389
Garantiegesetz, italienisches, siehe
t
apst.
Garantien, staatsrechtliche. [Allge-
meine Einleitung. Eid des Monarchen auf die
Verfassung. Politischer Eid. Rechte der Volks-
vertretung zur Wahrung der Verfassung, ins-
besondere Budgetbewilligung und Verfassungs-
änderung. Ausschüsse und Selbstversammlungs-
recht. Ministerverantwortlichkeit. Belagerungs-
zustand. Garantien in Staatenverbindungen.)
I. Allgemeine Einleitung. Der Gegensatz
von Verfassungsstaat und absolutem Staat zeigt
sich vor allem darin, daß dem absoluten Staat die
sormellen Garantien, die äußeren Schutzmaßregeln
für die Beobachtung der staatsrechtlichen Normen
fehlen. Der Verfassungsstaat ist ihm gegenüber
also der vollkommenere, der ausgebildetere Rechts-
staat. Damit ist aber nicht gesagt, daß überall
da, wo man das Bedürfnis nach verfassungs-
mäßigen Garantien des Rechts empfindet, nun
auch sofort das politische Verständnis und die
Gunst der Verhältnisse vorhanden ist, um diese
Garantien auch technisch allseitig auszubilden.
Beispiele aus der Geschichte zeigen, daß man sich
oft mit einzelnen Stücken zeitweise begnügen mußte.
Die Vollkommenheit des Verfassungsstaates ist also
nurrelativ und kann sehr abgestuft sein. Die Volks-
vertretung ist allein kein Kriterium des Verfassungs-
staates. Nur da sprechen wir von einem Ver-
fassungsstaat, wo eine organisatorische Sonderung
von Verwaltung und Zentralverwaltung von der
Gesetzgebung oder Rechtskontrolle durchgeführt ist,
also das Prinzip der Teilung der Gewalten, wie
es schon Locke und Montesquien gefordert hatten.
Aber als selbständige Gewalt des Staates ist nicht
nur Gesetzgebung, Verwaltung und Justiz, sondern
überhaupt die Rechtskontrolle in Form der Re-
gierungs= und Verwaltungskontrolle anzusehen.
Also muß die Einrichtung gesonderter Organe
für Regierung und Verwaltung einerseits, für die
Rechtskontrolletätigkeiten anderseits gefordert wer-
den. Die Geschichte der Entwicklung der Ver-
fassungsformen zeigt, wie vielgestaltig die äußeren
Garantien des rechtlich anerkannten Zustandes
sind. Bald tritt die eine bald die andere Ver-
fassungsform in den Vordergrund, bald bemerken
wir das Streben nach schriftlicher Fixierung der
Schranken der Regierung, bald begegnet uns die
Tendenz, die politische Macht unter zwei selbstän-
dige Organe zu verteilen und den Gesamtstaat in
verschiedene über= und untergeordnete Kreise mit
selbständiger, selbstverwaltender Tätigkeit zu glie-
dern. Denn auch diese Dezentralisation wirkt in
dem Gegensatz des Gesamtstaates und der Vielheit
der Gliedstaaten, des Staates und der Vielheit
der Provinzen und Gemeinden als gegenseitige
Kontrolle der politisch tätigen Mächte. Der de-
zentralisierte Verfassungsstaat ist historisch be-
trachtet nicht die Ausnahmeerscheinung, sondern
der politische Normalzustand, in dem das Staats-
leben sich von Anfang an entwickelte.
Garantiegesetz, italienisches — Garantien, staatsrechtliche.
390
Eine unfehlbare Garantie der rechtlichen Frei-
heit einer Nation ist weder das geschriebene Gesetz
noch die Volksvertretung. Die verfassungsmäßige
Sicherheit der Individuen hängt in erster Linie
von dem Ausbau der Kontrolle der Bürger und
Behörden, also von den Formen der Rechtspflege
ab, deren Organe von denen der Verwaltung und
Regierung möglichst losgelöst werden sollen. (Vgl.
R. Schmidt, Allg. Staatslehre 1I (19011 201 ff.)
Die Verfassungsurkunden der konstitutionellen
Staaten gewähren als Sicherungsmittel, welche
das konstitutionelle Staatsrecht als die inneren
Garantien der Verfassung zum Schutze gegen Ver-
letzung für nötig erachtet: 1) die Bekräftigung der
Verfassungspflichten durch Eide, 2) die Volksver-
tretung selbst und deren Ausschüsse, 3) die Er-
schwerung der Anderung der Verfassung, 4) die
Verantwortlichkeit der Minister in Verbindung mit
dem Beschwerderecht der Volksvertretung, 5) die
Verkündigung des Belagerungszustandes.
II. Eid des Monarchen auf die Verfassung.
Durch die Verfassungen der meisten Staaten ist
die Leistung des Eides seitens des Herrschers vor-
geschrieben, aber eine rechtliche Voraussetzung für
die Regierung ist jener Eid nicht, da dies dem
monarchischen Sukzessionsprinzip widersprechen
würde. Anders in Oldenburg, Anhalt, Coburg-
Gotha, Reuß jüngerer Linie und in Belgien, wo#
das Ministerium bis zur Verpflichtung des Mon-
archen auf die Verfassung die Regierungsgewalt
ausübt. In Preußen lautet der Eid dahin, „die
Verfassung des Königreichs fest und unverbrüchlich
zu halten und in Übereinstimmung mit derselben
und den Gesetzen zu regieren“. Der Wortlaut des
bayrischen Königseides ist folgender: „Ich schwöre,
nach der Verfassung und den Gesetzen des Reiches
zuregieren, so wahr mir Gott helfe und sein heiliges
Evangelium.“ In Württemberg sichert der neue
König in einer den Ständen des Königreichs aus-
zustellenden feierlichen Urkunde die unverbrüchliche
Festhaltung der Landesverfassung bei seinem könig-
lichen Worte zu. Diese feierliche Zusicherung bildet
nur eine verfassungsmäßige Pflicht des Königs,
keine Voraussetzung für den Regierungsantritt,
wie z. B. Mohl noch annahm. In England ge-
hören zum Erwerb der Königskrone die beiden
scharf getrennten Akte des Regierungsantritts und
der Krönung. Der neue Monarch betritt unmittel-
bar nach dem Tode seines Vorgängers die Ver-
sammlung des Staatsrates, die soeben ihn schrift-
lich proklamiert hat, und unterschreibt den Eid,
den er nach der Unionsakte mit Schottland von
1707 zur Sicherheit der Staatskirche von Schott-
land sofort nach dem Regierungsantritt zu leisten
verpflichtet ist. Während der Krönungsakt im
kontinentalen Staatsrecht, so namentlich im deut-
schen, als reine Zeremonienfrage ohne juristische
Bedeutung behandelt wird, ist in England die
Krönung eine wesentliche Bedingung des Erwerbs
der Königswürde; und der wichtigste Teil des
Krönungsaktes ist der Krönungseid, worin sich
13