Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

64 2. Buch. Die Organe der Staats= und staatlichen Selbstverwaltung. 
10. Eine Genehmigung wird in den Fällen nicht erfordert, in denen 
die Übernahme des betreffenden Nebenamts eine absolute gesetzliche 
Pflicht des zu ihm Gewählten ist, insbesondere auch die Bekleidung 
des Hauptamts keinen Grund zur Ablehnung des Nebenamts abgibt. 
Zu solchen Nebenämtern gehören die Amter als Mitglied der Gemeinde- 
vertretung oder des Gemeindekirchenrats einer evangelischen Kirchen- 
gemeinde oder des Vorstandes einer katholischen Kirchengemeinde. 
Zu vorstehenden Bestimmungen kommen noch hinzu aus dem Aus- 
führungsgesetz zum BGB. vom 20. September 1899 (GS. S. 177) 
Art. 72, welcher besagt: Wer ein Staatsamt oder ein besoldetes Amt 
in der Kommunal= oder Kirchenverwaltung bekleidet, bedarf zur Über- 
nahme einer Vormundschaft oder zur Fortführung einer vor dem Ein- 
tritt in das Amt übernommenen Vormundschaft der Erlaubnis der zu- 
nächst vorgesetzten Behörde. Das gleiche gilt für die Uübernahme oder 
die Fortführung des Amtes eines Gegenvormundes, Pflegers oder 
Beistandes. 
Die Erlaubnis kann zurückgenommen werden. 
Notare bedürfen der Erlaubnis nicht. 
Und endlich ist noch zu erwähnen die Vorschrift aus dem preußischen 
Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit vom 21. September 1899 
(GS. S. 249) Art. 82, welche lautet: Der Notar bedarf zur Über- 
nahme eines unbesoldeten Amtes in der Gemeindeverwaltung oder 
der Gemeindevertretung nicht der Genehmigung seiner Aufsichtsbehörde. 
Das gleiche gilt von der Übernahme der Mitgliedschaft in dem 
Vorstand oder in dem Aussichtsrat einer Versicherungsgesellschaft auf 
Gegenseitigkeit oder einer eingetragenen Genossenschaft oder in dem 
Aussichtsrat einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. 
Eheschließungen der Beamten sind der vorgesetzten Dienstbehörde 
anzuzeigen (StMB. vom 3. November 1896 und Verf. vom 7. April 
1897 (Ml. S. 52) und für Justizbeamte Verf. vom 20. April 1897 
(JWBl. S. 98). 
Wegen der Kapitals= und Vermögensanlagen der Beamten 
(ogl. Delius, in der Zeitschrift d. Recht IX. Nr. 3 vom 10. Februar 
1907 S. 197 bis 199) fehlt es an allgemeinen gesetzlichen Vorschriften. 
Spezialbestimmungen sind für Preußen getroffen durch die KO. vom 
30. Dez. 1826 (vgl. v. Kamptz, Annal. Bd. 11 S. 363), welche bei 
Strafe der Dienstentlassung sämtlichen Kassenbeamten, ingleichen 
sämtlichen bei Geldinstituten angestellten Beamten (auch Reichsbankbe- 
amte dürfen keine Reichsbankanteilscheine erwerben), die Spekulation in 
Wertpapieren oder Waren verbietet. Auch nach der KO. vom 2. Mai 
1874, betreffend die Ehrengerichte der Offiziere, hat der Offizier sich 
vom hazardmäßigen Börsenspiel, von Teilnahme an zweifelhaften Er- 
werbsgesellschaften, überhaupt von jedem Streben nach Gewinn auf 
einem Wege, dessen Lauterkeit nicht erkennbar ist, fernzuhalten. 
Vorstehendes wird für alle Beamte zu gelten haben, wie das auch 
im Erl. des Kultusministers vom 26. Mai 1827 zum Ausdruck 
gebracht ist. Hiernach ist den Beamten nicht nur das Börsenspiel, 
sondern auch die Spekulation in Waren und Grundbesitz verboten.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.