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wird auf Antrag der Staatsanwaltschaft, in der
Voruntersuchung oder wenn Gefahr im Verzuge
ist auch im Ermittlungsverfahren ohne solchen
Antrag der Richter die Durchsuchung verfügen
und dieselbe selbst unter Zuziehung eines Ge-
richtsschreibers ausführen oder durch einen Ge-
richts- oder Polizei= oder Gemeindebeamten aus-
führen lassen. Findet die Haussuchung ohne
Beisein des Richters oder des Staatsanwalts statt,
so sind, wenn dies möglich ist, ein Gemeinde-
beamter oder zwei Mitglieder der Gemeinde, in
deren Bezirk die Durchsuchung erfolgt, zuzuziehen.
Die als Gemeindemitglieder zugezogenen Per-
sonen dürfen nicht Polizei= oder Sicherheits-
beamte sein. Der Durchsuchung darf der Inhaber
der zu durchsuchenden Räume oder Gegenstände
beiwohnen. Er verwirkt diese Befugnis, wenn er
sich der Durchsuchung widersetzt; er kann dann
abgeführt werden. Ist er abwesend, so ist, wenn
dies möglich ist, sein Vertreter oder ein erwachsener
Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar zuzu-
ziehen. Bei Durchsuchungen von Wohnungen nicht
beschuldigter Personen ist dem Inhaber oder der in
dessen Abwesenheit zugezogenen Person der Zweck
der Durchsuchung vor deren Beginn bekannt zu
machen. Diese Vorschrift findet jedoch keine An-
wendung auf die Inhaber derjenigen Räume,
welche regelmäßig zur Nachtzeit betreten werden
dürfen. Nach der Beendigung der Durchsuchung
ist dem von derselben Betroffenen auf sein Ver-
langen eine schriftliche Mitteilung zu machen,
welche den Grund der Durchsuchung sowie, falls
der Betroffene der Verdächtige ist, die strafbare
Handlung bezeichnen muß, welche ihm zur Last
gelegt wird. Werden bei der Durchsuchung für
die Untersuchung erhebliche Gegenstände vorge-
funden und werden dieselben nicht freiwillig her-
ausgegeben, so sind sie zu beschlagnahmen (Bd 1,
Sp. 805). Auf Verlangen ist dem Durchsuchten
ein Verzeichnis der in Beschlag oder in Ver-
wahrung genommenen Gegenstände, falls aber
nichts Verdächtiges gefunden wird, eine Beschei-
nigung hierüber zu geben. Werden bei Gelegen-
heit einer Durchsuchung bei dem Beschuldigten
oder einem unbeteiligten Dritten Gegenstände ge-
funden, welche zwar in keiner Beziehung zu der
Untersuchung stehen, aber auf die erfolgte Ver-
übung einer andern strafbaren Handlung hin-
deuten, so sind dieselben einstweilen in Beschlag
zu nehmen, und es ist der zuständigen Staats-
anwaltschaft oder Militärbehörde Kenntnis zu
geben.
Eine Durchsicht der Schriftstücke des von
einer Durchsuchung irgend welcher Art Betroffenen
steht nur dem Richter zu, dem im Militärstraf-
verfahren der Gerichtsherr und der Untersuchungs-
führer gleichstehen. Andere Beamte sind zur Durch-
sicht der aufgefundenen Papiere nur dann befugt,
wenn der Inhaber derselben die Durchsicht ge-
nehmigt. Andernfalls haben sie die Papiere, deren
Durchsicht sie für geboten erachten, in einem Um-
Haussuchung.
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schlage, welcher in Gegenwart des Inhabers mit
dem Amtssiegel zu verschließen ist, an den Richter
abzuliefern. Dem Inhaber der Papiere oder dessen
Vertreter ist die Beidrückung seines Siegels ge-
stattet; auch ist er, falls demnächst die Entsieglung
und Durchsicht der Papiere angeordnet wird,
wenn dies möglich, aufzufordern, derselben bei-
zuwohnen. Die zu einer strafbaren Handlung in
Beziehung stehenden Papiere hat der Richter der
Staatsanwaltschaft mitzuteilen. Diese Pflicht zur
Auslieferung der Papiere war dem römischen
Strafverfahren unbekannt; der Inquisitionsprozeß
schuf dieselbe zunächst für den Beschuldigten und
dehnte sie dann auf alle zur Zeugnisablegung ver-
pflichteten Personen aus. Findet eine Durch-
uchung zum Zwecke der Augenscheinseinnahme
statt, so hat dieselbe der Richter selbst mit dem
Gerichtsschreiber vorzunehmen. Dem Angeschul-
digten und dessen Verteidiger kann alsdann, muß
aber nicht die Anwesenheit bei der Durchsuchung
gestattet werden. Die Staatsanwaltschaft kann
jeder Durchsuchung beiwohnen.
Durchsuchungenin militärischen Dienstgebäuden
und auf Kriegsfahrzeugen erfolgen im bürgerlichen
Strafverfahren durch Ersuchen der Militärbehör=
den und auf Verlangen der Zivilbehörde (Richter,
Staatsanwaltschaft) unter deren Mitwirkung.
Des Ersuchens der Militärbehörden bedarif es
jedoch nicht, wenn die Durchsuchung von Räumen
vorzunehmen ist, welche in militärischen Dienst-
gebäuden ausschließlich von Zivilpersonen be-
wohnt werden. Im Militärstrafverfahren hat die
Durchsuchung von Räumen bürgerlicher Personen
durch Ersuchen des Amtsgerichts oder in schleu-
nigen Fällen der Staatsanwaltschaft und ihrer
Hilfsbeamten zu geschehen. Von diesen ist ihre
Zuständigkeit zur Durchsuchung sowie deren Zu-
lässigkeit selbständig zu prüfen. Zum Vollzuge ist
die Militärbehörde auf ihr Verlangen zuzuziehen.
Die dem früheren Strafverfahren bekannte
Durchsuchung einer Mehrzahl von Personen und
ganzer Ortschaften (allgemeine Haussuchung) ist
jetzt nur noch zulässig, wenn bei jeder einzelnen
Person die vorangeführten Voraussetzungen der
Durchsuchung zutreffen. Eine allgemeine Papier-
durchsuchung war auch dem früheren Rechte nicht
bekannt.
In Strassachen ist mithin nach der deutschen
Strafprozeßordnung jedermann verpflichtet, sich
der Durchsuchung zu unterwerfen, sobald der
Richter oder die Staatsanwaltschaft dieselbe nach
ihrem Ermessen für den Untersuchungszweck för-
derlich erachten. Die Haussuchung wird dadurch
zu dem allerdings nicht zu missenden, aber doch
drückenden Zwange, nach Ermessen des Gerichts
seine Privatexistenz der Besichtigung bloßzustellen.
Die einzelnen beschränkenden Vorschriften sind nur
der Rücksicht auf möglichste Schonung des Be-
troffenen entsprungen.
In einzelnen Spezialgesetzen ist die Be-
fugnis zur Haussuchung noch erweitert. Die