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II. Verhältnisse der Fabrikarbeiter.
§. 127.
Die Bestimmungen der §§. 105. bis 114. finden auch auf Fabrikarbeiter
Anwendung.
§. 128.
Kinder unter zwölf Jahren dürfen in Fabriken zu einer regelmäßigen Be-
schäftigung nicht angenommen werden.
Vor vollendetem vierzehnten Lebensjahre dürfen Kinder in Fabriken nur
dann beschäftigt werden, wenn sie täglich einen mindestens dreistündigen Schul-
unterricht in einer von der höheren Verwaltungsbehörde genehmigten Schule
erhalten. Ihre Beschäftigung darf sechs Stunden täglich nicht übersteigen.
Junge Leute, welche das vierzehnte Lebensjahr zurückgelegt haben, dürfen
vor vollendetem sechszehnten Lebensjahre in Fabriken nicht über zehn Stunden
täglich beschäftigt werden. Auch für diese jugendlichen Arbeiter kann durch die
Centralbehörde die zulässige Arbeitsdauer bis auf sechs Stunden täglich für den
Fall eingeschränkt werden, daß dieselben nach den besonderen in einzelnen Theilen
des Bundesgebietes bestehenden Schuleinrichtungen noch im schulpflichtigen Alter
sich befinden.
Die Ortspolizei-Behörde ist befugt, eine Verlängerung dieser Arbeitszeiten
um höchstens eine Stunde und auf höchstens vier Wochen dann zu gestatten,
wenn Naturereignisse oder Unglücksfälle den regelmäßigen Geschäftsbetrieb in der
Fabrik unterbrochen und ein vermehrtes Arbeitsbedürfniß herbeigeführt haben.
§. 129.
Zwischen den Arbeitsstunden muß den jugendlichen Arbeitern (§. 128.)
Vor- und Nachmittags eine Pause von einer halben Stunde und Mittags eine
ganze Freistunde, und zwar jedesmal auch Bewegung in der freien Luft gewährt
werden.
Die Arbeitsstunden dürfen nicht vor 5 1/2 Uhr Morgens beginnen und nicht
über 8 1/2 Uhr Abends dauern.
An Sonn- und Feiertagen, sowie während der von dem ordentlichen
Seelsorger für den Katechumenen- und Konfirmanden- Unterricht bestimmten
Stunden dürfen jugendliche Arbeiter nicht beschäftigt werden.
§. 130.
Wer jugendliche Arbeiter in einer Fabrik zu einer regelmäßigen Beschäf-
tigung annehmen will, hat davon der Ortspolizei-Behörde zuvor Anzeige zu
machen.
Der Arbeitgeber hat über die von ihm beschäftigten jugendlichen Arbeiter
eine Liste zu führen, welche deren Namen, Alter, Wohnort, Eltern, Eintritt in
die Fabrik und Entlassung aus derselben enthält, in dem Arbeitslokal auszu-
hängen und den Polizei- und Schulbehörden auf Verlangen in Abschrift vorzu-
legen ist. Die Anzahl dieser Arbeiter hat er halbjährlich der Ortspolizei-Behörde
anzuzeigen.