Nachträge und Berichtigungen. 677
Reichsverfassung die dieselbe Materie regelnden Landesgesetze aufgehoben hat, so
hat doch, wie das O##G. in seinem Urteil vom 1. März 1895, Entsch. Bd. 28
S. 3 in v. Kamptz BVd. 4 S. 808), zutreffend ausgeführt hat, das Reichsgesetz
mehrfache Funktionen nicht den Gerichten, Impfärzten, Arzten, Schulvorstehern usw.
übertragen, sondern lediglich der „zuständigen Behörde“ zugewiesen (88 3, 4, 7,
8, 13) und überhaupt die Bundesstaaten zum Erlaß von Ausführungsbestimmungen
ermächtigt (§ 18 Abs. 2); es hat somit die Zuständigkeit der Landesbehörden
wegen des Erlasses von Anordnungen behufs Ausführung des Reichsgesetzes offen
gelassen. Für beiderlei Materien bleibt daher das Landesgesetz vor wie nach maß-
gebend. Da die reichsgesetzlichen Vorschriften auf die Abwendung von Gefahren
für Leben und Gesundheit abzielen, so sind in Preußen die Ortspolizeibehörden
zur Durchführung ihrer, den Vorschriften des Reichsimpfgesetzes entsprechenden
Anordnungen wohl befugt, in Anwendung der landesgesetzlichen Zwangsmittel des
8 182 LVG. zur zwangsweisen Vorführung von Erwachsenen, so auch von Kindern
zu schreiten, wobei jedoch zu beachten ist, daß wenn auf Grund des § 14 des
Reichsgesetzes eine Strafandrohung wegen Unterlassung der Impfung erfolgt ist,
eine nochmalige polizeiliche Strafandrohung unzulässig ist (ne bis in idem) und
der polizeiliche unmittelbare Erfüllungszwang gemäß § 132 Nr. 8 zur Anwendung
kommen muß (O#G. Urteil vom 2. April 1892 Bd. 23 S. 384 (83 in v. Kamntz,
Bd. 4 S. 810). Zwecks Ausführung des Reichsimpfgesetzes sind in Preußen das
Gesetz vom 12. April 1875 (GS. S. 191) in Verbindung mit den ME., betreffend
die Ausführung der Impfung vom 19. April 1875 (MBl. S. 99) und vom 6. April
1886 (MBl. S. 51), betr. Vorschriften zur Sicherung der gehörigen Ausführung des
Impfgeschäfts erlassen. Aus den preußischen Ausführungsbestimmungen ist noch
hervorzuheben, daß das preußische Gesetz von 1875 den Impfbezirk des § 6 des
Reichsgesetzes dahin erläutert, daß die Kreise die natürliche Unterlage für die
Organisation des Impfwesens sind, weil der Kreis zugleich die amtliche Tätigkeit
der zur Beaufsichtigung des Impfwesens in erster Linie berufenen Organe nämlich
des Landrates und des Kreisphysikus (Kreisarztes) geographisch abgrenzt (Motive
zu § 1). Deshalb haben nach § I1 des preußischen Gesetzes vom 16. April 1875 die
Kreise in den Hohenzollernschen Landen die Amtsverbände, die Impfbezirke zu bilden,
die Impfärzte anzustellen und die Kosten zu tragen, welche durch die Ausführung
des Impfgesetzes entstehen, mit Ausnahme jedoch der Kosten für die Herstellung
und Unterhaltung der Impfinstitute (§ 9 des RG.).
Zu den den Kreisen obliegenden Ausführungskosten, die nicht als Polizeikosten
anzusehen sind, gehören nach § 2 des preußischen Gesetzes die Remunerationen der
Impfärzte, Bureau= und Druckkosten, letztere bezüglich der Scheine, Listen und
Zeugnisse. Impfscheine selbst sind stempelfrei (ogl. O#G. E. vom 12. März 1887
Bd. 14 S. 14 in v. Kamptz, Bd. 1 S. 306). Bezüglich der Stellung der Impf-
ärzte fehlt es sowohl im Reichsgesetz als auch im Landesrecht an einer positiven
Bestimmung; im allgemeinen gilt daher, daß sie keine unmittelbaren Staatsbeamten
im Sinne des § 2 der Verordn. vom 23. September 1867 sind. Die Kreise sind
allerdings hierdurch nicht gehindert, die Impfärzte als Kreisbeamte anzustellen,
jedoch muß alsdann die beabsichtigte amtliche Eigenschaft des Impfarztes entweder
aus der Berufung oder aus anderen Umständen deutlich erhellen (OG. U. vom
10. April 1894 Bd. 26 S. 131 in v. Kamptz Bd. 2 S. 408).
S. 313 Zeile 15 v. u. zu 2. (Rentengüter) ist als Literatur zu vermerken:
Mahraun, Die preußischen Rentengutsgesetze 1892. Waldhecker, Preußische Renten-
gutsgesetze 1894.
S. 314 Zeile 14 v. o. ist hinzuzufügen: Die feste Geldrente des Rentenguts
ist als eine Unterart der Reallast nach § 1105 f. BGB. anzusehen. Materiell unter-
scheidet sich die Reallast von der Rentengrundschuld dadurch, daß bei ersterer nach
§ 1108 BEB. der Eigentümer im Zweifel für die während der Dauer seines
Eigentums fällig werdenden Beträge auch persönlich haftet.
S. 323 Zeile 10 v. o. sind zwischen den Worten „Familienfideikommissen“
und „in Aussicht“ die Worte „in freies Eigentum“ einzufügen.
S. 323 Zeile 4 v. u. ist hinter Grundstücksanteile ein Komma zu setzen.
S. 323 Zeile 3 v. u. sind zwischen den Worten „und“ und „Kapitalien“ die
Worte einzufügen „ferner für“.
Zu S. 331. Bezüglich des in der Stiftungsurkunde vorgeschriebenen Nach-