Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

582 5. Buch. Die materielle Staatsverwaltung. 
preußische ALR. in Ermangelung von vorhandenen Stiftungen für 
derartige Zwecke regelmäßig den zur Schule gehörigen Hausvätern 
mit Ausnahme des Gutsherrn des Schulorts zu, der sog. Schul- 
sozietät. Zu den Hausvätern zählen die am Orte wohnhaften, an- 
gesessenen, nicht angesessenen, verheirateten, nicht verheirateten Personen, 
welche aus eignen Mitteln allein oder gemeinschaftlich mit anderen 
einen Hausstand unterhalten. Daher sind Geistliche und Lehrer zu 
Schulbeiträgen verpflichtet, ebenso wie Gesellen und Dienstboten, welche 
aus ihrem eigenen Erwerbe ihren Unterhalt gewinnen (OVG. Bd. 2, 
S. 199; 3, 138; 7, 227; 9, 123 sv. Kamptz Bd. 2 S. 729, 9221). 
Nach § 187 der Reg. Instr. vom 23. Oktober 1817 ist den Regierungen 
ausdrücklich die Befugnis erteilt, Schulsozietäten einzurichten. Die 
Regierung kann hiernach die Hausväter eines bestimmten Bezirks zu 
einer Sozietät vereinigen und, wenn sie dies tut und die Schule mit 
einem Vorstande versieht, so steht dem zur Unterhaltung der Schule 
verpflichteten Verbande die Eigenschaft einer Korporation zu, deren 
Vorstand die Schule, das Schulinstitut, nach außen zu vertreten hat 
(Plenarbeschl. des OTr. vom 20. Juni 1853 BVd. 25 S. 301ff.). 
Im Geltungsbereiche des ALR. ist die Befugnis der Aufsichtsbehörde, 
„Schulsozietäten einzurichten oder zu verteilen“, nur auf die Zuweisung 
von Hausvätern aus gewissen Distrikten, nicht auf die von Land- 
gemeinden oder Gutsherrschaften erstreckt; beide können nur durch be- 
sondere Ortsverfassung (praeter legem) Mitglieder des Schulverbandes. 
oder diesem — vom „Gutsherrn des Schulortes“ abgesehen — bei- 
tragspflichtig werden. Wenn in einer Sozietät nach deren Orts- 
versafung an Stelle der Hausväter Landgemeinden und Gutsherrschaften 
die Schullast ganz oder teilweise tragen, die Hintersassen eines anderen 
Gutsherrn neu eingeschult werden, so werden diese als solche nicht 
Mitglieder der Sozietät, deren Verfassung nicht unterworfen und daher 
auch durch die Einschulung allein nicht beitragspflichtig. Wenn aus 
einer Sozietät mit gleicher Verfassung einzelne Einwohner einer Land- 
gemeinde ausgeschult und zu einer neuen Schule, welche die Anstalt 
nicht jenes, sondern eines anderen Schulverbandes ist, zugewiesen 
werden, so wird diese Landgemeinde durch jene Sozietätsverfassung nicht 
an Stelle der ausgeschulten Hausväter dem anderen (neuen) Schul- 
verbande beitragspflichtig (OV G. E. vom 17. Januar 1894 Bd. 26 
S. 160 [162] in v. Kamptz Bd. 2 S. 613). 
Was die Verteilung der Lasten im einzelnen anlangt, so tragen die 
Hausväter die sächlichen und persönlichen Ausgaben der Schulunter- 
haltung, mögen sie zur Befriedigung älterer oder neu entstehender 
Unterrichtsbedürfnisse erfordert werden. Die Pflicht der Hausväter ist 
jedoch durch § 30 I1 12 ALR. dahin eingeschränkt, daß, wenn in dem- 
selben Bezirke mehrere Schulen für die Einwohner verschiedenen 
Glaubens bestehen, jeder nur zur Unterhaltung der Schule seines 
Glaubens beizutragen hat. Daher kann eine Sozietät, zu welcher 
Hausväter verschiedener Konfession gehören, und welche eine Konfessions- 
schule unterhält, nicht verpflichtet werden, neben dieser noch eine zweite 
für die andere Konfession zu errichten; wird eine solche von der 
  
 
	        
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