46 2. Buch. Die Organe der Staats= und staatlichen Selbstverwaltung.
Ersteren liegt die Vornahme von Zustellungen, Ladungen, Voll-
streckungen ob 1), sie sind zur Aufnahme von Wechselprotesten befugt,
ebenso zur Vornahme von freiwilligen Versteigerungen, Siegelungen
und Inventuren. ") Sie erheben für ihre Tätigkeit Gebühren 2), von
denen ein Teil ihnen zugute kommt. Im übrigen werden sie auf
Lebenszeit angestellt und beziehen ein festes, mit den Dienstjahren auf-
steigendes Gehalt.
Den Gerichtsdienern liegen lediglich mechanische Dienstverrichtungen
ob, wie Aufruf der Termine und Zeugen, Aktenbesorgung, persönliche
Bedienung der Gerichtspersonen 2c.
Von den Justizbeamten sind wohl zu unterscheiden gewisse Personen,
die bei Ausübung der Rechtspflege und Zwecks Aufrechterhaltung der
Rechtsordnung tätig sind.
à) In erster Linie sind hier zu nennen die Rechtsanwälte.
Sie sind die vom Gesetz vorgesehenen Vertreter und Beistände des
rechtsuchenden Publikums bezw. Verteidiger der Beschuldigten bezw.
Angeklagten vor Gericht.
Jeder, der die Fähigkeit zum Richteramt erlangt hat, ist befugt,
bei jedem Gerichte mit Ausnahme des Reichsgerichts, bezüglich dessen
besondere Bestimmungen gelten, an dem Orte seiner Wahl seine
Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nachzusuchen. Die Zulassung kann
ihm nur aus gewissen gesetzlich bestimmten Gründen versagt werden.")
ierin liegt das insoweit zur Anerkennung gelangte Prinzip der freien
vokatur. Andererseits besteht allerdings Lokalisierung der Anwalt-
schaft nebst Anwaltszwang. Jeder Anwalt kann mit Ausschluß des
Amtsgerichts nur bei einem Gericht höherer Ordnung (also vom
Landgericht aufwärts) als Rechtsanwalt zugelassen werden.") Dafür
1) SB#O. § 166 u. § 758; StꝑD. § 87.
„) G. 8§§ 155, 156; AG. 88§ 73, 74 (erg. Ges. v. 21. September 1899
LGS. S. 249] Art. 1801 u. IX, 38, 76). — Gerichtsvollzieherordn. v. 81. März
1900 (ImBl. S. 345) nebst Verf. v. 81. März 1900 (das. S. 385), 16. Dezember
1901 (das. S. 302), v. 6. Januar. u. 16. Februar 1903 (das. S. 8 u. 16); Gesch.
Anw. v. 1. Dezember 1899 (das. S. 629 u. Berichtigung S. 789), erg. 17. Februar
1900 (das. S. 59) u. 27. August 1902 (das. S. 226). Vornahme freiw. Verst.
Tn “ss 1881 (MBl. S. 247, Im Bl. S. 212) u. 2. Dezember 1895
. S. 417).
2) Geb. Ordn. neu veröffentl. 1808 RGBIl. S. 688; preuß. G. v. 27. September
1899 2. Absch. neu veröffentl. 1899 GS. S. 385; Geb. f. Wechselproteste Ges. v.
25. Juni 1895 (GS. S. 203) 8§ 50, 130; sonstige Gebühren Verf. v. 8. Dezember
1899 (JmM l. S. 721).
4) R#. 88 1—25, 104, 107— 110, 112—114. V. v. 25. Juni 1879 (GS.
S. 387) und Ausf. Verf. v. 28. Juni 1879 (JIMl. S. 151). — Zulassung beim
Reichsgericht RA„O. 88 968—101.
*) Eine Ausnahme bilden die Landgerichte I, II, III (III mit Sitz in
Charlottenburg) Berlin, bei denen infolge des Gesetzes vom 16. September 1899,
betrefsend die Gerichtsorganisation für Berlin und Umgebung (GS. S. 891),
gestattet wurde, daß die bei den Berliner Gerichten einschließlich bei dem Amts-
gericht in Charlottenburg zugelassenen Anwälte auf ihren bis zu einem bestimmten
Zeitpunkte vor dem 1. Juni 1906 gestellten Antrag ihre Simultanzulassung bei
allen drei Landgerichten erlangen konnten. Von diesem Rechte haben die meisten
Berliner Anwälte Gebrauch gemacht.