Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

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in Sicht. Mit einem Kolbenschlage wurde diese verlöscht, 
und klirrend fielen die Glassplitter auf die Steine des 
Fußweges. Kurz bevor die Stelle erreicht war, wo Seiten- 
straßen links und rechts einmünden, war die Straße auf- 
gerissen und zu einem Hindernis aufgeworfen, welches 
nur in der Mitte eine Gasse von etwa 3 Meter Breite auf- 
wies. Durch diese hindurch mußte sich nun die Truppe 
hindurchzwängen. Kaum hatten die ersten Pioniere dieselbe 
durchschritten, so krachten hinter ihnen drei Gewehrschüsse 
aus den Obergeschossen der an der Straße stehenden Häuser. 
Dies war wohl das Zeichen zur Eröffnung des Feuero 
auf unsere Leute. Denn im Nu krachte und blitzte es von 
allen Seiten aus den Fenstern. Etliche der voranmarschie- 
renden Schützen glitten aus und stürzten. Durch die nach- 
drängenden Leute entstand eine kurze Stauung. Doch schnell 
hatte sich alles wieder aufgerafft, und nun wurde das 
Feuer auf die sekundenlang vom Abschuß beleuchteten 
Fenster beantwortet. Inzwischen war die Straßenkreuzung, 
an der wieder eine Gasflamme brannte, erreicht. Bald 
war auch sie zum Verlöschen gebracht. Das wohl- 
gezielte Feuer der Pioniere und Schützen und die ganz 
vortrefflich wirkenden Handgranaten, die in die Häuser 
geschleudert wurden, erstickten in ungefähr 15 Minuten 
die meist aus Jagdgewehren mit Schrot abgegebenen plan- 
losen Schüsse aus den Fenstern. Nur vereinzelt spritzten 
sie noch gegen die Wände, von denen Mörtel, Steinstücke 
und Glaosplitter herunterfielen. 
MWeährend der kurzen Stauung waren naturgemäß Hand- 
granaten verloren worden. Diese wurden jetzt aufgehoben 
und in die Häuser geschleudert, aus denen das Gewehrfeuer 
noch nicht nachlassen wollte. Teile des Erkundungstruppe 
waren bis zu der etwas südlicher liegenden Brücke vor- 
gedrungen und hatten festgestellt, daß diese noch gangbar 
sei. Von dem gegenüberliegenden Ufer der Maas aus 
wurde die Brücke mit Maschinengewehrfeuer gesperrt. 
Bald erklang das Hornsignal „Vorgehen“, das vorher 
bekanntgegebene Zeichen zum Nückmarsch. Unter Mitnahme 
sämtlicher Toten und Verwundeten verließen die Schützen 
und Pioniere die Stadt auf demselben Wege, wie sie 
gekommen waren.“ 
Unternehmung gegen die Brücke von Anseremme 
Die Unternehmung gegen die Brücke von Anseremme 
umspült hier die Hochfläche von Onhaye im Abstand von 
etwa " Kilometer auf der Südseite wie auf der Dinantfront 
in gleichem Abstand von Osten her. Auch hier erscheint, von 
dem östlichen Anmarschgelände aus gesehen, das hoch- 
gelegene Dorf Onhaye wie eine Festung. Ihre Vorwerke 
bilden gleichsam das Dorf Lenne, dicht über der Maas- 
rundung, in der Mitte des Abschnittes und am Südende des- 
selben das Dorf Insemont, hoch über dem engen Tal bei 
Hastière auf schroffem Berghang breithin gelagert. 
OÖstlich der Maas, in dem Raume, durch den die Divi- 
sionen des XIX. Armeekorps anrückten, erschweren das tief- 
eingeschnittene Tal des Lessegrundes und das Gewirr der 
bewaldeten Höhen zwischen schroffen Einsenkungen des 
Kreidemassivs sowie das quer zur Vormarschrichtung nach 
den Maasbrücken von Anseremme und Hastière verlaufende 
Straßennetz die Vorwärtsbewegung ganz bedeutend. Zwischen 
beiden Brücken bieten breitgelagerte Höhenrücken gute 
Artilleriestellungen, um den Gegner auf der Hochfläche 
jenseits der Maas zu bekämpfen, nicht aber, um in einen 
Kampf um das tiefeingeschnittene Flußufer und die Ufer- 
dörfer eingreifen zu können. 
Die 24. Infanteriedivision, welcher der rechte Abschnitt 
des XIX. Armeekorps zufiel, beauftragte das 107. Infan- 
terieregiment unter Oberst Löffler und im Linkoanschluß 
an dasselbe das Jägerbataillon Nr. 12 mit der Erkun- 
dung gegen die Brücke von Anseremme. 
Das Infanterieregiment 107 hatte nach sehr anstrengen- 
dem Marsche am Spätnachmittag des 21. August Sorinne 
erreicht und wurde am Abend nach Dräéhance vorgezogen. 
Von dort aus wurden das I. und III. Bataillon gegen 
die Brücke angesetzt, das III. Bataillon rechts, dao I. Ba- 
taillon links. 
Auch hier soll ein Teilnehmer den Eindruck seines ersten 
Gefechtstages wiedergeben: „11 Uhr 30 Minuten abendo 
sollte mit größter Stille und unter Vermeidung jeden 
Schießens der Vorstoß gegen das Maaa#ufer angetreten 
werden. Es war ein gespensterischer Marsch. Lautlos zogen 
die Bataillone durch das scheinbar verlassene Anseremme 
und verschwanden im Nebel des Maastales. Zur rechten 
Hand leuchtete das brennende Dinant. Von der zweiten 
Armee, die dem Feind schon vor der Klinge hatte, rollte 
unaufhörlich Kanonendonner herüber. Nachdem die Lesse 
überschritten war, tauchten im Nebel die Bogen der ge- 
suchten Eisenbahnbrücke auf. Das I. Bataillon erhielt von 
  
