Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

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erhielt dabei starke Verluste. Die Gesamtverluste des Re- 
giments 241 in der Champagne vom 1. Oktober bis 18. No- 
vember betrugen: 
Offiziere: 3 tot, 14 verwundet, 3 vermißt. 
Unteroffiziere und Mannschaften: 125 tot, 405 ver- 
wundet, 105 vermißt. 
Leider wurde auch der krieg#erprobte Regimentskomman- 
deur Oberstleutnant Reußner am 30. Oktober kampfunfähig. 
Das Reserveinfanterieregiment 243 (ohne I) wurde im 
Nebenabschnitt, der dem Kommanseur der 105. Reserve- 
infanteriebrigade unterstand, eingesetzt. Das Regiment griff 
am 6. Oktober spät abends entlang des Weges Ripont— 
Tahure an. Zunächst ging II. 243 vor, gelangte bei völliger 
Dunkelheit in gänzlich unbekanntem Gelände bis dicht vor 
die feindliche Stellung und grub sich vor derselben in 
furchtbarem Flankenfeuer französischer Maschinengewehre 
ein. Wohl traten zunächst durch feindliche Gegenangriffe 
teilweise Rückschläge ein. Auch stiegen die Verluste unheim- 
lich schnell. II. und III. Reserveinfanterieregiment 243 
mußten zunächst sogar bis zur Reservestellung zurückgenom- 
men werden, während I. 243 in Reserve verblieb. Die Re- 
servestellung wurde unerschütterlich gehalten, obwohl sie nur 
einen Kampfgraben ohne Unterstände und Verbindungswege 
nach rückwärts aufwies. In der Nacht zum 13. Oktober 
löste dann Reserveinfanterieregiment 243, dem sein I. Ba- 
taillon wieder unterstellt wurde, Reserveinfanterieregi- 
ment 241 ab, dessen Kampfgraben nur noch dem Namen 
nach bestand. Es waren nur noch einzelne Grabenstücke, 
knietief eingeschnitten, vorhanden. Fieberhaft wurde in den 
Nächten an ihrem Ausbau gearbeitet, trotz des furchtbaren 
feindlichen Artilleriefeuers, das auch in den mondklaren 
Nächten nicht aussetzte. Warme Kost und Schlaf waren 
tagelang unmögliche Genüsse. Am 11. Oktober raffte sich 
der Gegner zu einem allgemeinen großen Angriff gegen 
die Stellung von Reserveinfanterieregiment 241 auf, der 
nur bei I. 241 Erfolg hatte. I. 243 — als Abschnitts- 
reserve — trieb schließlich auch hier am Abend den Feind 
zurück und eroberte die Höhe nordöstlich Lvon Tahure wieder. 
Trotzig klang ihr Gesang „Deutschland, Deutschland über 
aller“ dem zurückflutenden Gegner nach. 
Am 12. Oktober 6 Uhr vorm.##ags griff der Feind wieder 
in mehreren starken Wellen an, wurde jedoch mit furcht- 
baren Verlusten von I. und II. 241 und I. 243 abgewiesen. 
Seine Verwundeten bedeckten buchstäblich das Vorgelände, 
erbarmungolos schoß die feindliche Artillerie auf die Un- 
glücklichen. 
An demselben Tage 6 Uhr abends schritt der Feind nach 
furchtbarem Trommelfeuer nochmals zum Sturm, dies- 
mal in geschlossenen Massen, die Leute mit umgehängten 
Gewehren, erhobenen Armen und vielfach wankend wie 
Betrunkene. Offenbar dachte man an keinen weiteren Wider- 
stand. Um so furchtbarer war der gänzliche Zusammenbruch 
dieses Angriffs im deutschen Artilleriefeuer. 
Am Morgen des 13. Oktober überstieg das Feuer der 
feindlichen Artillerie und Minenwerfer alles bisher da- 
gewesene, dann trat der Feind wieder zum Angriff an. Man 
ließ ihn ohne Feuer bis auf 200 m heran, dann setzte mit 
brausendem Hurra das deutsche Schnellfeuer ein. Auch ein 
späterer Angriff erlitt dasselbe Schicksal. Gefangene sagten 
aus, daß bei jedem einzelnen Angriff französischerseits frische 
Regimenter eingesetzt wurden. 
