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Für ihre Beförderung zum Offizier waren die allgemeinen
Grundsätze maßgebend. Ubernahme von Offizieren des
Beurlaubtenstandes in die aktive Armee — unter Einhaltung
einer Höchstaltersgrenze von dreißig Jahren — sind häufig
vorgekommen.
Für die Beförderung zum Offizier des Beurlaubten-
standes war während fast des ganzen Krieges maßgebend,
ob der Betreffende im Besitze des Zeugnisses zum einjährig-
freiwilligen Dienst war. Erst gegen Ende des Krieges bot
ein Erlaß die Möglichkeit, auch anderen die Beförderung
zuteil werden zu lassen, die sich auf Grund ihrer persönlichen
Eigenschaften und ihrer militärischen Fähigkeiten dazu eig-
neten. Abgesehen davon sind vereinzelte Beförderungen zu
Offizieren des Beurlaubtenstandes auf Grund hervorragen-
der Auszeichnung vor dem Feinde vorgenommen worden.
So wurden z. B. 70 Feldwebelleutnanto zu Reserve= oder
Landwehroffizieren befördert.
Reaktivierungen, besonders älterer Offiziere, wurden nur
in ganz beschränkter Zahl vorgenommen.
Häufigen Wandlungen waren die Bestimmungen über die
Ernennung von Feldwebelleutnants unterworfen. Der Kreis
der Anwärter auf diese Stellung umfaßte zu Anfang des
Krieges nur die ehemaligen Unteroffiziere mit zwölfjähriger
aktiver Dienstzeit. Im April lols traten die Offizier-
aspiranten des Beurlaubtenstandes, darunter auch solche
ehemalige, die zur Beförderung zum Offizier des Be-
urlaubtenstandes nicht in Aussicht genommen waren, in
diesen Kreis ein. Wesentlich erweitert wurde der Kreis im
Mai 1918; es konnten nunmehr aufgenommen werden auch
Unteroffiziere des Friedensstandes mit einer aktiven Dienst-
zeit von zwölf und mehr Jahren, Unteroffiziere des Be-
urlaubtenstandes und des Landsturms auch ohne die wissen-
schaftliche Befähigung zum einjährig-freiwilligen Dienst, die
eine Mindestdienstzeit von zwölf Jahren aufweisen konnten,
sowie Unteroffiziere des ungedienten Landsturms, die als
solche das dienstpflichtige Alter überschritten hatten. Für
Offizieraspiranten wurde eine achtjährige Dienstleistung ver-
langt. Voraussetzung war für alle Gattungen, daß der
Dienstgrat eines Feldwebels oder Wachtmeisters bzw. Vize-
feldwebels und Vizewachtmeisters erreicht war. Vor der
Ernennung zum Feldwebelleutnant mußte eine vierwöchent-
liche Dienstzeit als Offizierstellvertreter abgeleistet sein.
Nur bei mobilen Formationen befindliche Anwärter konnten
der Ernemmung teilhaftig werden. Dem Range nach stan-
den die Feldwebelleutnanto hinter den jüngsten Leutnants
der Reserve oder der Landwehr, in bezug auf die Gebührnisse
standen sie auf gleicher Stufe mit den Oberleutnants und
Leutnants. : Es
Die die Verleihung von Kriegsauszeichnungen be-
treffenden Fragen hatten besonders in den ersten Kriegs-
monaten der Abteilung IV viel Arbeit gemacht. Erfah-
rungen lagen nicht vor, besondere Vorbereitungen waren
nicht getroffen; andererseits ließen die erfolgreichen ersten
Kämpfe des Heeres den Wunsch nach baldiger Belohnung
für tapfere Taten wach werden. Später kam hinzu, durch
Verleihung von Auczeichnungen die Kampffreudigkeit zu
beben und zu erhalten. Dao Verleihungsrecht wurde zunächst
den Truppenbefehlshabern übertragen; von der Einreichung
ordnungsmäßiger Vorschläge konnte abgesehen werden, mit
Ausnahme der für die Verleihung des Militär-St. Heinrichs-
Ordens und dessen Medaillen und der Auszeichnungen für
Offiziere in Stellen vom Regimentskommandeur aufwärts.
Von Zeit zu Zeit wurden den Truppen die Auozeichnungen
überwiesen; für die Zahl waren maßgebend die Größe der
Formation und der Grad der Anteilnahme der Truppe an
den Kampfhandlungen.
Anerkennungs-Urkunden für hervorragende Lei-
siungen wurden dann verliehen, wenn die Häufung von
Auszeichnungen auf eine Person vermieden werden sollte.
