Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

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Für ihre Beförderung zum Offizier waren die allgemeinen 
Grundsätze maßgebend. Ubernahme von Offizieren des 
Beurlaubtenstandes in die aktive Armee — unter Einhaltung 
einer Höchstaltersgrenze von dreißig Jahren — sind häufig 
vorgekommen. 
Für die Beförderung zum Offizier des Beurlaubten- 
standes war während fast des ganzen Krieges maßgebend, 
ob der Betreffende im Besitze des Zeugnisses zum einjährig- 
freiwilligen Dienst war. Erst gegen Ende des Krieges bot 
ein Erlaß die Möglichkeit, auch anderen die Beförderung 
zuteil werden zu lassen, die sich auf Grund ihrer persönlichen 
Eigenschaften und ihrer militärischen Fähigkeiten dazu eig- 
neten. Abgesehen davon sind vereinzelte Beförderungen zu 
Offizieren des Beurlaubtenstandes auf Grund hervorragen- 
der Auszeichnung vor dem Feinde vorgenommen worden. 
So wurden z. B. 70 Feldwebelleutnanto zu Reserve= oder 
Landwehroffizieren befördert. 
Reaktivierungen, besonders älterer Offiziere, wurden nur 
in ganz beschränkter Zahl vorgenommen. 
Häufigen Wandlungen waren die Bestimmungen über die 
Ernennung von Feldwebelleutnants unterworfen. Der Kreis 
der Anwärter auf diese Stellung umfaßte zu Anfang des 
Krieges nur die ehemaligen Unteroffiziere mit zwölfjähriger 
aktiver Dienstzeit. Im April lols traten die Offizier- 
aspiranten des Beurlaubtenstandes, darunter auch solche 
ehemalige, die zur Beförderung zum Offizier des Be- 
urlaubtenstandes nicht in Aussicht genommen waren, in 
diesen Kreis ein. Wesentlich erweitert wurde der Kreis im 
Mai 1918; es konnten nunmehr aufgenommen werden auch 
Unteroffiziere des Friedensstandes mit einer aktiven Dienst- 
zeit von zwölf und mehr Jahren, Unteroffiziere des Be- 
urlaubtenstandes und des Landsturms auch ohne die wissen- 
schaftliche Befähigung zum einjährig-freiwilligen Dienst, die 
eine Mindestdienstzeit von zwölf Jahren aufweisen konnten, 
sowie Unteroffiziere des ungedienten Landsturms, die als 
solche das dienstpflichtige Alter überschritten hatten. Für 
Offizieraspiranten wurde eine achtjährige Dienstleistung ver- 
langt. Voraussetzung war für alle Gattungen, daß der 
Dienstgrat eines Feldwebels oder Wachtmeisters bzw. Vize- 
feldwebels und Vizewachtmeisters erreicht war. Vor der 
Ernennung zum Feldwebelleutnant mußte eine vierwöchent- 
liche Dienstzeit als Offizierstellvertreter abgeleistet sein. 
Nur bei mobilen Formationen befindliche Anwärter konnten 
der Ernemmung teilhaftig werden. Dem Range nach stan- 
den die Feldwebelleutnanto hinter den jüngsten Leutnants 
der Reserve oder der Landwehr, in bezug auf die Gebührnisse 
standen sie auf gleicher Stufe mit den Oberleutnants und 
Leutnants. : Es 
Die die Verleihung von Kriegsauszeichnungen be- 
treffenden Fragen hatten besonders in den ersten Kriegs- 
monaten der Abteilung IV viel Arbeit gemacht. Erfah- 
rungen lagen nicht vor, besondere Vorbereitungen waren 
nicht getroffen; andererseits ließen die erfolgreichen ersten 
Kämpfe des Heeres den Wunsch nach baldiger Belohnung 
für tapfere Taten wach werden. Später kam hinzu, durch 
Verleihung von Auczeichnungen die Kampffreudigkeit zu 
beben und zu erhalten. Dao Verleihungsrecht wurde zunächst 
den Truppenbefehlshabern übertragen; von der Einreichung 
ordnungsmäßiger Vorschläge konnte abgesehen werden, mit 
Ausnahme der für die Verleihung des Militär-St. Heinrichs- 
Ordens und dessen Medaillen und der Auszeichnungen für 
Offiziere in Stellen vom Regimentskommandeur aufwärts. 
Von Zeit zu Zeit wurden den Truppen die Auozeichnungen 
überwiesen; für die Zahl waren maßgebend die Größe der 
Formation und der Grad der Anteilnahme der Truppe an 
den Kampfhandlungen. 
Anerkennungs-Urkunden für hervorragende Lei- 
siungen wurden dann verliehen, wenn die Häufung von 
Auszeichnungen auf eine Person vermieden werden sollte. 
