Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

70 2. Buch. Die Organe der Staats= und staatlichen Selbstverwaltung. 
Dasselbe gilt auch bei dem Disziplinarverfahren gegen die Mit- 
glieder der Provinzialausschüsse und den Landesdirektor, 
nur ist der Instanzenzug hier in der Weise geordnet, daß der Minister 
des Innern, der Bezirksausschuß und das OVG. für die Entscheidun 
zuständig sind (Prov.-O. vom 29. Juni 1875 (GS. 81 S. 234 
88 61, v88). 
Eine jede Entscheidung der Disziplinarbehörde, gegen die kein Rechts- 
mittel mehr stattfindet, und durch welche die Dienstentlassung ausge- 
sprochen ist, bedarf der Bestätigung des Königs, wenn der Beamte vom 
Könige ernannt oder bestätigt worden ist (8 47). 
D. Entscheidende Disziplinarbehörden. 
Die entscheidenden Disziplinarbehörden erster Instanz sind: 
à) der Disziplinarhof in Berlin, bestehend aus einem Präsidenten 
und zehn anderen Mitgliedern, von welchen mindestens vier Mitglieder 
des Kammergerichts (Abänderungsges. v. 9. April 1879 GS. S. 345 
§ 13) sein müssen, in Ansehung der vom Könige oder dem Minister 
angestellten oder bestätigten Beamten. Hier wird die Einleitung des 
Disziplinarverfahrens und die Ernennung des Untersuchungskommissars 
vom Ressortminister verfügt, 
b) die Provinzialbehörden (Regierungen, Provinzialschulkollegien, 
Provinzialsteuerdirektionen, Oberbergämter, Generalkommissionen, Eisen- 
bahndirektionen, Polizeipräsidium zu Berlin u. s. w.) in Ansehung der 
anderen bei ihnen angestellten oder ihnen untergeordneten Beamten. 
Hier verfügt die Einleitung des Disziplinarverfahrens und die Er- 
nennung des Untersuchungskommissars der Vorsteher dieser Behörden 
oder der Ressortminister, 
I) für diejenigen Beamten, die nicht unter à und b begriffen sind, 
die Regierung. 
E. Vorläufige Dienstenthebung. 
Die Suspension eines Beamten vom Amte tritt kraft des Gesetzes ein: 
a) wenn in dem gerichtlichen Verfahren seine Verhaftung beschlossen 
oder gegen ihn ein noch nicht rechtskräftig gewordenes Urteil erlassen 
ist, welches auf den Verlust des Amtes lautet oder diesen kraft des 
Gesetzes nach sich zieht, 
b) wenn im Disziplinarverfahren eine noch nicht rechtskräftige Ent- 
scheidung ergangen ist, welche auf Dienstentlassung lautet (8 48). 
Die zur Einleitung der Disziplinaruntersuchung ermächtigte Behörde 
kann die Suspension, sobald gegen den Beamten ein gerichtliches Straf- 
verfahren eingeleitet oder die Einleitung einer Disziplinaruntersuchung 
verfügt wird, oder auch demnächst im ganzen Laufe des Verfahrens bis 
zur rechtskräftigen Entscheidung verfügen (§ 50). 
Wenn Gefahr im Verzuge ist, kann einem Beamten auch von solchen 
Vorgesetzten, die seine Suspension zu verfügen nicht berechtigt sind, 
die Ausübung der Amtsverrichtungen untersagt werden; es ist aber 
darüber sofort an die höhere Behörde zu berichten (§ 54). 
Der suspendierte Beamte behält während der Suspension die Hälfte 
seines Diensteinkommens, die andere Hälfte ist zu den Kosten, welche
	        
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