Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

§ 166. Pfandleihgewerbe. 623 
Abgesehen von dem Recht des Pfandleihers auf die Verzinsung 
der gewährten Darlehnsbeträge hat er die Befugnis, das Pfand zum 
Zwecke der Befriedigung wegen seiner Forderung an Kapital und 
Zinsen nach eingetretener Fälligkeit des Darlehns zu verkaufen (8 9 
des Pfandleihegesetzes). Der Verkauf des Pfandes ist im Wege 
der öffentlichen Versteigerung zu bewirken. Der Pfandleiher kann 
bei der Versteigerung mitbieten. Erzielt er den Zuschlag, so ist der 
Kaufpreis als von ihm empfangen anzusehen (preußisches AG. z. BG. 
Art. 41). Die zur öffentlichen Versteigerung befugten Personen 
sind im § 383 Abs. 3 BGB. angefühtmt. Danach kann versteigern 
der für den Versteigerungsort bestellte Gerichtsvollzieher oder der zur 
Versteigerung besugte andere Beamte oder der öffentliche Versteigerer. 
Personen dieser Art sind im § 36 der RGewO. erwähnt. Hat das 
Pfand einen Börsen= oder Marktpreis, so kann der Pfandleiher den 
Verkauf aus freier Hand durch einen zu solchen Verkäufen ermächtigten 
Handelsmakler oder durch eine zur öffentlichen Versteigerung befugte 
Person zum laufenden Preise bewirken (§ 104, eingefügt durch Art. 41 
preußisches AG. z. BGB., entsprechend S 1221 BGB.). Gold= und 
Silberwaren dürfen nicht unter dem Gold= oder Silberwerte zu- 
geschlagen werden. Wird ein genügendes Gebot nicht abgegeben, so 
kann der Verkauf durch eine zur öffentlichen Versteigerung befugte 
Person aus freier Hand zu einem den Gold= und Silberwert erreichenden 
Preise erfolgen (§ 10b, eingefügt durch Art. 41 preußisches AG. z. 
Be#B., entsprechend dem § 1240 BGB.). Die Versteigerung muß 
in der Gemeinde, in welcher das Pfandleihgewerbe zur Zeit des 
Geschäftsabschlusses betrieben worden ist, erfolgen. Sie darf nicht 
früher als vier Wochen nach eingetretener Fälligkeit des Darlehns 
ausgeführt werden (§ 11 des Pfandleiheges.). Ort und Zeit der 
Versteigerung sind unter allgemeiner Bezeichnung der zu versteigernden 
Sachen in einem von der Ortspolizeibehörde für solche Bekannt- 
machungen zu bestimmenden Blatte bekannt zu machen. In der 
Bekanntmachung ist zugleich der Name des Pfandleihers und die 
laufende Nummer des Pfandbuchs anzugeben. Die Bekanntmachung 
muß wenigstens zwei Wochen und höchstens vier Wochen vor dem 
Tage der Versteigerung und darf frühestens am Tage nach der ein- 
getretenen Fälligkeit des Darlehns erfolgen (§ 12 des Pfandleiheges.). 
Sind mehrere Gegenstände durch dasselbe Geschäft zum Pfande bestellt, 
so ist der Verpfänder berechtigt, die Reihenfolge zu bestimmen, in welcher 
dieselben zum Verkaufe auszustellen sind. Der Verkauf ist einzustellen, 
sobald ein Betrag erlöst ist, welcher hinreicht, die Forderung des Pfand- 
leihers an Kapital, Zinsen und Kosten zu decken (§ 13 des Pfand- 
leihegesetzes). Das Pfand haftet auch für die Kosten des Verkaufs. 
Von den gemeinschaftlichen Kosten mehrerer Verkäufe sind diejenigen 
der Bekanntmachung nach der Zahl der Pfandnummern, die der Ver- 
steigerung nach Verhältnis des Erlöses zu verteilen (§ 14 Pfand- 
leiheges.). Der Pfandleiher hat unverzüglich nach erfolgtem Verkaufe 
des Pfandes den für den Verpfänder nach Abzug der Pfandschuld 
und der Kosten des Pfandverkaufs etwa verbleibenden Uberschuß des
	        
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