geradezu den Verdacht, daß bestimmte wertvolle Informationen an die
Reichsleitung nicht herangebracht wurden, weil man sie für den Nach-
folger aufsparte. So nahm ich, noch ehe ich abreiste, die Gelegenheit wahr,
eine wichtige Mitteilung — ich glaube, es war an Seine Majestät — weiter-
zugeben:
Auf einem geheimen Wege, der mit solcher Vorsicht umkleidet wurde,
daß ich ihn auch heute noch nicht nennen kann, war mir der folgende Bericht
zugegangen: Eine durchaus auf national-belgischem Boden stehende ein-
flußreiche Persönlichkeithatte in bestimmter Form zur Weitergabe nach
Deutschland folgende Außerungen getan:
1. Der belgische Krieg ist aus eigenen Gründen begonnen und sollte
nach unserer Auffassung aus eigenen Gründen wieder aufhören können.
2. Nach einer authentischen Erklärung der deutschen Regierung, welche
Belgiens Anabhängigkeit und Integrität anerkennt, würde die belgische
öffentliche Bewegung für die Loslösung von den Kriegszielen der Entente
sehr stark sein. — Der „nationale Belgier" verfügte auch über gute Verbin-
dungen nach Le Havre.
3. Ein Separatfrieden kommt natürlich für Belgien nicht in Betracht,
wohl aber eine wirksame Initiative zur Herbeiführung eines allgemeinen
Friedens.
Mein Nat ging nun dahin: Zunächst vertraulich auf diplomatischem
Wege dem belgischen König die gewünschte Erklärung über Belgien zu
geben; gleichzeitig sollte der „nationale Belgier" von diesem Schritte
Kenntnis erhalten, um zum mindesten einen öffentlichen Druck auf Le Havre
ausüben zu können, falls von dort keine Initiative zugunsten des Friedens
erfolgte.
Ich verließ Berlin mit der schriftlich niedergelegten Bitte, man solle
jede, auch die diskreteste Werbung für meine Kandidatur unterlassen.
Ich hatte Grund, einige Tage später diese Mahnung zu verstärken. Der
Großherzog von Baden hatte gehört, daß die Möglichkeit meiner Kanzler-
schaft viel besprochen worden war, und erhob vorbeugenden Einspruch
gegen die Bekleidung des Kanzleramtes durch den badischen Thronfolger.
Sein Standpunkt war mir durchaus verständlich.
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