Abteilung V (Medizinalabteilung) 
Das lawinenartige Anwachsen der Arbeit machte sehr bald 
nach Kriegsausbruch eine Verteilung des Dienstes auf vier 
Referate und in räumlicher Hinsicht sich eine Ausbreitung 
nötig, welch letztere durch Ermietung von geeigneten Räum- 
lichkeiten bewerkstelligt wurde. 
Mehr wie die andern Abteilungen des Kriegsministeriums 
hatte die Meohzinalabteilung, deren Chef Ober-Generalarzt 
Dr. Mutze-Wobst war, mit inneren Schwierigkeiten zu 
kämpfen. Besonders zu Beginn des Krieges. Verhäng- 
nisvoll hätte der Mangel an spezialistisch ausgebildeten 
Kräften werden können, deren Aufgabe es war, die Fülle 
der Verfügungen, Verordnungen usw., die sich von Berlin 
nach Dresden ergoß, andrerseits die Masse der Anfragen, 
Anforderungen usw. zu meistern, mit denen die Dienst- 
stellen in und hinter der Front die heimatliche Zentral- 
stelle bestürmten. — 
Von den planmäßig bei Kriegsausbruch zu besetzenden 
1164 militärärztlichen Stellen konnten nur 1087 
besetzt werden. Die Frage des Ersatzes der während deo 
Krieges infolge Tod, Verwundung oder sonst einem Grunde 
ausscheidenden Sanitätsoffiziere ist stets ein Sorgenkind des 
Kriegsministeriums gewesen. « 
Zur Ausfüllung der Lücken verwandte man zunächst so- 
genannte Vertragsärzte, d. h. Zivilärzte, die durch Privat- 
diensivertrag zu militärischer Dienstleistung angenommen 
wurden. Sie fanden zunächst bei den Kriegslazarettabtei- 
lungen Verwendung, kamen aber von dort auch zu Feld- 
lazaretten und sogar zu Feldtruppenteilen. 
Als der Mangel an Militärärzten im sächsischen Kon- 
tingent zu Anfang des Krieges sich plötzlich fühlbar machte, 
konnte Bayern mit seinem damaligen Uberschuß aushelfen. 
Um den Bedürfnissen der JZivilbevölkerung Rechnung zu 
tragen, wurde dreihundert zum Heereödienst eingezogenen 
#rzten die Ausübung der Zidilpraxis neben der militäri- 
schen gestattet. Die Zurückstellung von 426 Arzten im 
Interesse der Zivilbevölkerung machte sich nötig, auch fielen 
zahlreiche Arzte für militärische Zwecke dadurch aus, daß 
sie als Besitzer von Kliniken beurlaubt wurden, um vor 
dem wirtschaftlichen Zusammenbruch bewahrt zu werden. 
Trotz der geschilderten mißlichen Verhältnisse hat es sich 
ermöglichen lassen, 34 Arzte im Juli 1918 der Türkei 
und Bulgarien zur Verfügung zu stellen. 
Weniger schwierig, als die Beschaffung von Arzten, 
war die von Apothekern. Die planmäßige Zahl von 
148 Stellen konnte aus den 6 Aktiven und 187 Apothekern 
des Beurlaubtenstandes zu Kriegsbeginn mühelos besetzt 
werden. Erst im vierten Kriegojahre wurde eine erhöhte 
Nücksichtnahme auf die Bedürfnisse der Jivilbevölkerung 
erforderlich. 
Ohne Hindernisse ging die Beschaffung von Zahn- 
ärzten vor sich; es wurden im ganzen 6s eingestellt, wo- 
von einer der Türkei abgetreten wurde. 
Für die Unterbringung kranker Militärper= 
sonen bestanden in Sachsen zu Friedenszeiten 22 Garni- 
sonlazarette, zu denen zwei Genesungsheime kamen. Mit 
Auospruch der Mobilmachung sitanden zur Verfügung 
33 Reservelazarette mit 21298 Lagerstätten, die zum 
großen Teil sehr bald in Anspruch genommen wurden. Da 
dao für Lazarettzwecke in Aussicht genommene Lager Königs- 
brück zur Unterbringung von Gefangenen benötigt wurde, 
mußte eine entsprechende Anzahl Lagerstätten in den kürz- 
lich erbauten Kasernen zu Löbau, Glauchau und Meißen 
vorgerichtet werden. Außerdem mußten an verschiedenen 
Stellen Ererzierhäuser, Traindepotbaracken und andere mili- 
tärische Baulichkeiten für die Aufnahme von Kranken und 
Verwundeten hergerichtet werden, was mit einem Kostenauf- 
wand von über zweieinhalb Millionen Mark geschah. Die
	        
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