Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

§ 156. Die versch. Schularten. § 157. Die Unterhaltung d. Volksschule. 581 
Grenzen aber steht den Regierungen und in höherer Instanz dem 
Unterrichtsminister vermöge der ihnen gesetzlich übertragenen Leitung 
und Beaussichtigung des gesamten Elementarschulwesens die Befugnis 
zu, die erforderlich erscheinenden Anordnungen zu treffen (§ 9 II 12 
ALsR. V. vom 27. Oktober 1810 (GS. S. 31, V. vom 3. November 
1817 [GS. S. 2881, Reg. Instr. vom 23. Oktober 1817, Kab. O. 
vom 31. Dezember 1825 [GS. 1826 S. 61, Art. 23 Vu. und § 1 
des Ges. vom 11. März 1872 [GS. S. 181l). Insbesondere sind 
nach § 18 Abs. 4 der Reg. Instr. vom 23. Oktober 1817 die 
Regierungen auch ermächtigt, mit Genehmigung des Ministers neue 
Lehr= und Schulpläne einzuführen oder die bestehenden zu verändern. 
Für Einrichtung, Aufgabe und Ziel der preußischen Volksschule ist 
jetzt maßgebend die allgemeine Verfügung des Unterrichtsministers vom 
15. Oktober 1872 (Mhl. S. 273). 
Die dem Landrecht bekannten Schularten haben im Laufe der Zeit 
eine erhebliche Vermehrung erfahren. 
Nach Absolvierung der Volksschule find jetzt ergänzend die Fort- 
bildungsschulen (ländliche und gewerbliche) und Sonntagsschulen ein- 
gerichtet worden. Zu dem Besuche der gewerblichen Fortbildungsschulen 
können auf Grund statutarischer Bestimmung der Gemeinde männliche 
Arbeiter unter 18 Jahren für verpflichtet erklärt werden. 
In den Städten sind als Mittelstufen zwischen den niederen und ge- 
lehrten Schulen die aus mindestens fünf Klassen bestehenden Mittelschulen 
(sog. Bürger-, Rektor-, höhere Knaben= oder Stadtschulen) ins Leben ge- 
rufen worden, daneben für Mädchen noch besondere Mädchen-Mittelschulen 
und höhere Töchterschulen, letztere mit sieben und mehr aufsteigenden 
Klassen und zwei fremden Sprachen (Französisch, Englisch). Außerdem 
finden sich für die verschiedensten Handels= und industriellen Gewerbe 
Fachschulen (z. B. Baugewerkschulen, Gewerbliche Fachschulen für Metall- 
industrie, Weberei, Töpferei, Ziegler, Kunsttischlerei und Holzschnitzerei, 
Handwerker= und Kunstgewerbeschulen). Diese Schulen sind meistens 
Gemeindeanstalten mit staatlichen Zuschüssen. 
Zu den höheren Lehranstalten gehören außer den humanistischen 
Gymnasien die mit diesen im wesentlichen gleichberechtigten Real- 
gymnasien und Oberrealschulen, ferner noch die minderberechtigten sechs- 
klassigen Progymnasien, Realprogymnasien und Realschulen. Zur 
Heran= und Ausbildung von Lehrerinnen dienen jetzt Lehrerinnen- 
cunare zum Teil königlich, zum teil anschließend an höhere Töchter- 
ulen. 
Neben den Universitäten sind in neuerer Zeit Hochschulen für technische, 
künstlerische, gewerbliche, landwirtschaftliche Zwecke, wie Bauakademien, 
technische, landwirtschaftliche Hochschulen, Kunstakademien, Hochschulen 
für Musik, neuestens auch Handelshochschulen als kommunale Unter- 
nehmungen gegründet worden. 
8157. Die Unterhaltung der Volksschule. 
Die Verpflichtung zur Errichtung und Unterhaltung von Unterrichts- 
anstalten d. h. gemeinen bezw. Elementar= und Volksschulen weist das 
 
	        
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