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Übersicht über die einzelnen sächsischen Truppenteile im Osten im ersten Kriegsjahr 1914
Es ist mir außerordentlich schwer gefallen, über die ein-
zelnen sächsischen Regimenter und Bataillone an der Ost-
front in der ersten Kriegszeit Genaueres festzustellen. Lücken
und Irrtümer sind nicht ausgeschlossen.
Bei Kriegsbeginn waren zunächst die sächsischen Land-
wehrinfanterieregimenter 101, 107 und 133 für die Fe-
stungen der Osigrenze bestimmt, Landwehrinfanterieregi-
ment lo#1 für Graudenz, Landwehrinfanterieregiment 107
für Thorn, Landwehrinfanterieregiment 133 für Posen.
Außerdem wurden noch eine Anzahl Ersatzbataillone von
Reserve= und Landwehrregimentern in die Ostfestungen nach
Kriegobeginn verlegt, so das I. Ersatzbataillon Grenadier-
reserveregiments 100, unter Major v. Schimpff, nach Posen,
das Ersatzbataillon Reserveinfanterieregiments 102 und Er-
satzbataillon Reserveinfanterieregiments 104 unter Oberst
Freiherr v. Hammerstein nach Breslau, endlich das I. Ersatz-
bataillon Landwehrinfanterieregiments 107, später unter
Oberstleutnant Eydam, nach Thorn.
Weiter wurde aus den Landwehrersatzbataillonen 47 und 48
Mitte September 1914 in Leipzig das Landwehrersatzregi-
ment Nr. s unter Generalmajor v. Zenker gebildet und mit
der Bahn über Breslau nach Pelen befördert, wo es an den
beiden Polenfeldzügen Hindenburgs ruhmvollen Anteil nahm.
Von Landsturmbataillonen kamen zunächst nach dem Osten:
Landsiurmbataillon Meißen XII/4 nach Gnesen,
„ Mirna XII/8 nach Polen, dann
an die Front,
„ Zittau XII/7 nach Posen,
„ Leipzig XIX/4 nach Polen.
Ihre Einzelgeschichte darzustellen, fehlt der Raum. Das
ist Aufgabe der Truppengeschichten, für welche mein Buch
nur den Nahmen bilden soll. Ich muß mich darauf be-
schränken, im folgenden einen kurzen Abriß der Geschichte
der einzelnen Infanterietruppenteile zu geben. Ich beginne mit
Landwehrinfanterieregiment 101
allmählich ausgebaut zu den Landwehrinfanteric-
regimentern 101 und 103 der 46. Landwehrinfanterie-
brigade (Graf Pfeil)
Das Landwehrinfanterieregiment 101 lag zunächst als
Kriegsbesatzung in der Festung Graudenz vom 10. August
bis 14. September 1914 und umfaßte zunächst die Ba-
taillone I.—IV und das Ersatzbataillon. Es fand im Vor-
postendienst vor der Festung Verwendung. Das Ersatz-
bataillon nahm an der Schlacht bei Tannenberg teil. Es
hatte dort die ersien sächsischen Verwundeten im Ostkrieg.
Am 28. August mobil geworden, wurde das Regiment am
14. September nach Soldau befördert und nahm an dem
Jug der Division v. Semmern über Mlawa—Ciechanow auf
Sonsk teil. Vom 24. September ab wurde dem Regiments-
kommandeur Oberst Graf Pfeil der Grenzschutz im Abschnitt
des Gouvernements Graudenz übertragen. Dabei bildeten
die Bataillone II und III unter Obersileutnant Schurig die
Grenzschutzabtellung Straßburg; die Bataillone 1 und IV
standen unter Major Steinkuhr in Lautenburg, später unter
Obersileutnant Kloß in Mlawa.
