IV. Kriegswirtschaft 121
Unter den solchergestalt geschaffenen Akbtiengesellschaften sind
hervorzuheben die Kriegsmetallaktiengesellschaft, die Kriegschemikalien-
aktiengesellschaft, die deutsche Rohhautaktiengesellschaft, die Kriegsleder-,
die Kriegswollbedarfs= und Kammwolllaktiengesellschaft. Abrechnungs-
stellen bestehen für Rohbaumwolle, Baumwollengarne, Flachs, Leinengarn,
Jute, Rohhaare, Kautschuk. — Die Anträge auf Freigabe beschlagnahmter
Stoffe für Friedenszwecke und für Einrichtungen, die mit Kriegslieferungen
nur lose in Derbindung stehen, haben von Anfang an so großen Umfang
angenommen, daß es notwendig geworden ist, für das Tätigkeitsgebiet ein-
zelner Gesellschaften besondere Freigabestellen zu errichten, die, von diesen
Gesellschaften losgelöst, unter die Aufsicht des Reichsamts des Innern gestellt
sind. Solche Freigabestellen sind für Metalle und für Leder geschaffen worden.
D. Die Vorratspolitik auf dem Gebiete der Volks-
versorgung.
a) Die Dermehrung der Dorräte.
1. In der vorsorgenden Erkenntnis, daß bei längerer Dauet des Krieges
Knappheit an allerlei für die Dolksversorgung nötigen Waren eintreten könne,
wurde unmittelbar bei Kriegsbeginn in Aussicht genommen, zur Einfuhr
solcher Gegenstände dadurch anzureizen, daß die in ihrer Sollbelastung und
verschiedenen veterinär= und gesundbeitspolizeilichen Dorschriften liegenden
Hemmnisse der Einfuhr außer Kraft gesetzt wurden. Der Bundesrat
hat von der ihm durch Gesetz über vorübergehende Sollerleichterungen
vom 4. August 1014 erteilten Ermächtigung unverzüglich Gebrauch gemacht
und für die Dauer des Krieges die Sölle auf Getreide, Reis, Zülsenfrüchte,
Gemüse, Müllereierzeugnisse, gewöhnliches Backwerk, Dieb,,Fleisch, Butter
und Fette zum Genuß, Gle, Käse, Eier, gesalzene Heringe, einfach zubereitete
Fische, Konserven und Erdöl aufgehoben. Unter Abweichung von den Dor-
schriften des Schlachtvieh= und Fleischbeschaugesetzes wurde die Einfuhr von
Fleisch in luftdicht verschlossenen BZüchsen, von Würsten, von Hökelfleisch
auch in kleineren als 4 kg wiegenden Stücken, von frischem Kleisch auch
ohne die Miteinfuhr der inneren Teile zugelassen, das Derfahren bei der
Fleischbeschau wurde vereinfacht, die Gebühr für CTrichinenschau herabgesetzt;
im Herlaufe des Krieges sind weitere erleichternde Ausnahmen für frisches
Renntierfleisch zugelassen. Ferner ist die Einfuhr von Apfeln, Birnen und
Ouitten erleichtert.
Wurden so die dem Lande zur Derfügung stehenden Dorräte durch Er-
leichterung der ausländischen Sufuhren vermehrt, so wurde anderseits ihrer
Verminderung durch zahlreiche Ausfuhrverbote für Lebens-, Genuß-
mittel und Rohstoffe ein Riegel vorgeschoben.
2. Eine Steigerung der Friedensproduktion der Landwirtschaft während
des Krieges konnte im allgemeinen nicht in Frage kommen; die Staatstätigkeit
konnte sich im wesentlichen nur die Aufgabe stellen, nach Kräften dafür zu
sorgen, daß die hergebrachte Zebauung des Landes durch die Folgen des
Krieges möglichst wenig beeinträchtigt wurde. ur für das Gebiet der Moor-