9 Embargo — Enquete.
nehmigung des Gerichtes treffen (§8 1821 ff,
1840).
Literatur. Cathrein, Moralphilosophie
((11904); Knitschky, Rechtsverhältnis zwischen
Eltern u. Kindern (1899); Koch, Lehrbuch der Mo-
raltheologie (21907); Holtzendorff, Enzyklopädie
der Rechtswissenschaft (6(1902, hrsg. von Kohler);
Schmidt, Die Konfession der Kinder nach den Lan-
desrechten im Deutschen Reich (1890).
Fr. Keller.]
Embargo . Repressalien.
Emissionsgeschäft s. Banken und Kredit-
institute (Bd I, Sp. 578).
Emser Punktation (15. Aug. 1786)
s. Febronianismus.
Enfantin, Sozialist, s. Sozialismus.
Engels, Friedr., Sozialist, s. Sozialismus.
England s. Großbritannien.
Enquete. Nachdem die Wirtschafts= und die
Sozialpolitik in neuerer Zeit immer weitere Ge-
biete in den Bereich ihrer Tätigkeit gezogen haben,
mußtesich das Bedürfnis geltend machen, eingehende
Kenntnis von den einschlägigen Verhältnissen zu
erhalten. Nun ist es aber einleuchtend, daß die
Staatsgewalt, die sich in erster Linie mit der Klar-
stellung dieser Verhältnisse zu befassen hat, sowie
diejenigen Vereine, Interessentenkreise usw., die in
ihrem oder dem allgemeinen Interesse eine einsei-
tige oder gar eine offenbar ungenügende Tätigkeit
der Staatsbehörden auf diesem Felde zu ergänzen
sich bestrebten, nicht allein aus statistischen Zu-
sammenstellungen, aus amtlichen Tabellen und
Dokumenten die nötige Belehrungschöpfen konnten.
Reihen von Ziffern über die verschiedenartigen,
das menschliche Dasein berührenden Ereignisse,
z. B. über die Zu= und Abnahme der Betriebe der
verschiedenen Produktionszweige, die Aus= und
Einwanderung, die Bewegung des Exports und
der Einfuhr, mögen noch so wichtige Einblicke in
das Getriebe der menschlichen Wechselbeziehungen
gestatten, erschöpfend sind die auf diese Weise ge-
wonnenen Belehrungen nicht. Sie müssen oftmals
in beträchtlichem Umfang ergänzt werden durch
die direkte Befragung der beteiligten
Kreise, um dergestalt genügende Aufklärung
und eine gediegene Grundlage für eine zweck-
entsprechende Tätigkeit der öffentlichen Organe
bzw., soweit eine solche in den betreffenden Fällen
untunlich erscheint, für das Eingreifen einzelner
oder von Vereinen in sittlicher, sozialer oder sonst
welcher Tätigkeit zu gewinnen. Diese Befragungen
bezeichnet man mit dem Wort Engquete, und es ist
nicht notwendig, diesen Begriff auf die mündliche
Befragung und Abhörung der betreffenden Per-
sonen zu beschränken, so sehr auch diese Form des
Verfahrens der schriftlichen Einvernehmung vor-
zuziehen ist. Wohl aber liegt nur dann eine En-
quete vor, wenn sich das Erkundigungsverfahren
über den Kreis des Einholens außerordentlicher
Berichte seitens der regelmäßig mit der Vorsorge
für die betreffenden Gegenstände betrauten Behör-
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den und Personen hinaus erstreckt, und ohne die
Mitwirkung und Ausschlüsse derselben zu über-
gehen, sich auch an weitere in der Sache unterrich-
tete Kreise wendet. Demnach sind auch die auf
Augenschein und mannigfachen mündlichen Aus-
tausch beruhenden Berichte der Fabrikinspektoren
nicht als Enqueten zu bezeichnen.
In England kommen Engqueten über wirt-
schaftliche Fragen bereits seit der Mitte des
18. Jahrh. vor, bald vom Parlament bald von
der Regierung veranlaßt. In der 1874 ver-
öffentlichten List of parlamentary papers
der Jahre 1836/72 ist viel enthalten, was
auf unsern Gegenstand Bezug hat und einen
Einblick in die Vorzüge des englischen Ver-
fahrens gewährt, das auf den Grundsätzen der
Mündlichkeit, d. h. des Abhörens der Auseinander-
setzungen der Personen, welche zur Aussage über
die aufzuklärenden Verhältnisse berufen sind, und
der Offentlichkeit dieser Zeugenvernehmungen be-
ruht. Durch diesen Umstand wie durch die un-
mittelbar nach den Vernehmungen der einzelnen
Tage erfolgende wörtliche Veröffentlichung der
Fragen und Aussagen in den Zeitungen, welche
die Aufmerksamkeit der Interessierten auf die etwa
nötige Ergänzung und Verbesserung der Aus-
sagen lenkt, wird der Kreis der Informationen
wesentlich erweitert.
Die Gegenstände, mit denen es die verschiedenen
Enqueten in England zu tun hatten, sind die
mannigfaltigsten. Es fanden dortselbst z. B. um-
fangreiche Erhebungen über die Kinderarbeit statt,
zuerst im Jahr 1840 ff, sodann im Jahr 1862
über die Arbeit der von der Fabrikgesetzgebung
noch nicht geschützten Kinder, deren Resultate in
den Jahren 1862/67 veröffentlicht wurden, und
im ummittelbaren Anschluß daran die Enquete über
die Arbeit der Kinder in der Landwirtschaft. Bei
diesen Enqueten sind die unparteiischen Elemente,
welche, über die Sachlage unterrichtet, den huma-
nitären Interessen Aufmerksamkeit schenken, also
Geistliche, Arzte, Lehrer u. a. eine auf das Wohl
der arbeitenden Klassen gerichtete Tätigkeit übende
Persönlichkeiten, zur Aussage berufen worden und
haben reichhaltiges Material geliefert. Ferner
waren die verschiedenen Maßregeln, welche sonst
auf dem Gebiet der Fabrikgesetzgebung in England
getroffen wurden, der Gegenstand von Enqueten.
So veranlaßte das Local Government Board
im Jahr 1873 in Sachen der Verminderung der
Arbeitszeit Erhebungen und sandte zu diesem Be-
huf eine besondere Kommission in die Bezirke der
betreffenden Industrien. In sehr umfangreicher
Weise wurde bei der Enquete über die Konsoli-
dation der Fabrikgesetze im Jahr 1875, die der
Workmanship Act vom Jahr 1878 voraus-
ging, welche die auf diesem Gebiet bisher erlassenen
Spezialgesetze kodifizierte, der Zustand der Arbeiter-
welt erhoben. Die Kommission war dem englischen
Gebrauch gemäß bestrebt, die zu vernehmenden
Personen des Arbeiterstands in ihren Umgebungen