Im November standen die Grenzschutzabteilungen in den
Abschnitten Rypinicka —Gorzno (l. und II. Landwehrinfan=
terieregiment 101) und bei Nisle—Schwitz (III. und
IV. Landwehrinfanterieregiment 101). Durch Zuteilungen
entstand nach und nach die Brigade Graf Pfeil. II. und
Ersatzbataillon nahmen im Dezember an dem Kampfe bei
Ciechanow teil. Das IV. Bataillon kämpfte vom 12. bis
15. Januar lols im Verbande der Dioision v. Breugel,
bei Budy—Borowe. Im Februar 1915 wurde aus dem
Ersatzbataillon das V. Bataillon des Landwehrinfanterie-
regiments 101. Die Bataillone IUIII bildeten das Regi-
ment Schurig, die Bataillone IV und V, zu denen abwech-
selnd weitere Kompagnien traten, das Regiment Kloß, beide
Regimenter zusammen die mehrfach anderweit noch ver-
stärkte Brigade Graf Pfeil, die spätere 46. Landwehr-In-
fanteriebrigade. Erst am 22. Juli 1915 stieß ein neues
V. Bataillon in Mlawa zum Regiment Kloß, das bisherige
V. Bataillon wurde in das VI. Bataillon umbenannt.
Im Juli wurde dann aus den Bataillonen II, III und
VI das neue Landwehrinfanterieregiment 101, aus den
Bataillonen I, IV und V am 22. Juli das Regiment Kloß,
später Landwehrinfanterieregiment 103. Die Bataillone
1 und VI wechselten, so daß endgültig die Bataillone
IIII Landwehrinfanteriecegiment lol, die Bataillone
IV—VI das Landwehrinfanterieregiment 103 bildeten.
Die Brigade Graf Pfeil unterstand zunächst dem Gou-
vernement Graudenz; später dem Korps Zastrow, das vor-
übergehend den Namen Korps Graudenz führte und später
als XVII. Reservekorps bezeichnet wurde. In der ersten
Hälfte des Juli 1915 war die Brigade der 14. Landwehr-
Infanteriedivision zugeteilt und wurde vom 13. Juli ab
bei dem XI. Armeekorps der Armeegruppe Gallwitz während
der Durchbruchskämpfe zum Narew eingesetzt. Dann trat
sie zu der Armeegruppe Beseler über. Näheres enthält der
spätere Abschnitt: „Hindenburgs Durchbruch der russischen
Narewfront, Juli—August 1915.“
Leider mangelt der Raum, um die auoführliche Geschichte
der Brigade Graf Pfeil hier aufzunehmen. Auf zahlreichen
Schlachtfeldern des östlichen Kriegsschauplatzes bewährt, ist
sie durch ihren Anteil an der Erstürmung der Festung
Nowo-Georgjewsk am 20. August lons und die Besetzung
von Wilna am 18. September lols besonders berühmt
geworden. Die beiden Regimenter der 46. Landwehr-In-
fanteriebrigade verloren in der Zeit vom 22. September 1914
bis 15. November 1915: 23 Offiziere tot, 74 verwundet,
1183 Mannschaften tot, 4068 verwundet, 112 Mann ver-
mißt, darunter, wie festgestellt, kein Gefangener, ein stolzes
Zeugnis für den Geist, welcher die brave Truppe beseelte.
An Gefangenen lieferte die Brigade allein bei Nowo-
Georgjews 20 0oo Mann ab, in der übrigen Zeit etwa
6000 Mann. Erbeutet wurden von Landwehr-Infanterie-
regiment lo##: 22 schwere, 14 leichte Geschütze, 11 Maschi-
nengewehre, von Landwehr-Infanterieregiment 103: 24
schwere, 3 15-cm-, "F leichte Geschütze, 11 Maschinenge-
wehre und viel Material.
Während des im Herbst lols wieder einsetzenden Stel-
lungskriegs stand die Brigade vor Smorgon.
Landwehr-Infanterieregiment 107
Das Regiment wurde bereits am 8. August 1914 von
Zwickau nach Thorn überführt, bildete dort zunächst die
Festungsbesatzung im Nordostabschnitt, rückte dann nach
Straßburg—Lautenburg vor und nahm an der Schlacht
von Tannenberg am 26. August im Verband der 37. In-
fanteriedivision ruhmvollen Anteil. Auch am 3. und 285.
September focht das Regiment im Grenzraum von Mlawa.
Während der Novemberkämpfe in Polen hatte das Regiment
am 19., 20. und 27. November Gefechtstage. Von Mitte
Dezember ab stand es an der Mlica. Ende März 1915
wurde es aus Polen zum Beskidenkorps in die Karpathen
überführt und am 2. April in Homonna ausgeladen. Im
Verband des Beokidenkorps nahm es an dem großen Sie-