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drohte auch noch von Südosten her, von Salaty aus, eine
weitere russische Kavalleriedivision den Rücken der Brigade
Homeyer.
Am 1. August, einem heiteren Sonntag, räumte trotzdem
der Feind vor Tagesanbruch die Mitauer Westfront gegen-
über der 41. Infanteriedivision. Frühzeitig war die 8. Ka-
valleriedivision über Annenburg—Garossen gegen die Straße
von Mitau auf Niga aufgebrochen, um dem Feinde noch
möglichst Abbruch zu tun. Vor der 6. Reservedivision
hielten die Russen halbwegs Bausk—Groß--Ekau noch hart-
näckig stand zur Deckung des regen Bahnverkehrs auf der
Strecke nach Jakobstadt und des Wagenverkehrs in Rich-
tung auf Riga. In Mitau waren starke Brände sichtbar.
2,30 Uhr nachmittags drang die Abteilung v. Friedrichs
der Außenabteilung Libau von Nordwesten her zuerst in
Mitau ein, 4,30 Uhr nachmittags gelangten auch von Süden
her nach kurzem Kampfe zwei Negimenter der 41. In-
fanteriedivision in die Stadt. Sofort wurden alle An-
ordnungen für ergiebigste Verfolgung getroffen. Auch die
Brigade Homeyer wurde hierzu der 8. Kavalleriedivision
weiter zur Verfügung gestellt und sofort guf Groß-Ekau
in Bewegung gesetzt, ihr beigegeben das 17. Ulanenregiment.
Die 38. Kavalleriedivision selbst wurde mit der 12. Reserve-
brigade der 6. Reservedivision unter dem General v. d. Decken
auf Peterhof angesetzt, der Rest der 6. Reservedivision auf
Mitan, dabei die 40. Kavalleriebrigade.
Die 41. Infanteriedivision stieß durch Mitau durch und
drang auf der Rigaer Straße noch an demselben Tage bis
Peterhof vor.
Hierbei, wie stets früher und später, deckten sich die An-
ordnungen des Kommandeurs der 8. Kavalleriedivision voll-
ständig mit den erst später naturgemäß eintreffenden Be-
fehlen des Armeeoberkommandos.
Die Brücken von Mitau waren zerstörk, das Ubersetzen
in Kähnen hielt auf, die Nacht brach darüber herein. Die
Beute war gering. Die Russen hatten rechtzeitig alles in
Sicherheit gebracht und die Fabriken und Holzlager Mitaus
in Brand gesteckt. Die Wohnhäuser hatte das schnelle Zu-
greifen der Division vor dem gleichen Schicksal bewahrt.
Die Bevölkerung begrüßte die Deutschen als Befreier.
Am nächsten Morgen, dem 2. August, wurde die Ver-
folgung planmäßig fortgesetzt. Am Abend hielt der Feind
nur noch das Waldgelände nördlich der Misse. Nussische
schwere Artillerie feuerte von Olai auf Peterhof.
Bereits am Mittag traf der Oberbefehlshaber der Niemen-
armee in Mitau ein und bereits am Abend desselben Tages,
des 2. August, war die neue Gruppierung der bei Mitau
unter dem General Graf v. Schmettow zusammengezogenen
Kräfte erfolgt. Die Sperrung des Aa-Abschnittes wurde
einer besonderen Gruppe Mitan, bestehend aus der 6. Re-
servedivision, der Brigade Homeyer und Teilen der Außen-
abteilung Libau, übertragen. Die 8. Kavalleriedivision gab die
13. Kavalleriebrigade, ihre Libautruppen, III. Bataillon
Reserveinfanterieregiments 20 und I. Bataillon Reserve-
infanterieregiments 24 wieder ab und rückte, um das Garde-
reserveschützenbatalllon und Reservejägerbataillon 3, das
biober bei der 6. Reservedivision gefochten hatte, verstärkt,
zu neuer Aufgabe am 3. August in den Naum zwischen
der Muscha und dem Njemenek zunächst bis zur Linie
NRupule —Brunowischki vor. Aufklärung wurde sofort nach
den Straßenknotenpunkten bei Salaty, Genaize und Schön=
berg angesetzt. Die Division selbst ging nach Kautzemünde.
Man vergegenwärtige sich die allgemeine Kriegslage auf
dem russischen Kriegsschauplaß zu dieser Zeit. Mit den
Hauptkräften war der Generalfeldmarschall v. Hindenburg
über die russische Festungslinie vorgebrochen, um das rus-
sische Feldheer einzukreisen. Dem General v. Below fiel
bierbei mit seiner Niemenarmee die Deckung des deutschen
Ostbeeres gegen russische Flankenangriffe über die Düna
zu. Er war jetzt dabei, nach gründlicher Abrechnung mit
der russischen fünften Armee das ganze Land diesseits der
Düna vollständig von Russen zu säubern, und zwar mög-
lichst durch großzügige Einkreisungen, wobei der Kavallerie
auf den schwenkenden Flügeln die Hauptarbeit zufiel.
