Full text: Das Buch von unsern Kolonien.

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Kirchen heraus gerettet, wo die Boxer sie abzuschlachten drohten. Die 
Seesoldaten der Mächte hatten Tag und Nacht zu tun, um diese Un- 
glücklichen auf die Gelände der Botschaften zu retten. Unter ihnen be- 
fanden sich viele mit schweren Wunden von den Messern und Spießen 
der Boxer. Viele, namentlich auch die Säuglinge, siechten unter den 
nun folgenden Entbehrungen dahin oder verendeten unter den Geschossen, 
die von den regulären Truppen zahllos auf die Botschaften abgefeuert 
wurden. Selbst die kaiserlichen Wachen feuerten auf ihre Schutzbefohlenen. 
Hinter den Gehöften zieht sich die breite Mauer entlang, welche 
die beiden Pekingstädte trennt. Auch diese mußte nun in das Verteidigungs- 
gebiet mit hineingezogen werden, da die Wachen sie erstiegen und mit 
Barrikaden und Geschützen versehen hatten. In der Nacht vom 14. zum 
15. Juni feuerten unsere deutschen Schutzgarden von dieser Mauer herab 
und töteten sieben Boxer, welche unter dem Beifall der Massen in der 
Chinesenstadt, die von der Tatarenstadt getrennt ist, ihre Carmagnole 
tanzten. Da sie mit heiligen Amuletten versehen für unverwundbar 
galten, so wurde hierdurch der sie umgebende Zauber zerstört und ihr 
blinder Fanatismus durch die dem Chinesen näher liegende Sorge um 
das liebe Leben erheblich gedämpft. Zehn andere Boxer wurden in der 
russischen Botschaft gefangen gehalten, um den Behörden überliefert zu 
werden, einige auf der Flucht erschossen. 
Währenddessen rückte die Feuersbrunst in der Tatarenstadt immer 
näher. Sämtliche Klöster und die Mehrzahl der christlichen Kirchen, die 
Methodistenmission und die Zollgebäude wurden ein Raub der Flammen. 
Es lag auf der Hand, daß auch der gesamten Fremdenkolonie das gleiche 
Schicksal zugedacht worden war. 
Das chinesische Auswärtige Amt zog sich inzwischen von allen Ver- 
handlungen zurück; es erfüllte keine seiner Zusagen. 
Unter diesen Umständen entschloß sich Freiherr v. Ketteler, ein noch 
jugendlicher, bewährter und hoffnungsvoller Diplomat, Gatte einer 
amerikanischen Dame und Vertreter des Deutschen Reichs, im Vertrauen 
auf seine Beliebtheit bei den Chinesen und der Versicherung trauend, 
daß seine geweihte Person selbst dem Pöbel unantastbar wäre, der ebenso 
unwürdigen wie beispiellosen Lage ein Ende zu machen. Auch lehnte 
er jede Begleitung seitens der Schutztruppe ab. Es kam ihm darauf 
an, den Tsungli-YBamen dazu zu zwingen, Farbe zu bekennen und die 
chinesische Regierung vor ihre volle Verantwortlichkeit zu stellen. In 
Beta, Das Buch von unsern Kolonien. 16
	        
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