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vom 10. November 1881 Pl. III. 101 in v. Kamptz Bd. 4 S. 1334). Ein
Zugeständnis der Partei kann nur tatsächliche Verhältnisse zum Gegenstande haben, aber
nicht Rechtsfragen, von deren Beurteilung die zu entscheidende Frage abhängig
ist (O##G. E. vom 6. Oktober 1899 in PVBl. 21, 255).
Was die Beweiswürdigung anlangt, so hat das Gericht nach seiner
freien, aus dem ganzen Inbegriff der Verhandlungen und Beweise geschöpften Aber-
zeugung zu entscheiden (§ 79 S. 1 LVG.). Es ist das Gericht daher nicht
verpflichtet, einen von der Partei angetretenen Beweis zu erheben, wenn es den-
selben aus materiellen Gründen für einflußlos auf die Entscheidung erachtet (O# G.
E. vom 14. September 1878 Bd. 4 S. 379 1384] in v. Kamptz Bd. 4 S. 1314).
Der freien richterlichen Beweiswürdigung unterliegt auch das außergerichtliche
Geständnis. Als zugestanden dürfen nur solche Behauptungen angesehen
werden, über welche sich der Gegner erklären konnte (§ 79 LVG. O#G. E. vom
26. September 1895 PVBl. 17, 225 in v. Kamptz Bd. 4 S. 1334). Der Grund-
satz des § 290 Z3 PO., daß der Widerruf eines gerichtlichen Geständnisses nur
dann Einfluß hat, wenn es erweislich der Wahrheit nicht entspricht und durch einen
Irrtum veranlaßt ist, läßt sich weder ohne weiteres auf außergerichtliche Geständ-
nisse übertragen, noch im Verwaltungsstreitverfahren sinngemäß anwenden, da für
letzteres auch in dieser Beziehung der Grundsatz freier Beweiswürdigung gilt (O##.
E. vom 7. Januar 1902 Bd. 41 S. 387 in v. Kamptz Erg. Bd. 2 S. 596). Der
Widerruf des in der Klage abgegebenen Zugeständnisses ist in der Berufungsinstanz
ohne nähere Begründung zulässig, da die Berichtigung der tatsächlichen Anführungen
nach § 71 in Verbindung mit § 92 in der Berufungsinstanz schlechthin gestattet
ist. Auch an ein Anerkenntnis ist der Verwaltungsrichter nicht unbedingt gebunden,
die Bestimmungen der Z PO. (§ 307) finden nicht ohne weiteres Anwendung. Durch
das Anerkenntnis, welches sich nur auf den von der Gegenpartei erhobenen An-
spruch beziehen kann, kann zwar ein konkreter Anspruch, aber nicht das objektive
Recht festgestellt werden (OG. E. vom 5. Oktober 1897 PVl. 19, 288). Im
Verwaltungsstreitverfahren kann durch das Anerkenntnis der Parteien nicht, wie im
Zivilprozeß, eine richterliche Nachprüsung der Richtigkeit und Begründung erübrigt
werden. Der Verwaltungsrichter kann zwar anerkannte Tatsachen und Ansprüche
seiner Entscheidung zugrunde legen, aber nur wenn er sich von deren Richtigkeit und
Begründung überzeugt hat (vgl. v. Brauchitsch Bd. 1 Anm. 141 zu § 79 S. 168).
Der Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung gestatlet auch dem Ver-
waltungsrichter, bestrittene Tatsachen auf Grund glaubwürdiger Erklärungen einer
Partei als richtig festzustellen.
Bezüglich der Beweislast im Verwaltungsstreitverfahren ist nach der Recht-
sprechung des Oberverwaltungsgerichts davon auszugehen, daß von einer Beweis-
laft in eben demselben Sinne wie im Zivilprozesse keine Rede sein kann. Denn
während vor dem ordentlichen Richter die Parteien über Verhältnisse des Privat-
rechts, welche ihrer unbeschränkten Verfügung unterliegen, in einem von der Ver-
handlungsmaxime — auch bezüglich der Beweiserhebung — beherrschten Verfahren
verhandeln, beruht das Verwaltungsstreitverfahren — entsprechend seiner Be-
stimmung, — öffentliche und darum der Privatwillkür zum Teil entzogene Rechts-
verhältnisse zu regeln, auf der Untersuchungsmaxime. Schließt dies auch
nicht aus, daß der Richter im Verwaltungsstreitverfahren den Nachweis von der-
jenigen Partei verlangt, welche eine erhebliche Behauptung vorbringt und an deren
Feststellung ein rechtlich geschütztes Interesse hat, so bleibt doch die Ermittlung der
objektiven Wahrheit in erster Linie die Aufgabe des Richters selbst, dem zu diesem
Zwecke die Befugnis beigelegt ist, nicht bloß den angetretenen, sondern auch den
nach seinem Ermessen erforderlichen Beweis zu erheben. Die Frage nach der Be-
weislast kann daher im Verwaltungsstreitverfahren immer erst dann, wenn das
gesamte erreichbare Beweismaterial erschöpft ist, hierbei aber ausreichende
Grundlagen für eine tatsächliche Feststellung nicht gewonnen sind, aufgeworfen
werden Hes. E. vom 14. Januar 1891 PVBl. 12 S. 348 in v. Kamptz Bd. 4
S. 1315 f.).
E. Arteil.
Die Beratung der Entscheidungen erfolgt in nicht öffentlicher Sitzung. Die
Leitung der Beratungen steht dem Vorsitzenden zu. Meinungsverschiedenheiten über