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den Heerbann seiner Vasallen und stellte für die
an ihn zu leistende Beisteuer, den coniectus, die
Wehrmänner für die minderbemittelten Wehr-
pflichtigen unter seinen Vasallen. Staatsrechtlich
bedeutsam war, daß mit der Kommendation obrig-
keitliche Rechte auf den senior übergingen, indem
er sich einen Treueid schwören ließ und seine Va-
sallen zum Krieg aufbot und anführte. Von da
ab zerfiel das Heer in die unter königlichem Ban-
ner stehenden und vom Grafen geführten selb-
ständigen Freien und in die eigene Truppen-
körper mit besonderen Bannern bildenden Senioren
mit ihren Vasallen. Dem entsprechend erging
nunmehr auch das königliche Aufgebot an die
Grasen und Senioren als die Obrigkeiten der
unmittelbaren bzw. mittelbarcn Untertanen. Aus
der Verbindung des Seniorats mit dem Bene-
fizialwesen ging das Lehnsverhältnis hervor. Der
Übergang zum Lehnswesen wurde veranlaßt durch
das Bedürfnis nach Reiterei, welches in den
Kämpfen gegen das in Frankreich eingedrungene
Reitervolk der Araber sich gezeigt hatte und dem
die Reiterschar der Antrustionen nicht genügte.
Um die Reiterei zu vermehren, wurden Benefizien
gegen die Verpflichtung zum Reiterdienst ver-
liehen, und um ausreichende Benefizien verleihen
zu können, griff Karl Martell zu einer Sakulari-
sation des Kirchenguts. Die Bedeutung der Rei-
terei nahm immer mehr zu, so daß schon in der
zweiten Hälfte des 9. Jahrh. der Kampf zu Fuß
ganz zurücktrat.
4. In dem vom fränkischen Reich getrennten
deutschen Reiche beherrscht das Lehns-
wesen, seitdem unter Konrad II. (1024/39) die
Kriegerlehen als erblich anerkannt worden waren,
die ganze Staats- und Heeresverfassung. An die
Stelle der Gauverfassung mit ihren königlichen
Amtern sind Erbgüter zu eigenem Recht getreten,
und die Herzoge und Grafen haben sich aus
königlichen Beamten zu Landesherren emporge-
schwungen, welche als Vasallen des Königs ihr
Land nach Lehnsrecht erblich besitzen. Gleichzeitig
mit der Landeshoheit des hohen Adels entstehen
andere erbliche Berufsstände: Ritter, Bauern und
Bürger (Städter). Der Reiterdienst, der in dieser
Zeit den Schwerpunkt des Kriegsdienstes aus-
machte, erforderte größere und dauernde Übung
sowie infolge seiner kostspieligen Rüstung und
Bedienung einen bedeutenden Aufwand; zur Lei-
stung des Reiterdienstes bildete sich deshalb aus
den freien Vasallen und den unfreien Ministerialen
der Landesherren durch gleiche und gemeinsame
kriegerische Lebensweise ein eigener Berufsstand
des niederen Adels, die Ritterschaft, welche
ihre Entlohnung aus der Lehnsnutzung zog. Den
kriegspflichtigen und dafür steuerfreien Rittern
standen gegenüber die Bauern, welche keinen per-
sönlichen Kriegsdienst zu leisten, statt dessen aber
eine jährliche Steuer dem Landesherrn zu ent-
richten hatten. Das Aufgebotsrecht hatte der
König bis zum 12. Jahrh. unbeschränkt, seit
Heerwesen.
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Heinrich V. (1106/25) dagegen nur unter Mit-
wirkung des aus den Großen des Reiches be-
stehenden Reichstags, mit dessen Zustimmung die
Stärke des Reichsheeres und seiner einzelnen
Kontingente sowie Zeit und Ort der Sammlung
bestimmt wurde. Dauer und Art der militärischen
Dienstleistung richtete sich danach, ob ein Krieg
innerhalb oder außerhalb Deutschlands oder ein
Römerzug zu führen war. Der König konnte auf
die Leistung der Heerfolge gegen Zahlung einer
Heersteuer oder ohne solche verzichten. Einzelne
Reichsfürsten brauchten nur an bestimmten Heer-
fahrten teilzunehmen, so die Landesherren der
Marken, die von dem ihnen obliegenden Grenz-
schutz nicht abgezogen werden sollten. Die Be-
freiung von der Heerfahrt befreite aber nicht von
der Landfolge, zu der jeder waffenfähige Mann
verpflichtet war. Das Aufgebot des Königs rich-
tete sich nicht mehr unmittelbar an die Dienst-
pflichtigen, sondernan die Landesherren und Reichs-
städte, welche für die Gestellung ihrer Kontin-
gente zu sorgen hatten. Zu diesem Zwecke boten
die Kontingentsherren ihre Vasallen und Mini-
sterialen und diese in gleicher Weise ihre Mannen
auf. Die Zahl der von den einzelnen aufzu-
bringenden Ritterpferde richtete sich nach Lehns-
vertrag oder Herkommen. War der Lehnsmann
an der Erfüllung seiner Pflicht verhindert, so
hatte er an seinen Lehnsherrn eine Heersteuer zu
zahlen; pflichtwidrige Nichtleistung des Lehns-
dienstes zog den Verlust des Lehns nach sich. Der
Lehnsmann hatte seine Ausrüstung und Proviant
auf 6 Wochen mitzubringen; für den weiteren
Unterhalt hatte der Kontingentsherr zu sorgen.
Seit dem 13. Jahrh. wurde es üblich, den Kon-
tingentsherren, Vasallen und Ministerialen aus
Reichsmitteln Geldbeihilfen zu gewähren. Der
Oberbefehl über das Reichsheer stand dem König
oder dem von ihm ernannten Feldherrn zu. In
der Schlacht wurde die Ordnung nach Stämmen
beibehalten. Nach einem uralten, vom Schwaben-
spiegel (Landrecht 32) auf eine Verleihung Karls
des Großen zurückgeführten Ehrenvorrecht kam
den Schwaben der Vorstreit zu. Der Träger der
Hauptfahne der Reiterei, der Reichssturmfahne
(mit schwarzem Adler im goldenen Feld), erhielt
mit ihr als Fahnenlehen Gröningen in Schwa-
ben (heute Markgröningen in Württemberg); seit
1336 bis zum Ende des Reiches blieben die Grafen
und Herzoge von Württemberg im Besitz der
Reichssturmfahne. Die Fahne der Reichsstädte,
auf welcher Maria mit dem Jesuskind dargestellt
war, führten gewöhnlich die Straßburger. So
war aus dem alten Volksheer in der Hauptsache
eine aus Rittern bestehende Lehnsmiliz geworden;
das Fußvolk, gewöhnlich von den Städten gestellt,
kam schon an Zahl wenig in Betracht und ge-
wann nur in inneren Kriegen eine von den Rittern
mit Eifersucht verfolgte Bedeutung. Das Lehns-
heer ist ein aristokratisches Berufsheer, das vom
übrigen Volk sich stolz abschließt, ihm aber auch