— 467 —
Der Gläubiger hat die Bewilligung hierzu unter Vorlegung der erforder-
lichen Bescheinigungsmittel bei dem für ihn zuständigen Handelsgerichte nach-
zusuchen, von welchem hierauf ohne Gehör des Schuldners und auf Gefahr des
Gläubigers der Verkauf der verpfändeten Gegenstände oder eines Theils derselben
verordnet wird.
Von der Bewilligung, sowie von der Vollziehung des Verkaufs hat der
Gläubiger den Schuldner, soweit es thunlich, sofort zu benachrichtigen; unterläßt
er die Anzeige, so ist er zum Schadensersatze verpflichtet. Um den Verkauf zu
bewirken, ist der Nachweis der Anzeige nicht erforderlich.
Artikel 311.
Wenn die Bestellung eines Faustpfandes unter Kaufleuten für eine For-
derung aus beiderseitigen Handelsgeschäften erfolgt, und schriftlich vereinbart ist,
daß der Gläubiger ohne gerichtliches Verfahren sich aus dem Pfande befriedigen
könne, so darf, wenn der Schuldner im Verzuge ist, der Gläubiger das Pfand
öffentlich verkaufen lassen; er darf in diesem Falle, wenn die verpfändeten Gegen-
stände einen Börsenpreis oder Marktpreis haben, den Verkauf auch nicht öffent-
lich durch einen Handelsmäkler oder in Ermangelung eines solchen durch einen
zu Versteigerungen befugten Beamten zum laufenden Preise bewirken. Von der
Vollziehung des Verkaufs hat der Gläubiger den Schuldner, soweit es thunlich,
sofort zu benachrichtigen; bei Unterlassung der Anzeige ist er zum Schadensersatze
verpflichtet.
Artikel 312.
Durch die vorhergehenden Artikel werden die den öffentlichen Pfandanstalten,
Kreditinstituten oder Banken durch Gesetze, Verordnungen oder Statuten verliehenen
besonderen Rechte in Betreff der Bestellung oder Veräuherng von Pfändern
nicht berührt.
Ingleichen ist durch die vorhergehenden Artikel nicht ausgeschlossen, daß
die Bestellung oder die Veräußerung von Faustpfändern unter Kaufleuten für
Forderungen aus Handelsgeschäften rechtsgültig geschehen kann, wenn dabei die
in den einzelnen Staaten für die Bestellung oder Veräußerung von Faustpfändern
geltenden Bepimmungen beobachtet werden.
Artikel 313.
Ein Kaufmann hat wegen der fälligen Forderungen, welche ihm gegen
einen anderen Kaufmann aus den zwischen ihnen geschlossenen beiderseitigen
Handelsgeschäften zustehen, ein Zurückbehaltangsrecht (Retentionsrecht) an allen
beweglichen Sachen und Werthpapieren des Schuldners, welche mit dessen
Willen auf Grund von Handelsgeschäften in seinen Besitz gekommen sind, sofern
er dieselben noch in seinem Gewahrsam hat oder sonst, insbesondere vermittelst
Konnossemente, Ladescheine oder Lagerscheine, noch in der Lage ist, darüber zu
verfügen.
Dieses Recht tritt jedoch nicht ein, wenn die Zurückbehaltung der Gegen-
stände der von dem Schuldner vor oder bei der Uebergabe ertheilten Vorschrift
oder der von dem Gläubiger übernommenen Verpflichtung, in einer bestimmten
Weise mit den Gegenständen zu verfahren, widerstreiten würde.
Bundes- Gesetzbl. 1869. 71 Art.