Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

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gewöhnlich mittels Unterschreibens der Eidesformel, 
in welche die Eidesnorm aufgenommen ist. Ferner 
sind sie von allen Staatssteuern und Abgaben be- 
reit; in Bahern sind sie frei von der Einkommen- 
steuer, ebenso genießen ihre Schloßgebäude Haus- 
steuerfreiheit, sie sind dagegen nicht von der 
Grundsteuer befreit, ebensowenig wie ihre zum 
Erwerb bestimmten Gebäude. Ferner sind sie frei 
von der Wehrpflicht und von der Quartierlast. 
In Baden z. B. sind die Kapitalrentensteuerkapi- 
talien und die Steueranschläge aus dem Einkom- 
men des großherzoglichen Hauses, ferner die 
Steuerkapitalien ihrer Schlösser und Gärten von 
Staatssteuern wie vom Beizug zur Gemeindebe- 
steuerung frei; ebenso sind ihre Gebäude, soweit 
sie zu ihrem Wohnsitz bestimmt sind, von der 
Quartierpflicht befreit. 
Über die Vorrechte, die den mediatisierten 
Familien heute noch zukommen, siehe d. Art. 
Ebenbürtigkeit und Standesherren. 
Die Hausgesetze der regierenden deutschen Für- 
stenhäuser hat H. Schulze veröffentlicht (3 Bde, 
1862/83). Eine Anzahl derselben sind bereits im 
Texte dieses Artikels erwähnt worden. Doch möge 
unter den derartigen Festsetzungen auch der Prag- 
matischen Sanktion Erwähnung geschehen, die, 
am 19. April 1713 abgefaßt, im Jahre 1720 von 
den österreichischen und schlesischen, 1722 von den 
ungarischen, 1723 von den böhmischen und 1724 
von den niederländischen Ständen angenommen 
wurde. Unter den Hausgesetzen des preußischen 
Königshauses ist das älteste das Testament des 
Kurfürsten Friedrich I. vom „Freitag nach St Boni- 
facii 1437“, dem verschiedene andere gefolgt sind. 
  
Literatur. J. F. W. de Neumann, Medita- 
tiones jur. princ. priv. I—IX (Frankf. a. M. 
1751/56); J. J. Moser, Familienstaatsrecht der 
deutschen Reichsstände (2 Tle, Frankf. u. Leipzig 
1775); J. St. Pütter, Primae lineae iuris privati 
Principum, speciatim Germaniae (Göttingen 
1789); A. W. Heffter, Beiträge zum deutschen 
Staats= u. Fürstenrecht (1829); A. Bauer, Bei- 
träge zum deutschen Privatfürstenrecht (1839); 
Goenner, Deutsch. Staatsrecht (2 Tle, 1805; H. A. 
Zachariä, Deutsches Staats= u. Bundesrecht (21866) 
§ 63 ff. Unter den neueren Werken über Staats- 
Gallikanismus. 
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gemeine Staatsrecht (11863) 8§ 211/268; Heffter, 
Die Sonderrechte der souveränen und mediatisierten 
vormals reichsständischen Häuser Deutschlands 
(1871); Hermann Schulze, Die Hausgesetze der re- 
gierenden deutsch. Fürstenhäuser (3 Bde, 1862/82); 
Pütter, Lit. des Teutschen Staatsrechts III (Göt- 
tingen 1783) 739; G. Beseler, Die Lehre von den 
Erbverträgen (3 Bde, 1835/40); R. v. Mohl, Gesch. 
u. Lit. der Staatswissenschaften II 300 ff; Her- 
mann Schulze, Das Recht der Erstgeburt in den 
deutschen Fürstenhäusern u. seine Bedeutung für die 
deutsche Staatsentwicklung (1851); ders., Thron- 
folge u. Familienrecht der ältesten german. Königs- 
geschlechter, in der Zeitschrift für Rechtsgesch. VII 
(1868) 323 f 402; ders., Das Erb= u. Familien- 
recht der deutschen Dynastien des Mittelalters. Ein 
Beitrag zur Gesch. des deutschen Fürstenrechts 
(1871); ders., Gutachten über die Thronfolge im 
Kar. Portugal (Aus der Praxis des Staats= u. 
Privatrechts [I18761] Nr IV, S. 169 f); derf., Das 
preuß. Staatsrecht 1 (21888); ders., Lehrb. des deut- 
schen Staatsrechts 1 (1881); ders., Das deutsche 
Fürstenrecht in seiner geschichtl. Entwicklung u. ge- 
genwärtigen Bedeutung, in Holtzendorffs Enzyklo- 
pädie der Rechtswissenschaft I (561900), 1349 ff; J. 
Ficker, Vom Reichsfürstenstande 1I (1861); Auf- 
sätze von Treitschke in Bluntschlis Staatswörterb. 
II u. III, ebendort X 518 von Hermann Schulze 
Art. „Thronfolge“; A. Hänel, Deutsches Staats- 
recht 1 (1892); G. Meyer, Lehrbuch des deutschen 
Staatsrechts ((1905 hrsg. von Anschütz); O. Gierke, 
Die jurist. Persönlichkeit des hochadeligen Hauses, 
in Grünhuts Zeitschrift für deutsches Privat= u. 
öffentliches Recht der Gegenwart V 557/600; G. 
Anschütz, Deutsches Staatsrecht, in Holtzendorffs 
Enzyklopädie der Rechtswissenschaft II (1904) 
449 ff; R. Schröder, Lehrb. der deutschen Rechts- 
gesch. ((1907); H. Brunner, Deutsche Rechtsgesch. 
1 (21906); ders., Quellen u. Gesch. des deutschen 
Rechts, in Holtzendorffs Enzyklopädie der Rechts- 
wissenschaft 1 (/1904) 171 ff; M. v. Seydel, Bayr. 
Staatsrecht 1 (21895); O. v. Sarwey, Das Staats- 
recht des Kgr. Württemberg 1 (1883); F. Wielandt, 
Das Staatsrecht des Großhzgt. Baden (1895); W. 
Schücking, Der Staat u. die Agnaten (1902); L. 
v. Rönne, Das Staatsrecht der preuß. Monarchie 
1 (61899); K. Cosack, Das Staatsrecht des Eroß- 
hägt. Hessen (1894); H. Rehm, Modernes Fürsten- 
recht (1904); derf., Prädikats= u. Titelrecht der 
deutschen Standesherren (1905); derf., Die über- 
staatliche Rechtsstellung der deutschen Dynastien 
recht: O. Mejer, Einleitung in das deutsche Staatsr. (1907 
(21884); H. Zöpfl, Grundsätze des gemeinen deut- 
schen Staatsrechts mit bes. Rücksicht auf das all- 
  
J. 
[E. Baumgartner; III3, III7—9 Kämpfe, rev. 
E. Baumgartner.) 
G. 
Gallikanismus nennt man das staats- 
kirchliche System, durch welches zunächst in Frank- 
reich die Unabhängigkeit der weltlichen Gewalt 
vom Papsttum durchgeführt, der päpstliche Primat 
auf kirchlichem Gebiete beseitigt, die päpstliche 
Unfehlbarkeit geleugnet und eine formell zwar 
nicht schismatische, faktisch aber von Rom nahezu 
unabhängige gallikanische Nationalkirche geschaffen 
werden sollte. Verschieden hiervon sind die „gal- 
likanischen Freiheiten“, welche nicht ledig- 
lich Lehre, sondern lebendige Wirklichkeit dar- 
stellen, als Gesetz auftreten. 
Das gallikanische System beruht auf den Prin- 
zipien des Territorialismus, welcher das Papal=
	        
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