Die folgenden Tage litten unsere Verteidiger fortgesetzt 
durch schwere Minen, deren Wurf durch die feindlichen 
Flieger, welche die volle Herrschaft der Luft erlangt hatten, 
unheimlich sicher geleitet wurde. Nach zwölftägigem Kampfe 
und Aufenthalt in den flachen Kampfgräben, der Witte- 
rung schutzlos preisgegeben und ohne warme Verpflegung, 
konnte II. Reserreinfanterieregiment 243 am 1. Oktober nach 
einem Lager zur Nachtruhe zurückgeschickt werden, aller- 
dings auch dort beständig von der schweren französischen 
Artillerie in den halbzerstörten, schrecklich verlausten Ba- 
racken beschossen. Vorn war der Kampfgraben infolge fast 
übermenschlicher Arbeitstätigkeit auf 2 m Tiefe gebracht wor- 
den. Es konnte nunmehr eine regelmäßige Ablösung statt- 
finden, welche den Leuten die dringend nötige Erholung 
brachte. Am 23. bzw. 26. Oktober wurde Reserveinfan= 
terieregiment 243 in der vordersten Linie abgelöst. Erst 
jetzt siellten sich nach unerhörter Leistung viele Krankheits- 
fälle ein (728 vom 28. bis 31.Oktober). Am 30. Ok- 
tober trat das Regiment die Nückfahrt an. Seine blu- 
tigen Verluste im Oktober betrugen: 
Offiziere: 4 tot, 20 verwundet, 3 vermißt. 
Unteroffiziere und Mannschaften: 112 tot, 572 ver- 
wundet, 63 vermißt. 
Das Reservejägerbataillon 25 wurde im Bereiche der 
preußischen 21. Reservedivision bei Cernay am sogenannten 
Kanonenberg südwestlich dieses Ortes eingesetzt. Diese Höhe 
war, nachdem die vordere deutsche Stellung am 2". Sep- 
tember verlorengegangen war, notdürftig befestigt worden, 
als letzter Halt im Abschnitt der 2 1. Reservedivision. Nörd= 
lich davon begann die deckungslose Ebene. Dieser Berg war 
trotz zweitägigen französischen Trommelfeuers von dem tap- 
feren III. Bataillon Grenadierlandwehrregiments 100 unter 
Oberstleutnant v. Könneritz gehalten worden, aber am 6. Ok- 
tober waren die Landwehrleute am Ende ihrer Kraft. Da 
lösten die Reservejäger 25 die Landwehr ab und bauten 
in kürzester Frist die Stellung so aus, daß alle feindlichen 
Angriffsversuche in der Folgezeit an ihr zuschanden wurden. 
Ohne direkten Zusammenstoß mit dem Feind erlitt das 
Jägerbataillon bis Mitte November immerhin einen Ver- 
lust von 27 Toten und 77 Verwundeten. 
Auch das Reservefeldartillerieregiment 53 fand in der 
Champagne bei der 16. Reservedivision, später bei der baye- 
rischen §. Infanter#ed#vision wiederum Gelegenheit zu beson- 
derer Auszcichnung in unermüdlichem Feuerkampf. Nachdem 
die deutsche Stellung vor Ankunft des Regiments zum 
großen Teil hatte zurückverlegt werden müssen, fanden die 
Batterien beine ausgebauten Stellungen vor. Sie mußten 
sie erst selbst schaffen, während die aufs äusierste gesteigerte 
Gefechtstätigkeit an sich schon alle Kräfte in Anspruch nahm. 
Wochenlang verschoß das Neg ment täglich etwa 4000 Schuß, 
an einem Nachmittag sogar 14 000, um die eigene schwer- 
ringende Infanterie zu entlasten. Natürlich wurde dabei 
auch das Material riesig in Anspruch genommen. Vorüber- 
gehend waren von den 36 Geschützen nur 21 feuerfäbig. 
Sehr störend erwiesen sich die feindlichen Flieger bei ihrer 
völligen Beherrschung der Luft. Sie lenkten wiederholt das 
Feuer der schweren französischen Artillerie auf das Regiment, 
dessen Geschütze mehrfach verschüttet waren und dessen Feuer 
zeitweise ganz niedergehalten wurde. Auch Feuerleitung, 
Meldeverkehr und Munitionsnachschub litten unter dem ver- 
schwenderischen Streufeuer der zahlreichen französischen Ar- 
tillerie ganz erheblich. 
Die Reservepionierkompagnie §3 arbeitete vom 8. Okte- 
ber ab bei der 21. Reservedivision, vom 14. Oktober ab 
bei der bayerischen s. Infanteriedivision und war gegen 
Ende des Monats in den Kämpfen bei Tahure besonders 
tätig. 
Die Reservesanitätskompagnie 53 fand Verwendung vom 
7. Oktober ab heim VIII. Reservekorps, vom 12. Oktober 
beim VIII. Armeekorps. Hier wurden an Mut und Aus- 
dauer der Kompagnie auf den Hauptverbandplätzen Fon- 
taine und Aure hohe Anforderungen gestellt. 
Von den der Division zugeteilten Kolonnen mußten ganz 
außerordentlich große Leistungen verlangt werden, um den 
gewaltig gesteigerten Munitions= und Verpflegungonachschub. 
aufrechtzuerhalten. 
Mit hoher Anerbennung aller Vorgesetzten der neuen Be-
	        
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