Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

§ 14. Disziplinarische Folgen der Verletzung der Amtspflichten. 67 
Gehört der Angeschuldigte zu den Beamten, welche einen Anspruch 
auf Pension haben, und lassen besondere Umstände eine mildere Be- 
urteilung zu, so ist die Disziplinarbehörde ermächtigt, in ihrer Ent- 
scheidung zugleich festzusetzen, daß dem Angeschuldigten ein Teil des 
reglementsmäßigen Pensionsbetrages auf Lebenszeit oder auf gewisse 
Jahre als Unterstützung zu gewähren sei (§ 16). 
C. Diszplinarverfahren. 
Der Entfernung aus dem Amte muß ein förmliches Disziplinar-= 
verfahren vorhergehen. Dasselbe besteht in der von einem Kommissar 
zu führenden schriftlichen Voruntersuchung und in einer mündlichen 
Verhandlung, die jedoch nicht öffentlich ist (§ 22). In der Vor- 
untersuchung wird der Angeschuldigte unter Mitteilung der An- 
schuldigungspunkte vorgeladen und, wenn er erscheint, gehört; es 
werden die Zeugen eidlich vernommen und die zur Aufklärung der 
Sache dienenden sonstigen Beweise herbeigeschafft. 
Die Verrichtungen der Staatsanwaltschaft werden durch einen 
Beamten wahrgenommen, welchen die Behörde ernennt, von der die 
Einleitung des Disziplinarverfahrens verfügt wird. Bei der Ver- 
nehmung des Angeschuldigten und dem Verhöre der Zeugen ist ein 
vereideter Protokollführer zuzuziehen (§ 32). 
Der dem Angeschuldigten vorgesetzte Minister ist ermächtigt, mit 
Rücksicht auf den Ausfall der Voruntersuchung, das fernere Verfahren 
einzustellen und geeignetenfalls nur eine Ordnungsstrafe zu verhängen 
(6 33).1) Wird das Verfahren nicht eingestellt, so wird eine Anklage- 
schrift gefertigt und der Angeschuldigte unter abschriftlicher Mitteilung 
dieser zur mündlichen Verhandlung geladen, auf Grund deren die 
Disziplinarbehörde nach ihrer freien Uberzeugung die Entscheidung, 
welche mit Gründen versehen sein muß, fällt. Dem Angeschuldigten 
wird auf sein Verlangen Ausfertigung des Urteils erteilt, gegen 
welches er ebenso wie der Beamte der Staatsanwaltschaft binnen vier 
Wochen vom Tage der Verkündung des Urteils ab und bei Abwesenheit 
des Angeschuldigten von Zustellung des Urteils an ihn Berufung an 
das Staatsministerium einlegen kann. Zur schriftlichen Rechtfertigung 
der Berufung wird eine vierzehntägige Frist gewährt, desgleichen steht 
dem Appellaten dieselbe Frist zur Einreichung seiner Gegenschrift zu. 
8 20 ZG. bestimmt folgendes: 
Bezüglich der Dienstvergehen der Bürgermeister, Beigeordneten, 
Magistratsmitglieder und sonstigen Gemeindebeamten kommen die Be— 
stimmungen des Ges. vom 21. Juli 1852 mit folgenden Maßgaben 
zur Anwendung: 
1. Gegen die Bürgermeister, Beigeordneten, Magistratsmitglieder, 
sowie gegen die sonstigen Gemeindebeamten kann an Stelle der Bezirks- 
regierung und innerhalb des derselben bisher zustehenden Ordnungs- 
strafrechts der Regierungspräsident 1) Ordnungsstrafen festsetzen. Gegen 
1) Diese Befugnis des Ministers ist bezüglich städtischer Gemeindebeamten auf das 
Verwaltungsgericht erster Instanz (Bezirksausschuß) übergegangen (LVG. § 157 32). 
2) Fur Berlin ist an Stelle des Regierungspräsidenten der Oberpräsident zustänoig, 
gegen dessen Strafverfügung die Klage unmittelbar beim OV. binnen 2 Wochen er- 
hoben werden kann. 5
	        
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