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des Bundesrats den (im Staatenverkehr) üblichen diplomatischen
Schutz zu gewähren.“ Hiernach haben die Bevollmächtigten
zum Bundesrate') gleichwie beim König von Preußen be—
glaubigte diplomatische Vertreter der übrigen Bundesglieder
eine Rechtsstellung erhalten, die einen Verstoß gegen den
bundesstaatlichen Charakter des Reiches darstellt. Trotz dieser
völkerrechtlichen Ausnahmestellung, die diese Bestimmung den
Bevollmächtigten eingeräumt hat, kann daraus der diplomatische
Charakter der Bundesratsvertreter nicht hergeleitet werden, weil
sie in diesem Falle ihren Absendestaat nur beim Reich vertreten
könnten, woraus weiter folgte, daß sie den diplomatischen Schutz
im ganzen Reiche genössen. Dies würde zwar mit dem Wort-
laut der Reichsverfassung übereinstimmen, ist aber nicht die
herrschende Ansicht,s) sondern diese geht dahin, daß sie ihre
exterritoriale Stellung nur in dem Staate haben, wo der
Bundesrat seinen Sitz hat, 4#) soweit sie nicht selbst diesem
Staate angehören. 4) Die Erterritorialität, die die Bundes-
ratsmitglieder nebst ihrer Familie, ihrem Geschäfts= und nicht-
preußischen Hauspersonal gegenüber dem preußischen Staate
besitzen, bildet die Grundlage weiterer Sonderbestimmungen,
die in verschiedenen Gesetzen ihren Platz gefunden haben.
62) Art. 10 bezieht sich auch auf die elsaß-lothringischen Bundesrats-
bevollmächtigten, dagegen nicht auf die stellvertretenden. (Die Praxis ist
aber für letztere ohne rechtliche Grundlage eine andere).
63) Vgl. v. Mohl, S. 276; Meyer, Lehrb. I, S. 438; v. Seydel,
Komm., S. 153, Jahrb. III, S. 280; Laband, Staatsr. I, S. 244, Reichs-
staatsr., S. 64; Arndt, Staatsr., S. 89; Vogels, S. 47; Proebst zu Art. 10,
A. 1, S. 66. Eine entgegengesetzte Auffassung steht im Widerspruch mit der
Reichsangehörigkeit der Bundesratsmitglieder. Auch besitzt der Kaiser als
solcher nicht die Territorialhoheit, weshalb er den diplomatischen Schutz zu
gewähren gar nicht in der Lage ist.
64) Falls der Bundesrat sich also in einem andern deutschen Bundes-
staate versammelte, so würden seine Mitglieder nach demselben Prinzip auch
hier das Recht der Exterritorialität genießen. So spricht auch § 18, Abs. 2,
S. 2 GV. von demjenigen Staate, in dessen Gebiet der Bundesrat seinen
Sitz hat. — Ebenso Seydel, Jahrb. III, S. 280, Komm., S. 153; Quer-
furth, S. 16; Vogels, S. 47f. A. A. Rönne, Staatsr. I, S. 35,
65) Seydel, Komm., S. 153; Schulze, Lehrb. II, S. 51; Laband,
Staatsr. I, S. 244; Reincke, Komm., S. 145; v. Jagemann, S. 90;
Dambitsch, S. 265. Vgl. dasselbe Prinzip in § 18, Abs. 2, S. 2 GVG.