A. Vergleichende Darstellung des Verwaltungsstreitverfahrens. 639
der Klage den Antrag auf mündliche Verhandlung geben, erfolgt auf den Antrag
ohne weiteres die Vorladung der Parteien zur mündlichen Verhandlung (§ 69
Abs. 1 LVG.). Von Amts wegen ist ebenso wie im Zioilprozeß das Recht zur
Klageerhebung, die Aktiolegitimation eines oder mehrerer Kläger, desgleichen die
Prozeßfähigkeit einer Partei und deren gesetzliche Vertretung zu prüfen (O# . E.
im PVl. 16, 247 und v. Kampt 4 S. 1238 ff.). Die zivilprozessualen Grundsätze
von der Vertretung der Streitgenossen durch einen von ihnen bei notwendiger
Streitgenossenschaft sind auch für das Verwaltungsstreitverfahren analog anzuwenden
(OV. E. vom 30. März 1883 Bd. 9 S. 300 in v. Kamptz 4 S. 1242).
Um innerhalb der Grenzen des Rechtsstreits eine erschöpfende Klarstellung des
gesamten Streitstoffes zu ermöglichen, kennt das Verwaltungsstreitverfahren im
Gegensatz zur Z##. eine auf Antrag oder von Amts wegen erfolgende Bei-
ladung dritter, deren Interesse (rechtliches) durch die zu erlassende Entscheidung
berührt wird. Die materielle Wirkung dieser Beiladung besteht darin, daß die
Entscheidung den Beigeladenen gegenüber gültig ist (§ 70 LVG). Die Beiladung
hängt lediglich von dem Ermessen des erkennenden Gerichts ab), und die Unter-
lassung derselben stellt daher niemals einen wesentlichen Mangel dar. Dieselbe hat
nur die Folge, daß die Entscheidung den Nichtbeigeladenen gegenüber keine Geltung
erlangt (OVG. E. vom 19. Juni 1878 Bd. 4 S. 173 und v. Kamptz Rd. 4
S. 1253). Obwohl das Urteil gegen den Beigeladenen gilt, ist er nicht Partei.
Er kann infolgedessen auch nicht verurteilt werden. Wohl kann er seinerseits und
selbständig gegen die ergangene Entscheidung ein Rechtsmittel einlegen; „nur bleibt
es in Ansehung der Sachlegitimation eine unerläßliche Vorbedingung, daß der Be-
schwerdeführer durch die getroffene Entscheidung in seinen eigenen, seiner Ver-
fügung unterliegenden Rechten verletzt zu sein behauptet, und sodann in Ansehung
des Verfahrens, daß dabei solche Rechte in Frage kommen, welche im Verwaltungs-
streitverfahren und vor den Verwaltungsgerichten Schutz finden. Fehlt es an einer
dieser Voraussetzungen, so muß das von dem Beigeladenen eingelegte Rechtsmittel,
der formellen Zulässigkeit ungeachtet, zurückgewiesen werden“ (OVG. E. vom
19. Juni 1879 E. Bd. 5 S. 463 ff. in v. Kamptz 4, S. 1254, v. Brauchitsch J
Anm. 123 zu § 70, Friedrichs S. 407 f.). Das Institut der Nebenintervention ist
dem Verwaltungsstreitverfahren als selbständiges Institut unbekannt und wird durch
die in diesem Verfahren zugelassene Beiladung ersetzt (OVG. E. Bd. 11 S. 141).
Trotzdem hat das OVG. angenommen, daß, wenn ein dritter, der bei analoger
Sach= und Rechtslage im Zivilprozeß als Nebenintervenient gemäß § 66 ZPO. mit
der Wirkung, daß er als Streitgenosse der Hauptpartei zu gelten hat, eintreten
kann, auch im Verwaltungsstreitverfahren zum Eintreten in einen zwischen anderen
Personen anhängigen Verwaltungsstreit aus eigenem Recht wenigstens dann befugt
ist, wenn er in letzterem Verfahren von vornherein als Partei hätte zugezogen
werden sollen (O## G. E. Bd. 28 S. 417 ff. v. Kamptz 4 S. 1263 ff.). Das Institut
der Nebenklagen kennt das Verwaltungsstreitverfahren nicht (OVG. E. vom
15. Dezember 1903 PVBl. XXV. 782 in v. Kamptz Erg. Bd. 3 S. 576).
B. Hescheide.
Als eine Ausnahme von dem grundsätzlich anerkannten Prinzip der Offentlichkeit
und Mündlichkeit ist das sogen. Bescheidsverfahren anzusehen. Dieses abge-
G Verfahren ist nur vorgesehen für offensichtlich unbegründete oder begründete
Ansprüche. «
Ein derartiges Bescheidsverfahren erschien nach der Begründung zur Novelle
vom 2. August 1880 notwendig, um in den sehr häufigen Fällen besonders bei
Forderungen der Armenverbände eine unbestrittene und liquide Forderung zur
Feststellung und Vollstreckung zu bringen. Für folgende Fälle ist ein Bescheids-
verfahren vorgesehen:
1) Von der Befugnis der Beiladung wird insbesondere dann Gebrauch zu machen
sein, wo eine durch den Antrag einer Privatperson hervorgerufene Verfügung einer
öffentlichen Behörde von demjenigen, gegen den sie gerichtet ist, angefochten wird
(OVG. E. vom 17. Januar 1885 B-Bd. 11 S. 190/192. Zirkular-Verf. vom
296. September 1876).