). Ein Dissident ist nach dem Erlaß
vom 16. Januar 1892 (Zentralbl. S. 435) und vom 6. Januar 1893
(das. S. 662) verpflichtet, sein Kind an dem Religionsunterricht der
öffentlichen Volksschule teilnehmen zu lassen, sofern nicht sonst nach
behördlichem Ermessen für ihn ausreichend gesorgt ist. Bezüglich der
religiösen Erziehung von Kindern aus Mischehen sind die ursprüng-
lichen Bestimmungen des ALR (II 2 §§ 76—78 und 80—829) durch die