Full text: Bundes-Gesetzblatt des Norddeutschen Bundes. 1869. (3)

— 274 — 
II. Verhältnisse der Fabrikarbeiter. 
§. 127.  
Die Bestimmungen der §§. 105. bis 114. finden auch auf Fabrikarbeiter 
Anwendung.  
§. 128. 
Kinder unter zwölf Jahren dürfen in Fabriken zu einer regelmäßigen Be- 
schäftigung nicht angenommen werden. 
Vor vollendetem vierzehnten Lebensjahre dürfen Kinder in Fabriken nur 
dann beschäftigt werden, wenn sie täglich einen mindestens dreistündigen Schul- 
unterricht in einer von der höheren Verwaltungsbehörde genehmigten Schule 
erhalten. Ihre Beschäftigung darf sechs Stunden täglich nicht übersteigen. 
Junge Leute, welche das vierzehnte Lebensjahr zurückgelegt haben, dürfen 
vor vollendetem sechszehnten Lebensjahre in Fabriken nicht über zehn Stunden 
täglich beschäftigt werden. Auch für diese jugendlichen Arbeiter kann durch die 
Centralbehörde die zulässige Arbeitsdauer bis auf sechs Stunden täglich für den 
Fall eingeschränkt werden, daß dieselben nach den besonderen in einzelnen Theilen 
des Bundesgebietes bestehenden Schuleinrichtungen noch im schulpflichtigen Alter 
sich befinden. 
Die Ortspolizei-Behörde ist befugt, eine Verlängerung dieser Arbeitszeiten 
um höchstens eine Stunde und auf höchstens vier Wochen dann zu gestatten, 
wenn Naturereignisse oder Unglücksfälle den regelmäßigen Geschäftsbetrieb in der 
Fabrik unterbrochen und ein vermehrtes Arbeitsbedürfniß herbeigeführt haben. 
§. 129. 
Zwischen den Arbeitsstunden muß den jugendlichen  Arbeitern (§.  128.) 
Vor- und Nachmittags eine Pause von einer halben  Stunde und Mittags eine 
ganze Freistunde, und zwar jedesmal auch Bewegung in der freien Luft gewährt 
werden. 
Die Arbeitsstunden dürfen nicht vor 5 1/2 Uhr Morgens beginnen und nicht 
über 8 1/2 Uhr Abends dauern.   
An Sonn- und Feiertagen, sowie während der von dem ordentlichen 
Seelsorger für den Katechumenen- und Konfirmanden- Unterricht bestimmten 
Stunden dürfen jugendliche Arbeiter nicht beschäftigt werden. 
 §. 130. 
Wer jugendliche Arbeiter in einer Fabrik zu einer regelmäßigen Beschäf- 
tigung annehmen will, hat davon der Ortspolizei-Behörde zuvor Anzeige zu 
machen. 
Der Arbeitgeber hat über die von ihm beschäftigten jugendlichen Arbeiter 
eine Liste zu führen, welche deren Namen, Alter, Wohnort, Eltern, Eintritt in 
die Fabrik und Entlassung aus derselben enthält, in dem Arbeitslokal auszu- 
hängen und den Polizei- und Schulbehörden auf Verlangen in Abschrift vorzu- 
legen ist. Die Anzahl dieser Arbeiter hat er halbjährlich der Ortspolizei-Behörde 
anzuzeigen.  
	        
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