803 Glücks= oder Hazardspiele. 804
durch den Verlierenden und seine Erben, sogar im allgemeinen nicht bestritten werden können,
von Staats wegen, zurückgefordert werden; ein 1 falls nicht das Rechtsgeschäft als gegen die guten
Darlehen für Spielzwecke ist klaglos; zugleich Sitten verstoßend oder als wucherisches Geschäft
wurde die Erlaubtheit der Kampfspiele auf fünf nichtig ist oder der Darlehensgeber der im Spiel
uteen beschränkt, als höchster zulässiger Spielpreis oder in der Wette gewinnende Teil ist. Forde-
ein solicus bestimmt. Bei den Glossatoren tritt rungen aus dem Spiel= oder Wettvertrag können
als neue Kategorie das Kunstspiel auf, bei dem weder gerichtlich noch außergerichtlich geltend ge-
die Entscheidung nicht nur vom Zufall, sondern macht, auch nicht zur Aufrechnung oder zur Aus-
auch von dem Geschicke des Spielenden abhängt; übung des Zurückbehaltungsrechts benutzt werden;
dasselbe wird für erlaubt erklärt. Die Kanonisten, Bürgschaft und Faustpfandbestellung für eine
insbesondere Thomas von Aquin, erachten das Spielforderung sind ungültig, ebenso die Neben-
Spiel an sich nicht als verwerflich, vielmehr am verabredung eines Schiedsgerichts über Streitig-
rechten Orte und zur rechten Zeit zur Erholung keiten aus dem Vertrage (anders ein nachträglicher
von der Arbeit als durchaus löblich; nur der selbständiger Schiedsvertrag). Ist für eine Spiel-
Mißbrauch des Spieles sei strafbar. — Von der oder Wettforderung eine Hypothek bestellt, so steht
Spiellust der alten Germanen bezeugt Tacitus, dieselbe dem Eigentümer zu, der die entsprechende
daß sie als letzten Einsatz selbst ihre Freiheit und Berichtigung des Grundbuchs verlangen kann.
ihren Leib wagten; der Spielvertrag galt lange Die Klaglosigkeit dieser Verträge ist im Prozesse
als erlaubt und klagbar; nur die Vererblichkeit auch ohne Vorbringung der Einrede von Amts
war ausgeschlossen. Der große Mißbrauch und wegen zu berücksichtigen. Die Rückforderung des
die bedeutende Schädigung der Volksinteressen Geleisteten ist in allen Fällen ausgeschlossen, in
führte im 13. Jahrh. vielfach zur Aufhebung der welchen sie mit dem Nichtvorhandensein einer Ver-
Klagbarkeit des Spielvertrages, nur Selbsihilfe bindlichteit begründet wird. Die Umwandlung
in Form der Pfändung war anfangs noch er- 1 einer Spielschuld in eine Darlehensschuld ist un-
laubt; später erfolgten zur Eindämmung des Übels zulässig.
auch Strafverbote. Doch daran hielt das deutsche Zu den Glücksspielen gehören auch Ausspiel-
Recht fest, daß auch beim verbotenen Spiele der geschäfte. Lotterie und Lotto. Bei den Ausspiel-
bezahlte Spielverlust von dem Gewinnenden nicht ges chäften wird dem Publikum gegen Entrich-
zurückverlangt werden dürfe. Gemeinrechtlich konnte tung eines Einsatzes das Ziel in Aussicht gestellt,
der Spielgewinn nicht eingeklagt, der bezahlte nach dem Ergebnis einer wesentlich durch Zufall
Spielverlust aber nicht zurückgefordert werden. bedingten Ziehung oder eines ähnlichen Mittels
Die Partikularrechte gingen in den Einzelheiten (z. B. Würfeln) einen vorher bestimmten Gegen-
weit auseinander. S# stand zu gewinnen, den der Veranstalter der Aus-
Das Bürgerliche Gesetzbuch für das spielung einsetzt. Beteiligen sich an der Ausspie-
Deutsche Reich behandelt in dem 17. Titel des # lung mehrere Personen, wird Zahl und Verkauf
VII. Abschnittes Spiel und Wette, Lotterie- oder der Lose, Zahl und Höhe der Gewinne und die
Ausspielvertrag und das Differenzgeschäft (88 762 ziehung der Lose nach einem vorher festgestellten
bis 764). Durch Spiel oder durch Lotterie wird Plane, dem Publikum erkennbar, bestimmt, so ver-
eine Verbindlichkeit nicht begründet. Das auf wandelt sich die Ausspielung in eine Lotterie.
Grund des Spieles oder der Wette Geleistete kann i Die Lotterie hat ihren Ursprung in Italien; schon
nicht deshalb zurückgefordert werden, weil eine im 16. Jahrh. kommen Ausspielungen von Waren-
Verbindlichkeit nicht bestanden hat. Diese Vor= lagern vor und Auslosungen mit vielen Preisen
schriften gelten auch für eine Vereinbarung, durch und Gewinsten; bald erschien zur Verhütung
die der verlierende Teil zum Zwecke der Erfüllung der übervorteilung des Publikums durch minder-
einer Spiel= oder einer Wettschuld dem gewinnen= wertige Waren obrigkeitliche Aufsicht nötig, bald
den Teile gegenüber eine Verbindlichkeit eingeht, erkannte man auch in diesen Auslosungen ein
insbesondere ein Schuldanerkenntnis. Mittel, um die Finanzen des Staates zu ver-
Spielvertrag ist im Sinne des Gesetzs bessern. Die Kanonisten erachteten die Ausspie-
ein Vertrag, bei welchem durch die Parteien zur lungen als gültige Geschäfte, wobei ihr Charakter
Erzielung eines Gewinnes oder zum Zeitvertreib als Spielverträge nicht verkannt wurde; der große
Gewinn und Verlust unter entgegengesetzten Be-Gewinn der Unternehmer führte zur Erhebung
dingungen, über deren Eintritt der Zufall ganz bestimmter Abgaben, die zur Förderung milder
oder teilweise entscheidet, vereinbart wird, ohne Zwecke dienten. Frühzeitig gelangte die Lotterie
daß ein wirtschaftlicher oder sittlicher Zweck durch außerhalb Italiens in Amsterdam zur Anwen-
das Geschäft verfolgt wird. Wettvertrag ist dung; schon 1549 wurde eine solche zur Erbauung
ein Vertrag, bei welchem zur Erhärtung bestimmter eines Kirchturms veranstaltet; in Holland wurde
entgegengesetzter Behauptungen seitens der Par= die eine Lotterie in mehrere aufeinander folgende
teien demjenigen, dessen Behauptung als richtig Verlosungen (Klassen) zerlegt, wodurch eine viel
sich herausstellt, eine bestimmte Leistung auf Kosten größere Ausdehnung der Lotterie und eine größere
des Verlierenden vereinbart wird. Die Gültigkeit Spannung der Spielenden auf die in der letzten
eines Darlehens zum Zwecke des Spielens wird Klasse herauskommenden höchsten Gewinne erzielt