Abteilung V (Medizinalabteilung)
Das lawinenartige Anwachsen der Arbeit machte sehr bald
nach Kriegsausbruch eine Verteilung des Dienstes auf vier
Referate und in räumlicher Hinsicht sich eine Ausbreitung
nötig, welch letztere durch Ermietung von geeigneten Räum-
lichkeiten bewerkstelligt wurde.
Mehr wie die andern Abteilungen des Kriegsministeriums
hatte die Meohzinalabteilung, deren Chef Ober-Generalarzt
Dr. Mutze-Wobst war, mit inneren Schwierigkeiten zu
kämpfen. Besonders zu Beginn des Krieges. Verhäng-
nisvoll hätte der Mangel an spezialistisch ausgebildeten
Kräften werden können, deren Aufgabe es war, die Fülle
der Verfügungen, Verordnungen usw., die sich von Berlin
nach Dresden ergoß, andrerseits die Masse der Anfragen,
Anforderungen usw. zu meistern, mit denen die Dienst-
stellen in und hinter der Front die heimatliche Zentral-
stelle bestürmten. —
Von den planmäßig bei Kriegsausbruch zu besetzenden
1164 militärärztlichen Stellen konnten nur 1087
besetzt werden. Die Frage des Ersatzes der während deo
Krieges infolge Tod, Verwundung oder sonst einem Grunde
ausscheidenden Sanitätsoffiziere ist stets ein Sorgenkind des
Kriegsministeriums gewesen. «
Zur Ausfüllung der Lücken verwandte man zunächst so-
genannte Vertragsärzte, d. h. Zivilärzte, die durch Privat-
diensivertrag zu militärischer Dienstleistung angenommen
wurden. Sie fanden zunächst bei den Kriegslazarettabtei-
lungen Verwendung, kamen aber von dort auch zu Feld-
lazaretten und sogar zu Feldtruppenteilen.
Als der Mangel an Militärärzten im sächsischen Kon-
tingent zu Anfang des Krieges sich plötzlich fühlbar machte,
konnte Bayern mit seinem damaligen Uberschuß aushelfen.
Um den Bedürfnissen der JZivilbevölkerung Rechnung zu
tragen, wurde dreihundert zum Heereödienst eingezogenen
#rzten die Ausübung der Zidilpraxis neben der militäri-
schen gestattet. Die Zurückstellung von 426 Arzten im
Interesse der Zivilbevölkerung machte sich nötig, auch fielen
zahlreiche Arzte für militärische Zwecke dadurch aus, daß
sie als Besitzer von Kliniken beurlaubt wurden, um vor
dem wirtschaftlichen Zusammenbruch bewahrt zu werden.
Trotz der geschilderten mißlichen Verhältnisse hat es sich
ermöglichen lassen, 34 Arzte im Juli 1918 der Türkei
und Bulgarien zur Verfügung zu stellen.
Weniger schwierig, als die Beschaffung von Arzten,
war die von Apothekern. Die planmäßige Zahl von
148 Stellen konnte aus den 6 Aktiven und 187 Apothekern
des Beurlaubtenstandes zu Kriegsbeginn mühelos besetzt
werden. Erst im vierten Kriegojahre wurde eine erhöhte
Nücksichtnahme auf die Bedürfnisse der Jivilbevölkerung
erforderlich.
Ohne Hindernisse ging die Beschaffung von Zahn-
ärzten vor sich; es wurden im ganzen 6s eingestellt, wo-
von einer der Türkei abgetreten wurde.
Für die Unterbringung kranker Militärper=
sonen bestanden in Sachsen zu Friedenszeiten 22 Garni-
sonlazarette, zu denen zwei Genesungsheime kamen. Mit
Auospruch der Mobilmachung sitanden zur Verfügung
33 Reservelazarette mit 21298 Lagerstätten, die zum
großen Teil sehr bald in Anspruch genommen wurden. Da
dao für Lazarettzwecke in Aussicht genommene Lager Königs-
brück zur Unterbringung von Gefangenen benötigt wurde,
mußte eine entsprechende Anzahl Lagerstätten in den kürz-
lich erbauten Kasernen zu Löbau, Glauchau und Meißen
vorgerichtet werden. Außerdem mußten an verschiedenen
Stellen Ererzierhäuser, Traindepotbaracken und andere mili-
tärische Baulichkeiten für die Aufnahme von Kranken und
Verwundeten hergerichtet werden, was mit einem Kostenauf-
wand von über zweieinhalb Millionen Mark geschah. Die