fiel in den rechten Divisionsabschnitt des XIX. Armeekorps. 
  
    
  
    
  
   
  
   
  
  
   
Dinant, Bayardfelsen 
Der Maagabschnitt vor seiner Front, von Anseremme bis 
Hastière, gab der Oinantfront an Schwierigkeit nichts 
nach. Hier windet sich die Maas in fünf Bogen durch das 
etwa 150 Meter den Fluß überhöhende Bergland. Sie 
hier aus starkes Feuer. Zunächst wurde 
angenommen, daß das III. Bataillon die 
Brücke bereits besetzt und irrtümlicherweise 
auf das I. Bataillon geschossen habe. Als 
auf das Zurufen der Parole deutsche Laute 
zurückschallten, wurde der Weitermarsch an- 
getreten. Als aber mit jedem Schritt vor- 
wärts das Feuer von der Brücke heftiger 
wurde und die ersten Verluste eintraten, 
wurde es allen klar, daß der Feind noch 
die Brücke besetzt hielt und uns zu täuschen 
versucht hatte. Je ein Zug der 2. und 
3. Kompagnie unter den Leutnants Aul- 
horn und Wuthenow erhielt daraufhin den 
Befehl, die Brücke anzugreifen. Im Dunkel 
der Nacht tauchten die Züge unter. Durch 
das heftigste feindliche Maschinengewehr- 
und Infanteriefeuer hindurch drangen sie vor 
und warfen in raschem Anlauf die feindliche 
Besatzung, die aus etwa einem JZuge und 
auc einem Masehinengewehr bestand, über 
die Maas. Das I. Bataillon ging unterdessen um die Kirche 
herum, erreichte oberhalb der Eisenbahnbrücke den Bahn- 
damm, erstieg diesen und anschließend einen etwa 50 Meter 
hohen, mit dickem Brombeergebüsch bewachsenen Steilhang.
	        
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