Die nächste Bewegung richtete sich gegen die starke feind-
liche Kavalleriemasse, welche zwischen Podbirshi und Birshi
noch immer standhielt. Sie sollte in dem großen Wald-
und Sumpfgebiet südlich der Dünastrecke Jacobstadt—
Friedrichstadt eingekesselt werden. Die Leitung dieser Unter-
nehmung wurde dem General Graf v. Schmettow, dem
Kommandeur des Kavalleriekorps, übertragen und ihm die
41. Infanteriedivision und die 8. Kavalleriedivision hierzu
zur Verfügung gestellt. Im allgemeinen sollte das Ka-
valleriekorps von Süden, die 41. Infanteriedivision von
Westen und die 8. Kavallerledivision von Norden vorgehen.
Die Truppen hatten spät am 3. August ihre neuen Quar-
tiere erreicht. Auch am 4. August klappte das Zusammen-
arbeiten der drei vorgenannten Gruppen vorzüglich. Aber
der Feind war gegen einkreisende Bewegungen nach Hinden-
burgscher Manier schon sehr mißtrauisch geworden und ent-
zog sich durch schleunigste Flucht ostwärts in dem schwierigen,
ihn vorzüglich schützenden Sumpfwaldgebiet noch rechtzeitig
dem Verderben. Bei der 8. Kavalleriedivision hatte das
die Aufklärungseskadron des Ulanenregiments 21 unter
Rittmeister Schäffer rechtzeitig festgestellt. Eine andere Auf-
klärungseskadron desselben Regiments unter Rittmeister
Menz stieß bei Schönberg auf starken feindlichen Wider=
stand. Das spornte zu erneuter Steigerung der Marsch-
leistung an, was diesen Tag zu einem der anstrengendsten
des Feldzuges machte.
Inzwischen war ein neuer starker Feind von Jacobstadt
aus entlang der Bahn auf Daudsewas im Vordringen fest-
gestellt worden. Der neue Feind hatte offenbar die Ab-
sicht, die Flanke der Niemenarmee von dort aus erneut
anzugreifen, um ihre Bewegung auf Dünaburg zu zum
Stehen zu bringen. Die Abwehr dieses neuen Gegners
wurde nunmehr Aufgabe der 8. Kavalleriedivision, welche
ihm zunächst stand. Sie erhielt Befehl, die Linie Radsi-
wilischki— Schönberg zu besetzen und die Bahnlinie Jacob=
stadt—Daudsewas zu zerstören. Noch in der Nacht zum
6. August brach die 8. Kavalleriedivision wieder auf, um
das bedrohte Schönberg, wo der Nittmeisier Menz inzwischen
tapfer standgehalten hatte, zu entsetzen. Die Division hielt
während der folgenden Tage befehlsgemäß die obige Linie
und blieb in ständiger Verbindung mit den übrigen Teilen
des Kavalleriekorps v. Schmettow, dessen 41. Infanterie-
division am 7. August Salaty—Rasbany erreichte.
Noch am 7. abends wurde die 38. Kavalleriebrigade bei
Radsiwilischki, ebenso die 23. Kavalleriebrigade bei Schön-
berg angegriffen. Der Feind wurde überall abgewiesen.
Das Kavalleriekorps stand zu dieser Zeit um Ponemuni—
Ponedeli einem Feinde, der Tschadossy hielt, gegenüber.
Die 41. Infanteriedivision ging am 8. August weiter in
südöstlicher Richtung vor. Der Kommandeur der 38. Ka-
valleriedivision gewann den Eindruck, daß der Feind ihn
nur festhalten wolle, während er mit seinen Hauptkräften
weiter östlich durch das unübersehbare Waldgebiet nach Süd-
osten gegen die Flanke der Niemenarmce weiter vordrang.
Aber am 8. August griff der Feind plötzlich aus den Wäldern
ösilich der Aposchtscha, mit seinem Südflügel auf Birshi
umfssend, an, die 3. Kavalleriedivision wich nach Einbruch
der Dunkelheit etwas aus, um aus einer günstigeren Stel-
lung durch einen kräftigen Gegenstoß den Feind entscheidend
schlagen zu können. Der Feind fühlte am 9. August auch
zwischen Jasischki und Schönberg mit Truppen aller Waffen
gegen die neue Stellung der Division vor. Angesichts dieses
neuen Feindes gab der Divisionskommandeur seinen Angriff
an der Aposchtscha auf, beschloß den Feind hier nur hinzuhalten