§ 153. Schulzucht. 575
Vorschrift wiederholt, sodann aber nur diejenigen Züchtigungen, welche
in den der Schulzucht gesetzten Schranken verbleiben, gegen die Lehrer
nicht als strafbare Mißhandlungen oder Injurien ansieht (Nr. 5),
jedoch wenn das Maß der Züchtigung ohne wirkliche Verletzung des
Kindes überschritten wird, die Ahndung von der dem Schulwesen vor-
gesetzten Provinzialbehörde an dem Lehrer vorschreibt (Nr. 6). Wenn
dagegen dem Kinde durch den Mißbrauch des Züchtigungsrechts eine
wirkliche Verletzung zugefügt wird, so soll der Lehrer nach den be-
stehenden Gesetzen im gerichtlichen Wege bestraft werden. In Verfolg
dieser Vorschriften ist das Züchtigungsrecht der Lehrer in 8 10 der
Schulordnung für die Elementarschulen der Provinz Preußen vom
11. Dezember 1845 (GS. 1846 S. 1) dahin begrenzt, daß es das
Maß einer mäßigen elterlichen Zucht ((Preußisches ALR. II, 2 § 86)
nicht überschreiten soll. Wo der Lehrer mittels derselben die Schul-
disziplin nicht zu erhalten vermag, hat er dem Pfarrer Anzeige zu
machen, welcher allein oder in schwierigen Fällen in Gemeinschaft mit
dem Schulvorstande die nötigen Maßregeln trifft.
Nach vorstehendem gilt im allgemeinen als Schranke des Züchtigungs-
rechts des Lehrers jede Fernhaltung der Schädigung bezw. Gefährdung
der Gesundheit des Kindes. Die Allerhöchste KO. von 1825 bezeichnet
nicht schon jede Züchtigung, welche der Gesundheit unschädlich ist, als
eine berechtigte, sondern sie kennt auch innerhalb dieser Grenzen
Züchtigungen, welche das Maß überschreiten und die disziplinarisch zu
ahnden und daher unberechtigt sind. Es kommt ferner in Betracht, daß
das Züchtigungsrecht des Lehrers lediglich eine aus seinem Amte ent-
springende Befugnis ist. Die Grenzen seiner Amtsbefugnisse bilden
demnach auch die Grenzen seines Züchtigungsrechts. Deshalb erstreckt
sich dasselbe nicht soweit, daß er berechtigt wäre, innerhalb der
Grenzen der elterlichen Zucht alle ihm anvertrauten Kinder zu züch-
tigen. Die Züchtigung setzt immer ein Verschulden voraus. Ein
Verschulden liegt aber nicht vor, wenn es sich um die Nichterfüllung
eines die amtlichen Befugnisse des Lehrers überschreitenden Verlangens
handelt (OVG. E. vom 18. Februar 1888 Bd. 16 S. 408 (409!)
in v. Kamptz Bd. 2 S. 671 /6721). Ein Beispiel für vorstehendes
bildet die Züchtigung eines Schulkindes, weil dieses dem Auftrage
des Lehrers, zu läuten, nicht nachgekommen ist, sofern in der Vokation
dem Lehrer zur Pflicht gemacht ist, daß er zum Läuten der Schul-
kinder sich nicht bedienen dürfe.
Da die Schulzucht auch das Erziehungerecht in sich schließt, so hat
der Lehrer vermöge dessen die Pflicht, über das sittliche Verhalten
der Schulkinder auch außer der Schulzeit und dem Schulzimmer zu
wachen. Wenn daher ein Schüler seinen Lehrer auf der Straße nicht
grüßt, so kann der Lehrer, da die Schulkinder die sittliche Pflicht
haben, dem Lehrer auch äußerlich ihre Achtung zu bezeigen, selbst auf
der Straße den Schüler auf das Ungehörige seines nessmene auf-
merksam machen und für die Unterlassung des Grußes strafen (OVG.
l vom 26. Norember 1887 Bd. 15 S. 453 in v. Kamptz Bd. 2
. 672—73).