Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

§ 163. Die Universitäten. 607 
Last gelegte Pflichtverletzung zu verantworten. Die Verhängung der 
Ordnungsstrafe erfolgt unter Angabe der Gründe durch schriftliche 
Verfügung. Gegen die Verhängung einer Ordnungsstrafe durch die 
Fakultät findet binnen einer mit der Zustellung dieser Verfügung 
beginnenden Frist von zwei Wochen Beschwerde an den Unterrichts- 
minister statt (§ 4). Der Entziehung der Eigenschaft als Privat- 
dozent muß ein förmliches Disziplinarverfahren vorangehen. Zur 
Einleitung desselben ist außer dem Unterrichtsminister die Fakultät 
befugt, bei welcher der Privatdozent habilitiert ist. Vor Einleitung 
des Verfahrens durch den Unterrichtsminister ist der Fakultät Gelegen- 
heit zu einer gutachtlichen Außerung zu geben. Untersuchungskommissar 
ist der Universitätsrichter; der Beamte der Staatsanwaltschaft wird 
durch den Unterrichtsminister ernannt (§ 4). Die entscheidende 
Disziplinarbehörde erster Instanz ist die Fakultät, bei welcher der 
Privatdozent habilitiert ist. In dieser Eigenschaft ist die Fakultät 
als Provinzialbehörde im Sinne des Gesetzes vom 21. Juli 1852 an- 
zusehen. Für ihre Zusammensetzung sind dieselben Bestimmungen maß- 
gebend, welche sonst für die Geschäftsführung der Fakultät gelten (§ 6). 
Die im letzten Absatze des § 45 des Gesetzes vom 21. Juli 1852 
vorgesehene mündliche Verhandlung muß stattfinden, sofern der An- 
geschuldigte darauf anträgt. In derselben ist ein von dem akademischen 
Senat zu bezeichnendes Mitglied der Universität zu hören. Dem An- 
geschuldigten steht es frei, sich bei der mündlichen Verhandlung des 
Beistandes eines Rechtsanwalts zu bedienen (§ 7). Es bleibt könig- 
licher Verordnung vorbehalten, die Bestimmungen dieses Gesetzes auch 
auf Privatdozenten an technischen und sonstigen Hochschulen in einer 
der Verfassung dieser Anstalten entsprechenden Weise auszudehnen (8 8). 
Die Universitätslehrer unterliegen nicht der unfreiwilligen Versetzung 
und Pensionierung (Ges. vom 21. Juli 1852 § 96 und Ges. vom 
27. März 1872 wegen der Pensionierung). 
Die gegenwärtige Selbstverwaltung der Universität erstreckt sich auf 
die von ihr zu vollziehenden Wahlen des Rektors der Universität, des 
akademischen Senats und innerhalb der Fakultäten des Dekans. Ferner 
gehört zur Selbstverwaltung die Feststellung gemeinsamer Einrichtungen 
bezüglich des Unterrichts und der Lehrmittel, Handhabung der Disziplin 
über die Studierenden, Verleihung der akademischen Grade, Vorschläge 
für Besetzung der Professuren, Zulassung der Privatdozenten und Hand- 
habung der Disziplinargerichtsbarkeit über sie (siehe oben). 
Gegenwärtig gibt es in Preußen neun Universitäten: Albertus 
Universität in Königsberg (gegründet 1544), Friedrich Wilhelms-Uni- 
versität in Berlin (gegründet 1810), Universität in Greifswald (1456), 
Universität in Breslau (1702 als Leopoldina gestiftet und 1817 mit 
der 1506 in Frankfurt a. O. gegründeten vereinigt), Friedrichsuniversität 
in Halle (1694 gegründet und 1817 mit der 1502 in Wittenberg 
gestifteten vereinigt), Christian Albrecht-Universität in Kiel (gegründet 
1665), Georg August-Universität in Göttingen (gegründet 1737), 
rheinische Friedrich Wilhelms-Universität in Bonn (hegründet 1818), 
Universität in Münster (ohne evangelisch-theologische und medizinische 
  
 
	        
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