Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

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über Grund und Boden sind in den Plan die 
Wege, Wassergänge und Schutzvorrichtungen ein- 
zutragen, welche für die Nachbargrundstücke oder 
im öffentlichen Interesse zur Sicherung gegen Ge- 
fahren und Nachteile vor wie nach der Enteignung 
notwendig werden. Auf Grund dieses Planes 
wird alsdann zwischen dem Unternehmer und den 
zu Enteignenden über den nach dem Befinden 
der Behörde zu dem Unternehmen erforderlichen 
Gegenstand der Zwangsabtretung verhandelt, 
um eine gütliche Einigung über die Abtretung 
herbeizuführen. Verläuft der Einigungsversuch 
erfolglos, so findet auf Antrag des Unternehmers 
durch die Verwaltungsbehörde das Verfahren zur 
Feststellung des Planes statt, indem die Behörde 
in jeder von dem Unternehmen betroffenen Ge- 
meinde den Plan eine Zeitlang öffentlich auslegen 
und die Beteiligten auffordern läßt, Einwendungen 
gegen den Plan zu erheben. Diese Einwendungen 
können sich auf die Vermeidung der Enteignung 
oder auf deren Umfang beziehen, falls die Ent- 
eignung sich nur auf einen Teil eines Gegenstands 
erstreckt, durch dessen Zerteilung dem Eigentümer 
ein besonderer Schaden erwachsen würde. Über 
die erhobenen Einwendungen wird von den Be- 
teiligten vor einem Verwaltungsbeamten verhan- 
delt, welcher das Ergebnis der Verhandlungen 
der Verwaltungsbehörde vorlegt, durch die als- 
dann nach Prüfung der zu beobachtenden Förmlich- 
keiten über die erhobenen Einwendungen durch 
Beschluß entschieden und der Gegenstand der 
Enteignung, die Größe und die Grenzen des ab- 
zutretenden Grundbesitzes, die Art und der Um- 
fang der aufzuerlegenden Beschränkungen, sowie 
die Zeit, innerhalb deren längstens vom Ent- 
eignungsrecht Gebrauch zu machen ist, und die 
Anlagen, welche von dem Unternehmer zu errichten 
und zu erhalten sind, festgestellt werden. Wird 
Rekurs an den Bezirksausschuß, in Bayern an das 
Verwaltungsgericht, eingelegt, so bildet die Zu- 
stellung des Rekursbescheids an die Beteiligten den 
Zeitpunkt der Parteienverpflichtung, wie alsdann 
auch erst durch ihn der Enteignungsgegenstand 
festgestellt wird, der von nun ab, und nicht erst 
von der Enteignungserklärung an, auf Gefahr des 
Unternehmers liegt. Der Enteignungsausspruch 
darf über den Inhalt der landesherrlichen Ver- 
ordnung nicht hinausgehen, weder in betreff des 
Unternehmens noch des Gegenstandes. Der aus 
dem Enteignungsausspruch Berechtigte darf sein 
Recht nicht mehr auf einen andern übertragen; er 
bleibt dem Enteigneten unter allen Umständen ver- 
pflichtet. In gleicher Weise wird durch den Ent- 
eignungsausspruch dem Unternehmer gegenüber 
die Person des Verpflichteten festgestellt. Von Zu- 
stellung des unanfechtbar gewordenen Enteignungs- 
ausspruchs an ist für den Eigentümer die Ver- 
pflichtung zur Abtretung und für den Unternehmer 
die Verpflichtung zur Ubernahme des Objektsgegen 
Entschädigung in der Art begründet, daß dadurch 
für den Eigentümer ein verfolgbarer Anspruch auf 
Enteignung. 
  
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Ausführung der Enteignung entstanden ist. Nur 
in Baden und Württemberg ist für den Enteigner 
eine Pflicht zur Ubernahme der Enteignungsobjekte 
während des Enteignungsverfahrens nicht begrün- 
det. — In Frankreich und Belgien wird das Ent- 
eignungsobjekt durch den Präfekten festgestellt, das 
Enteignungsurteil ergeht durch die Gerichte. 
Der Enteignungsausspruchverpflichtet den Unter= 
nehmer, den Enteigneten für den abgetretenen 
Gegenstand durch Ersatz des vollen Werts desselben 
mit Geld zu entschädigen. Die Entschädigung 
tritt an die Stelle der enteigneten Sache, was zur 
Folge hat, daß der Entschädigungsanspruch den an 
dem Enteignungsgegenstande begründeten Rechten 
Dritter unterworfen wird (Surrogationsprinzip). 
Hypothek, Reallast und Nießbrauch bestehen an der 
Entschädigungssumme weiter; für Rechte, welche 
an einer Forderung nicht bestehen können, hat der 
Enteignete aus der ihm gezahlten Schadenssumme 
dem Berechtigten nach dem Umfang der Beein- 
trächtigung seines Rechts Ersatz zu leisten. Die 
Entschädigungssumme kann durch Einigung der 
Parteien bestimmt werden; doch sind die Pfand- 
gläubiger und etwaigen andern Entschädigungs- 
berechtigten an diese Einigung nicht gebunden. 
Wird eine Einigung nicht erzielt, so hat der Unter- 
nehmer bei dem Bezirksausschuß, in Bayern bei 
der Verwaltungsbehörde, schriftlich zu beantragen, 
daß die Entschädigung durch sie festgestellt werde. 
Die Behörde ermittelt daraufhin mit dem Unter- 
nehmer die einzelnen Entschädigungsberechtigten 
und verhandelt durch einen Kommissar mit den 
Beteiligten über die Schadenssumme, welche, wenn 
eine Einigung auch jetzt nicht zu erzielen ist, durch 
Sachverständige abgeschätzt wird. Für die Sach- 
verständigenfeststellung ist derjenige Wert maß- 
gebend, welchen der enteignete Gegenstand in seiner 
gegenwärtigen Beschaffenheit für den enteigneten 
Eigentümer hat. Zu berücksichtigen ist zu diesem 
Behuf neben der tatsächlichen Benutzungsart auch 
die mögliche, d. h. sicher vorauszusehende Be- 
nutzungsfähigkeit, die Erschwerung des Wirt- 
schaftsbetriebs und die künftige Ernte, sowie die 
Benachteiligung des Grundstücks oder Rechts durch 
das Unternehmen selbst (z. B. Entziehung des 
Vor= und Anfahrens von der Chaussee aus, schäd- 
liche Immission, Ziegelei, Kohlenbergwerk). Der 
Wert des Objekts für den Unternehmer kommt 
nicht in Betracht; denn nur der dem Eigentümer 
durch die Enteignung erwachsene Nachteil soll dem- 
selben erstattet werden. Dieser Nachteil besteht in 
dem Wert der Sache zur Zeit der Enteignung und 
in dem durch die Enteignung entgangenen Ge- 
winn aus derselben. Sind von den Enteigneten 
Neuanlagen in der Absicht gemacht, eine höhere 
Entschädigung zu erzielen, so sind diese nicht zu 
vergüten. Werden nur Grundstücksteile enteignet, 
so umfaßt die Entschädigung außer dem Wert 
dieses Teils zugleich den Mehrwert, welchen der 
abzutretende Teil durch seinen örtlichen oder wirt- 
schaftlichen Zusammenhang mit dem Ganzen hat,
	        
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