Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

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Seemannsordnung ermächtigt den Schiffer, die 
Effekten der Schiffsleute, welche der Beteiligung 
an einer strafbaren Handlung verdächtig sind, 
jederzeit zu durchsuchen. Desgleichen ermächtigen 
das Vereinszollgesetz (88 126 ff) sowie die Steuer- 
gesetze die Zoll= und Steuerbeamten, die Jagd- 
und Forstgesetze die Jagd= und Forstschutzbeamten, 
das Margarine= und Weingesetz die Polizei- 
beamten weitergehend zur Vornahme von Haus- 
suchungen. 
Gegen die Uberschreitung des Durchsuchungs- 
rechts ist ein strafrechtlicher und ein disziplinarer 
Schutz gewährt: einmal ist gegen die Anord- 
nung der Durchsuchung die Beschwerde gegeben; 
sodann macht sich der Beamte, welcher das Durch- 
suchungsrecht in einem Wohnhause, in Geschäfts- 
räumen oder in einem befriedeten Besitztum wider- 
rechtlich ausübt, oder welcher widerrechtlich in diese 
Räume eindringt, oder nach beendeter Durch- 
suchung widerrechtlich in denselben verweilt, des 
Mißbrauchs seiner Amtsgewalt und des Haus- 
friedensbruchs schuldig; derselbe ist alsdann krimi- 
nell oder mit Geldstrafe bis zu 900 M und außer- 
dem, sowie wenn diese Überschreitung der Amts- 
gewalt auf Fahrlässigkeit beruht, disziplinariter 
zu bestrafen. 
In Osterreich-Ungarrn ist das Hausrecht 
durch Gesetz vom 27. Okt. 1862 in ähnlicher 
Weise wie in Deutschland geschützt. Die Bestim- 
mungen dieses Gesetzes sind in die Strafprozeß-- 
ordnung vom 23. Mai 1873 aufgenommen 
worden. Die Beamten der Sicherheitsbehörden 
können ausnahmsweise Haussuchungen anordnen. 
Doch können Wachpersonen, z. B. Gendarmen, 
auch ohne solche Anordnung aus eigener Initia- 
tive eine Haussuchung vornehmen, wenn gegen 
eine Person ein Vorführungs= oder Haftbefehl 
erlassen, oder wenn sie auf der Tat betroffen ist, 
durch öffentliche Nachteile oder öffentlichen Ruf 
einer strafbaren Handlung verdächtig bezeichnet 
oder im Besitze von Gegenständen betreten wird, 
welche den Verdacht einer strafbaren Handlung 
begründen. Das Eindringen in die Wohnung 
aus andern als strafprozessualen Gründen, z. B. 
zur Vornahme polizeilicher Revisionen, zur Vor- 
nahme der Steuerbemessung und Steuerkontrolle: 
oder anläßlich der Volkszählung, ist in den Spe- 
zialgesetzen geregelt. Eine gegen die Vorschriften 
des Gesetzes vorgenommene Hausdurchsuchung 
kann als Mißbrauch der Amtsgewalt oder als 
übertretung der Pflichten eines öffentlichen Amtes 
(6§ 331, 332 der Strafprozeßordnung) strafbar 
sein. Die vorstehend mitgeteilten Bestimmungen 
schützen gleichmäßig den Inländer und Ausländer. 
Vgl. Die Strafprozeßordnungen, die deutsche 
§§ 102/108, die Militärstrafgerichtsordnung §§ 235 
bis 240, die österreichische §§ 139/142, die fran- 
zösische Art. 19, 35/39, 49, 50, 87/90, das belgische 
Gesetz vom 20. April 1874; Glaser, Strafprozeß 
II (1883) 287/294; Löwe, Strafprozeßordnung 
(11907). Spahn.) 
Hauswerk — Heerwesen. 
  
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Hauswerk s. Gewerbe (Sp. 684). 
Hawaii s. Vereinigte Staaten von Amerika. 
Hazardspiel s. Glücks= oder Hazardspiele. 
Heerwesen. IA. Heersysteme. B. Zur Ge- 
schichte des Heerwesens. C. Heerwesen des Deutschen 
Reiches: I. Militärkonventionen. II. Kontingente 
der Bundesstaaten. III. Militärische Hoheits- 
rechte. IV. Organisation des stehenden Heeres. 
V. Organisation der Landwehr. VI. Organisation 
des Landsturms. VII. Festungen. VIII. Heeres- 
verwaltung. IX. Heereskosten. X. Kaiserliche 
Reichstruppen. Literatur,] 
Die folgende Darlegung beschränkt sich auf das 
Landheer, während die Seemacht in dem Artikel 
Marine behandelt wird. Zahlreiche Einrich- 
tungen und Vorschriften sind ursprünglich für das 
Landheer eingeführt, später aber auf den jüngeren 
Teil der bewaffneten Macht, die Marine, aus- 
gedehnt worden; diese für beide Teile der bewaff- 
neten Macht geltende gemeinsame Ordnung ist in 
dem Artikel Militärwesen dargestellt. 
A. Heersysteme. Wir verstehen unter Heer 
die für Kriegszwecke bestimmte Landmacht des 
Staates, im Gegensatz einerseits zur Seemacht 
(Marine) und anderseits zu den bewaffneten 
Organen der Zivilbehörden (Gendarmen, Schutz- 
mannschaft, Forstwächter, Grenzwächter usw.), 
welche für die Aufrechterhaltung der Friedens- 
ordnung, insbesondere für die zwangsweise Durch- 
führung von Maßnahmen der Verwaltung, auf- 
gestellt sind. Die Einrichtung des Heerwesens 
ist für den Staat von der größten Bedeutung, 
weil von ihr die Sicherheit, ja der Bestand des 
Staates abhängt. Die Gestaltung der Heeres- 
verfassung hängt wesentlich von der volks- 
wirtschaftlichen, politischen und waffentechnischen 
Entwicklung ab. Danach lassen sich drei Grund- 
ormen der Heeresverfassung unterscheiden, die 
selbstverständlich nicht immer und nicht überall 
charf voneinander abgegrenzt sind, sondern man- 
nigfache Ubergänge aufweisen: 
1. In der Jugendzeit der Völker, solange die 
festen Wohnplätze eines Volkes gegen die Nachbar- 
völker noch nicht genügend gesichert sind und die 
Kultur wenig entwickelt ist, umfaßt Waffenrecht 
und Waffenpflicht alle waffenfähigen freien Män- 
ner in gleichem Maße. 
2. Im Mittelalter der Völker tritt mit Zunahme 
der Kultur eine Arbeitsteilung ein, welche 
den Kriegsdienst wenigstens für die Regel zu einer 
Sonderleistung einzelner Teile des Volkes macht, 
während das übrige Volk nur im Falle der Not 
zum Waffendienst herangezogen und für diesen 
Zweck auch nur notdürftig, sei es unmittelbar vor 
der Verwendung im Krieg, sei es durch kleine 
Übungen im Frieden, ausgebildet wird. Vielfach 
wird der Kriegsdienst zur besondern Pflicht der 
Grundbesitzer, so in der Zeit des Feudalismus 
und seiner Lehnsmilizen. Schon frühe wird 
aber in manchen Ländern der Kriegsdienst zum 
bezahlten Gewerbe, das seinen Mann durch Sold 
ernährt. Eine höhere Stufe der Entwicklung be- 
 
	        
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